Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Keine Frage der Menge
Die Anzahl der Pässe ist kein Gradmesser für Integration. Wer die Eignung als Staatsbürger daran festmachen will, ob ein oder zwei gestempelte Pappheftchen in der Schublade liegen, lügt sich deshalb in die Tasche.
Die doppelte Staatsbürgerschaft ist ein Aufreger-Thema. Aus den Reihen der Union wurden 2016 zuletzt Stimmen laut, die eine Abschaffung forderten. Die Begründung: Ein doppelter Pass sei ein Integrationshindernis.
Auf eine Kleine Anfrage von Abgeordneten der Grünen und Linken musste die Bundesregierung allerdings einräumen, dass dazu „keine empirischen Erkenntnisse“vorlägen. Auch heute noch gibt es keine Studien, die die These stützen. Die Debatte um die doppelte Staatsbürgerschaft ist also schon immer ein Scheingefecht. So gerieten besonders die türkischstämmigen Mitbürger ins Visier der Vorwürfe. Aber: Nicht einmal jeder Fünfte davon besitzt tatsächlich zwei Pässe. Viel weniger als bei den als gut integriert geltenden Russen oder Polen. Am Doppelpass liegt es also nicht.
Einmal mehr droht eine Scheindebatte. In ihrem Schatten geht der Blick auf die wirklichen Indikatoren für Integration verloren: Sprachkenntnisse, Integrationswille, Bekenntnis zur freiheitlichdemokratischen Ordnung. Das alles steht nicht im Pass.