Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Asbest hat Zeit und Geld gekostet
Markus Leibfarth vom ZfP Weißenau über das Hilfsangebot für Drogenabhängige in der Ravensburger Innenstadt – Wiedereröffnung im Juni
Im Sommer 2019 sollen aber zwei Decks in der Marienplatz-Tiefgarage öffnen.
RAVENSBURG - Der Kontaktladen „Die Insel“in Ravensburg, Rosmarinstraße 7, steht vor einer Wiederauferstehung. Nachdem lange Zeit nicht klar war, ob die seit 1996 bestehende Anlaufstelle für Konsumenten illegaler Drogen erhalten bleibt, haben sich Landkreis, Stadt und neuer Träger nun auf eine Fortführung für die kommenden fünf Jahre geeinigt (die SZ berichtete). Das Zentrum für Psychiatrie Südwürttemberg (ZfP) in Weißenau wird die Betreuung des Kontaktladens übernehmen. Jasmin Bühler hat mit Markus Leibfarth, Facharzt für Psychiatrie und Oberarzt im Fachbereich „Illegale Drogen“, über das Konzept gesprochen – und darüber, welche Vorteile der Kontaktladen nicht nur für Süchtige, sondern auch für die Öffentlichkeit hat.
Herr Leibfarth, das ZfP war Teil der einstigen Trägergesellschaft Suchthilfe gGmbH, die sich in den vergangenen 20 Jahren um den Kontakladen gekümmert, aber zum Ende des vergangenen Jahres aufgelöst hat. Was hat das ZfP bewogen, sich nun um die alleinige Trägerschaft zu bewerben?
Das ZfP hatte im Hinblick auf die Hilfe und Unterstützung von Drogensüchtigen schon immer ein großes Interesse an dem Kontaktladen. Personelle und finanzielle Mittel wurden dafür ebenso aufgewendet wie Sachmittel. Wir sehen den Kontaktladen für sehr wichtig an. Als niederschwelliges Angebot ergänzt er die anderen Angebote des ZfP für Drogenabhängige – wie Streetwork, betreutes Wohnen oder die Drogenentzugsstation in Mariatal. Wie sieht das Konzept für den Kontaktladen aus? Bereits in der Vergangenheit hat der Kontaktladen wertvolle Arbeit geleistet. Diese werden wir weiterführen. Es geht darum, dass Konsumenten und Abhängige von illegalen Drogen erreicht werden. Denn sie versuchen oft, ihre Sucht zu verbergen und finden keinen Zugang zu Angeboten wie Entgiftung oder Therapie. Hier wollen wir ansetzen, ohne Hindernisse eine Verbindung zu den Abhängigen aufbauen und sie gegebenenfalls an andere Stellen weitervermitteln, wie Suchtberatung oder Wohnungslosenhilfe. Die Zusammenarbeit mit anderen Stellen ist uns sehr wichtig. Das Ganze wird auf einer stabileren und besseren Basis stehen als früher. Welche Möglichkeiten bietet der Kontaktladen den Drogenabhängigen? In erster Linie beitet er Überlebenshilfe. Das sind ganz grundlegende Dinge. Denn die Abhängigen haben meist keine Tagesstruktur mehr. Im Kontaktladen können sie kleine Mahlzeiten zum Selbstkostenpreis zu sich nehmen, es gibt Getränke, sie können sich duschen und Körperpflege betreiben oder ihre Klamotten
waschen. Außerdem ist es möglich, gebrauchte Spritzen gegen neue zu tauschen. Und über die grundlegenden Dinge hinaus? Die Konsumenten illegaler Drogen können sich in dem Kontaktladen aufhalten, und zwar in jedem Zustand. Heißt: auch unter Drogeneinfluss. Das hat den Vorteil, dass die Mitarbeiter einen Blick auf die Abhängigen haben und in Notfällen tätig werden können. Daneben sind jederzeit Gespräche mit den Sozialarbeitern möglich. Das alles findet zunächst einmal anonym statt, sodass die Hemmschwelle, den Kontakt aufzusuchen, niedrig ist. Was ist mit Drogen? Dürfen die mitgebracht werden? Nein. Der Kontaktladen ist ein konsumfreier Raum. Das Mitbringen und Konsumieren jeglicher Drogen ist untersagt. Welche Mitarbeiter werden vor Ort sein? Zwei Sozialarbeiter mit 0,8 Stellen werden dort sein und zwei hauswirtschaftliche Kräfte. Außerdem wird eine Streetworkerin 30 Prozent ihres Deputats für den Kontaktladen aufwenden. Das ZfP Weißenau hat den Kontaktladen von Anfang an unterstützt. Wie hat sich das Klientel verändert? Früher waren es vor allem Opiatabhängige. Im Vordergrund stand hier, die Folgen der Sucht abzuschwächen. Die Betroffenen haben einen schlechten Gesundheitszustand, bekommen ihren Alltag nicht mehr gemeistert und konsumieren riskant, heißt intravenös und mit Spritzen, die sie untereinander austauschen. Mittlerweile sind die synthetischen Drogen, Amphetamine und Cannabinoide auf dem Vormarsch. In diesem Bereich werden die Konsumenten jünger. Ein Fürsprecher des Kontaktladens ist in der Vergangenheit auch die Polizei gewesen – allen voran der Vizepräsident des Polizeipräsidiums Konstanz, Uwe Stürmer. Wie ist die Zusammenarbeit mit der Polizei? Die Zusammenarbeit mit der Polizei ist gut, auch wenn das immer eine zweischneidige Geschichte ist. Denn einerseits dürfen die Beamten nicht zu präsent sein, um die Abhängigen nicht abzuschrecken, andererseits ist der Kontaktladen aber auch kein rechtsfreier Raum und bei Vorfällen muss und wird die Polizei kommen. Was hat die Öffentlichkeit von dem Kontaktladen? Für die Öffentlichkeit hat es den Vorteil, dass die Drogenkonsumenten sich nicht an öffentlichen Plätzen aufhalten. Denn dadurch fühlt sich ein Großteil der Bevölkerung gestört, die Toleranz schwindet. Außerdem wird vermieden, dass es so eine öffentliche Szene gibt oder Spritzen herumliegen.