Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Von Platzhirschen, flotten Bienen und tollen Hechten
Eine „inatura“-Ausstellung widmet sich tierischen „Sexperten“
Sie singen, sie tanzen und sie leuchten in den schillerndsten Farben, sie kämpfen gegen Konkurrenten und manch einer setzt sogar sein Leben aufs Spiel: Wenn es um die Eroberung eines Weibchens geht, lassen sich die Herren des Tierreichs einiges einfallen. Mit welchen Strategien unterschiedliche Tierarten vorgehen, um sich fortzupflanzen und den Bestand ihrer Art zu sichern, das zeigt die Sonderausstellung „SEXperten – Flotte Bienen, tolle Hechte“im Museum „inatura“in Dornbirn in einer kleinen, anschaulichen Sonderausstellung.
Ihre verzweigten Geweihe sind ineinander verhakt, die muskulösen Körper angespannt: Zwei Rothirsche kämpfen um die Gunst der Hirschkühe. Wer den ritualisierten Zweikampf gegen den Rivalen gewinnt, gilt als Platzhirsch im Revier. Nur ihm liegen die Damen in der Brunftzeit zu Füßen, nur er darf seine starken Gene an die Nachkommen weitergeben. Einer echten Szene aus der Natur nachgestellt, demonstrieren zwei präparierte Rothirsche im ersten Stock des interaktiven Museums den Besuchern, wie anstrengend und aufwendig die Partnersuche in der Tierwelt sein kann. Fantasievoll und einfallsreich müssen Männchen verschiedenster Gattungen sein, um Weibchen von sich zu überzeugen und den Fortbestand ihrer Art zu sichern.
Bohrmaschine bei der Balz
Rund 50 Exponate widmen sich dem Thema Fortpflanzung. Zu sehen sind kleinste Einzeller, Insekten, Schnecken, Frösche, Fische und Vögel bis hin zu Säugetieren wie dem Bären. Präparierte Tiere in Glaskästen zeigen Tierbabys, die von ihren Eltern wohlbehütet aufgezogen werden, ebenso wie Männchen mit ihren Balzritualen – darunter eitle Gockel, singende Vögel, quakende Frösche oder tanzende Spinnen. Die Gesänge von Pirol, Feldschwirl oder dem großen Heupferd können sich Besucher per Kopfhörer anhören – für menschliche Ohren klingen sie wie Motorengeratter oder das Geräusch einer Bohrmaschine. Männlich auf alle Fälle – schließlich wollen sich die starken Kerle bei den Weibchen gegen ihre Rivalen durchsetzen. „Männchen müssen viel investieren, um Weibchen von sich zu überzeugen“, erklärt Mathias Gort, Biologe und Ausstellungskurator der inatura Erlebnis Naturschau GmbH.
Einzeller haben’s einfacher
Nicht alle Tiere müssen Partner für die Fortpflanzung suchen. Einzeller wie Bakterien haben es einfacher. Schon seit gut vier Milliarden Jahren vermehren sie sich ungeschlechtlich durch schlichte Zellteilung. Das zeigt ein kurzer Film über ein Pantoffeltierchen. „Durch dieses Klonen entstehen nur durch Zufall genetische Veränderungen“, erklärt Gort.
Ganz anders ist das bei der geschlechtlichen Fortpflanzung, bei der die Eltern ihre individuellen Eigenschaften an die Nachkommen weitergeben. Wie bunt die Möglichkeiten für Kinder und Enkel dabei sind, demonstriert ein Exponat aus geschecktem und braunem Kuhfell, das die Mendel’sche Vererbungslehre anschaulich darstellt.
Im Gegensatz zur Dauerausstellung der inatura ist die Sonderausstellung „SEXperten“kaum interaktiv. Dennoch lohnt es sich, die kurzen Texte zu den Ausstellungsobjekten durchzulesen – in wenigen Worten erzählen sie viele spannende Geschichten. Vermutlich wissen die meisten bereits, dass die Gottesanbeterinnen nach dem Akt häufig ihren Gatten verspeist. Wer aber ahnt, dass der Apollofalter das Weibchen nach der Paarung mit einem Keuschheitsgürtel versiegelt oder dass der Anemonenfisch sich im Lauf seines Lebens vom Männchen zum Weibchen verwandelt? Zwitter, die gleichzeitig Weibchen und Männchen sind, kann man hinter einer Glasscheibe beobachten: zwei Tigerschnegel haben sich als paarende Schnecken spiralig ineinander verdreht.
Schön anzusehen ist die Balzarena der Birkhühner: Edle Männchen bemühen sich mit schwarz glänzendem Gefieder und rot leuchtenden Augenbrauen um die Gunst des eher unauffällig braunen Weibchens. Den prächtigsten Gockel wählt die Henne als ihren Schönheitskönig aus.
Die „inatura“präsentiert die Sonderausstellung „SEXperten“in Kooperation mit dem Amt für Umwelt Liechtensteins und dem Liechtensteinischen Landesmuseum, wo die Schau entwickelt und bereits gezeigt wurde. „Dornbirn bietet eventuell die letzte Möglichkeit, diese Ausstellung zu sehen“, meint Mathias Gort, der mit der „sehr guten Resonanz“bislang äußerst zufrieden ist.
Interaktive Entdeckungsreisen
Familien rät er, für einen Besuch der „inatura“samt Sonderausstellung rund zwei Stunden einzuplanen. Schließlich gibt es viel zu sehen – neben der Sonderausstellung bietet die Dauerausstellung viele Stationen zum Mitmachen und Anfassen für kleine und große Besucher. Gebirge, Wald, Wasser und der menschliche Körper stehen als Themen im Fokus und schicken Kinder, Jugendliche und Erwachsene auf spannende multimediale und interaktive Entdeckungsreisen in die Natur.
Die Sonderausstellung „SEXperten“wird noch bis 9. September täglich von 10 bis 18 Uhr gezeigt. Infos: