Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Bequemlichkeit statt Vertrauen
Bedienbarkeit ist Kunden wichtiger als der Name der Bank – Ergebnis einer Bitkom-Studie
FRANKFURT - Wer von einem Konto bei der ING-DiBa Geld überweist, sieht schon beim nächsten Klick auf die Umsatzanzeige übersichtlich den neuen Kontostand – abzüglich der eben erst überwiesenen Summe. Bei der Deutschen Bank sieht der Kunde trotz Überweisung noch den alten Kontostand. Zwar gibt es weiter unten eine Rubrik, unter der noch nicht verbuchte Umsätze stehen. Doch die Übersicht ist bei der Konkurrenz klarer.
Das sind auf den ersten Blick kleine Unterschiede – doch die können in Zeiten des Internets entscheidend sein. So geben 57 Prozent der Internetnutzer an, dass Ihnen gut funktionierende Banking-Apps wichtig sind. Gut heißt: Übersichtlich und intuitiv einfach zu bedienen. Nur 47 Prozent der Nutzer geben an, dass ihnen die Marke der Bank wichtig ist. Das ist eines der Ergebnisse einer Umfrage des IT-Verbandes Bitcom. Und dieses Ergebnis sollte Alarmzeichen bei klassischen Filialbanken auslösen. Wo früher der gute Name einer Bank schon einen Vorschuss an Vertrauen bei vielen Kunden brachte, sind heute offenbar andere Dinge wichtiger. Und das wiederum ruft auch andere Spieler auf den Plan.
So geben rund 40 Prozent der über 1000 Befragten an, dass sie offen dafür sind, ihre Bankgeschäfte durch neue Spieler am Markt erledigen zu lassen. Genannt seien hier die Online-Bezahldienste wie Paypal oder Payback. Gegenüber den großen Technologiekonzernen wie Apple, Google oder Amazon ist das Vertrauen ähnlich hoch. „Wir erleben so etwas wie eine Entzauberung der Bankenwelt“, fasst Bitkom-Präsident Achim Berg die Studie zusammen. Er spricht angesichts der Ergebnisse auch von einem „Gezeitenwechsel“.
Über 800 der Befragten sind mindestens gelegentliche Internet-Benutzer. Und mehr als drei Viertel der Internetnutzer überweisen online und rufen im Internet ihre Kontostände ab. Ein Drittel dieser Menschen geben an, schon heute nicht mehr in die Filialen ihrer Banken zu gehen. Der internetaffine Mensch hat die Bankfiliale in Form seines Smartphones oder Tablets quasi in der Hosentasche. „Das Finanzwesen lässt sich durchgängig digitalisieren“, meint Berg. Deswegen stehe die Bankenwelt in den kommenden zehn Jahren vor einem ganz grundlegenden Umbruch.
Vermehrte Warnsignale
Mit dieser Meinung ist der Präsident des IT-Verbandes nicht allein. Auch die Banken- und Finanzaufsicht warnt: Die Banken müssten sich an die veränderten Verhältnisse anpassen „und zwar schnell und fundamental“. Das sagte Raimund Röseler, Chef der Bankenaufsicht bei der obersten Finanzdienstleistungsaufsicht Bafin vor wenigen Tagen in der Jahrespressekonferenz der Behörde. Mit der Bankenwelt der sogenannten „guten alten Zeit“habe das Banking der Zukunft nicht mehr viel gemein.
Derlei Warnsignale häufen sich. Denn Banken stehen heute nicht nur aufgrund geänderten Internet-Nutzerverhaltens unter Druck: Ihnen machen auch neue Unternehmen, so genannte „FinTechs“das Leben schwer und Konkurrenz. Mit der Blockchain, die digitalen Währungen zugrunde liegt, existiert eine Technologie, die grundsätzlich die Mittlerfunktion von Banken im Zahlungsverkehr überflüssig macht.
Doch es gibt auch eine Bastion von Verteidigern des klassischen Bankwesens mit seinen Filialen und Beratern. So geben 80 Prozent derjenigen, die kein online-Banking nutzen, an, dass sie Bedenken wegen der Daten haben, die gespeichert werden; und der Sicherheit dieser Daten. Allerdings befinden sie sich mittlerweile in eindeutiger Minderheit. 2017 gaben in einer anderen Erhebung über 80 Prozent der Menschen hierzulande an, dass sie mindestens ab und zu das Internet nutzen – und der Anteil steigt. Entsprechend wird der Druck auf Banken steigen: Sie müssen mit den besten, sichersten und einfachsten Lösungen im Online-Zeitalter Schritt halten.