Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
AfD-Kandidatin darf doch an den Verfassungsgerichtshof
Landtag wählt Sabine Reger aus dem Kreis Tuttlingen zur Laienrichterin – Erste Abstimmung mündete im Chaos
STUTTGART - Das Ergebnis des zweiten Wahlgangs am Donnerstag im Stuttgarter Landtag fiel denkbar knapp aus: 30 Abgeordnete stimmten dafür, dass Sabine Reger Laienrichterin am baden-württembergischen Verfassungsgerichtshof wird. Damit stimmten nicht nur AfD-Abgeordnete für sie, sondern auch Parlamentarier anderer Fraktionen. Denn die AfD hat derzeit 20 Stimmen im Landtag, einige AfDler fehlten. Gegen die Unternehmensberaterin aus Wehingen bei Tuttlingen stimmten 28 Mandatsträger. Die Mehrheit enthielt sich.
Bereits vergangene Woche sollten die Richterposten für den Verfassungsgerichtshof besetzt werden. Die Abstimmung über Reger endete in chaotischem Tumult im Plenarsaal, nachdem die Abgeordneten die AfD-Kandidatin im ersten Wahlgang durchfallen ließen. Die Fraktionen bombardierten sich und die Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) mit Anträgen und Gegenanträgen. Zu einem zweiten Wahlgang kam es nicht – obwohl alle Fraktionen außer der AfD vorab vereinbart hatten, Reger dann durchkommen zu lassen. Sie wollten sich enthalten, sodass Reger nur mit den Stimmen der AfD gewählt würde. Dazu kam es nicht. Als Schuldige dafür gilt bei vielen Abgeordneten die Landtagspräsidentin.
Abgeordnete hatten eine Analyse über Reger erstellt – über Ansichten, die sie unter anderem in sozialen Netzwerken verbreitet. Ihre Äußerungen ließen daran zweifeln, dass sie bei ausländischen Klägern vor dem Gericht unvoreingenommen sei, heißt es in der Analyse.
Trotzdem hat die CDU-Fraktionsspitze empfohlen, sich bei der zweiten Wahl zu enthalten. So hielten es auch Grüne und FDP, die SPD ließ den Abgeordneten freie Hand. Die parlamentarische Geschäftsführerin der CDU, Nicole Razavi, sagte nach der Wahl: „Schade an dem Vorgang ist, dass dadurch alles andere in den Hintergrund tritt, etwa die Bedeutung des Gerichts.“Dieses ist für brisante Streitfragen zuständig, etwa wenn es um Fehlverhalten von Abgeordneten und Ministern geht oder um die Zulassung von Volksbegehren.
Sabine Reger freut sich über ihre Wahl. „Das war eine politische, keine persönliche Ablehnung“, sagte sie über den ersten Wahlgang. Sie habe allen Fraktionen angeboten, sich vorzustellen. Nur die CDU hatte sie eingeladen. Allerdings führte ihr Auftritt bei vielen CDUlern eher zu Ablehnung. Reger habe inkompetent gewirkt und sich trotz mehrfacher Nachfrage nicht von Wolfgang Gedeon distanziert, der im Streit um seine antisemitischen Schriften aus der AfD-Fraktion ausschied.
Mitarbeiter überprüfen
Auch Mitarbeiter der AfD sind im Visier der anderen Fraktionen. Nach Medienberichten beschäftigen etwa die AfD-Abgeordneten Christina Baum und Heiner Merz einen Mitarbeiter, der durch frühere extrem rechte Positionen aufgefallen sei. Die CDU hatte die Landtagspräsidentin um Vorschläge gebeten, wie Mitarbeiter besser kontrolliert und sensible Bereiche des Landtags geschützt werden könnten. Aras schlägt vor, dass sie – wie beim Bundestag – künftig polizeilich überprüft werden könnten. „Dadurch könnten die Abgeordneten ihre Bewerber besser prüfen“, sagt Razavi. Das Landtagspräsidium will im Juli über Kontrollmechanismen sprechen.