Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Die Wiederauferstehung des VfB
Friedrichshafen kann doch noch dominieren – Volleyballfinalserie geht in vierte Runde
FRIEDRICHSHAFEN - Stelian Moculescu griff sich an die Nase, wippte nach vorne, wippte nach hinten, blickte endlich nach rechts. Doch Vital Heynen beachtete ihn nicht, er war mit Jubeln beschäftigt. Der VfB Friedrichshafen, der mal Stelian Moculescus Lebensinhalt war und der nun Vital Heynens Volleyballverein seines Herzens ist, war gerade 6:2 im zweiten Satz des dritten Finalspiels um die deutsche Meisterschaft zwischen dem VfB und den Berlin Volleys in Führung gegangen. Moculescu stemmte die Hände in die Hüften. Nach dem 2:7 aus Berliner Sicht zog er eine Schnute. Ob der Trainer hier schon ahnte, dass es an diesem Abend wohl eher nichts werden würde mit dem Durchmarsch im Finale? Dass der totale Triumph für Moculescu und Berlin, dass die ultimative Demütigung für Heynen und Friedrichshafen ausbleiben würde?
Die Auferstehung des VfB Friedrichshafen. Nach dem 3:1 (25:23, 25:16, 22:25, 25:22) am Mittwoch geht die Finalserie um die deutsche Volleyballmeisterschaft in die vierte Runde.
Der VfB war mal so richtig mit dem Rücken zu Wand gestanden vor dieser Partie, die deutlich mehr als 1991 Zuschauer verdient gehabt hätte. Der dominierenden und bis zur Finalserie ungeschlagenen Mannschaft drohte die Bruchlandung. 1:3 in Friedrichshafen letzte Woche. Dann 2:3 letzten Sonntag in Berlin. Es drohte die totale Demütigung durch den Ex-Trainer, der ganz kurz davor war, seiner eigenen Heldensaga ein besonderes Schlusskapitel hinzuzufügen, so märchenhaft und kitschig, dass man es sich eigentlich nicht ausdenken kann.
Doch den Häflern stand an diesem Abend nicht der Sinn nach Kitsch. Den Häflern stand der Sinn nach einem richtig guten Volleyballspiel. „Wir müssen nicht drum herum reden: Der VfB war heute besser, hat verdient gewonnen, also habe ich damit auch kein Problem“, sagte Moculescu. „Wir haben endlich mit Leidenschaft gespielt und nicht schläfrig“, sagte Heynen.
Am Ende ein Handschlag
Und natürlich war es auch ein Spiel der Trainer. Beim Stand von 4:4 diskutierten die Trainer zum ersten Mal angeregt miteinander. Auf dem Parkett droschen sich beide Mannschaften die Bälle um die Ohren. Beim Stand von 9:9 zog sich Moculescu seine Anzugsjacke aus. Es stand 13:13, als Heynen sich lautstark beschwerte. Moculescu lächelte nur milde. Nach dem 18:17 wechselte Heynen seinen Kapitän ein. Simon Tischer kam. Mit ihm Boladz. Auch Heynen beherrscht Psychospielchen. Die Vewirrtaktik ging auf. 19:17. Dann 22:20. Tischer und Boladz wieder raus. 23:22. Auszeit VfB. 24:22. Auszeit Berlin. 24:23. Malescha zum 25:23. Das 1:0 für die Mannschaft vom Bodensee.
Doch den ersten Satz hatten sie auch schon am Sonntag gewonnen, beim zweiten Finalspiel. Und am Mittwoch, beim ersten Finalspiel. Nur, um dann jeweils erst den Faden und dann das Spiel zu verlieren.
Nun aber: 1:0, 2:0, 2:1, 3.1, 4:1. Der VfB zog davon. 7:2. Moculescu stemmte seine Hände in die Hüften. 12:5. Moculescu reagierte nicht, wechselte nicht. Als ob er seine Spieler bestrafen wollte. 21:12. Hatte im ersten Satz vor allem Daniel Malescha den Unterschied gemacht, schwang sich nun Athanasios Protopsaltis wieder zu seiner Weltklasseform auf, die er irgendwo zwischen den letzten Spielen in der Champions League und dieser Finalserie verloren zu haben schien. Der VfB gewann den Satz mit 25:16 – was die Einseitigkeit dieses Durchgangs erahnen lässt, aber auch nicht abschließend beschreibt.
Den dritten Satz gaben die Häfler dann zwar noch mal her. Berlin machte aus einem 7:12 ein 25:22, profitierte dabei auch von den Fehlern der Häfler. Doch die Partie gaben die Häfler nicht mehr her. Der vierte Satz wurde noch eimmal eng, doch große Zweifel am Sieg des VfB gab es nicht.
Am Ende gaben sich Moculescu und Heynen die Hand.
Der erste Matchball ist abgewendet. Die Serie wird am Sonntag in Berlin fortgesetzt, die Volleys sind weiter im Vorteil. Gelingt den Häflern aber in der Hauptstadt der nächste Coup, würde es nächsten Mittwoch am Bodensee zum ultimativen Showdown kommen. „Der Trainer hat uns gesagt, wir müssten nur ein Spiel gwinnen, um die Serie zu drehen. Mit dieser Einstellung gewinnen wir auch in Berlin“, sagte Thomas Kocian.