Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Ein Lachen, das ansteckt
Schwester Elisa Kreutzer hat ihre Berufung in der Flüchtlingsarbeit gefunden – Ein Porträt
WEINGARTEN - Schwester Elisa ist neben Schwester Ines die zweite Franziskanerin des Klosters Reute, die in der Weingartner Flüchtlingsarbeit tätig ist. Im neuen Integrationszentrum in der Liebfrauenstraße ist die junge Ordensfrau für die interkulturelle Begegnungsarbeit zuständig. Sie sieht sich als Brückenbauerin zwischen Kulturen und Religionen. Jeder ist bei ihr willkommen. Auch die, die ihren Frust ablassen und auf die vielen Ausländer schimpfen. „Mit Gegenwind ergeben sich oft die besten Gespräche“, sagt Schwester Elisa.
Wenn Schwester Elisa lacht, und das tut sie gerne, dann lacht nicht nur ihr Mund, sondern das ganze Gesicht, ihre hellen Augen, ihr Lockenkopf vom Schleier umrahmt. Ihr Gegenüber soll die Freude spüren, die sie in sich trägt. Die Kraft, die sie aus ihrem Glauben schöpft, die sie auf Mann und Kinder hat verzichten lassen und zu einem zölibatären Leben im Kloster bewegt. Seit 15 Jahren ist sie nun Ordensfrau, Franziskanerin im Kloster Reute. Und mit 37 Jahren gehört sie zu den jungen Schwestern, die nur noch dünn gesät sind, auch in Oberschwaben.
Einfach da sein für die Menschen
Geboren in Ulm und aufgewachsen in Langenau, ist Schwester Elisa von Hause aus Grund- und Hauptschullehrerin. Das prädestinierte sie für die Jugendarbeit in ihrem Orden. Deutschlandweit war sie unterwegs in der Schulpastoral, organisierte Festivals und Wallfahrten. Dem folgten drei Jahre Innendienst als Generalsekretärin bei der Oberin in Reute. Bei dieser eher trockeneren Binnenarbeit merkte Schwester Elisa, wie wichtig ihr doch die Begegnung mit Menschen ist. Die Anfrage von der Diözese, ob der Orden zusätzlich zu Schwester Ines noch eine Ordensfrau freistellen könnte für die Arbeit mit Geflüchteten in Weingarten, kam da gerade recht. „Wie eine Anfrage Gottes an mich“habe sie diesen Brief empfunden. Neben der Pressearbeit für ihren Orden und noch „anderen Nebenjobs“besetzt Schwester Elisa seit Eröffnung des Integrationszentrums im Februar die 75-ProzentStelle der Caritas, die für interkulturelle Begegnungsarbeit vorgesehen ist. Dabei ist sie völlig frei in der Gestaltung ihrer Tätigkeit. In erster Linie will sie einfach da sein für die Menschen, die ins Integrationszentrum kommen, sich Zeit nehmen für sie. Den Geflüchteten in ihren Anliegen weiterhelfen, sie gegebenenfalls weitervermitteln an die entspre- chenden Dienste oder Kollegen im Haus. Den Satz „Wir sind nicht zuständig“, den gebe es nicht bei ihr.
Aber nicht nur Geflüchtete sind bei Schwester Elisa willkommen, auch die, die einfach neugierig sind, was im Haus so läuft. Oder Kritiker wie neulich eine Frau, die ihren Frust abließ und über die vielen Ausländer schimpfte, die alles bekämen und sie nichts. Schwester Elisa ist es dann wichtig, diese Not genauso ernst zu nehmen wie die Sorgen der Geflüchteten. Dabei will sie niemandem ihre Meinung aufdrücken oder auf ihre Seite ziehen. Zuhören und Eingehen auf den anderen lehre sie ihr christlicher Glaube, ihre Menschenfreundlichkeit. Im Übrigen ergäben sich daraus oft die besten Gespräche, sagt die Ordensfrau.
Auch eine Ordensschwester hat ein Privatleben
Mit ihrer Arbeit will Schwester Elisa auch Lücken im sozialen Netz schließen. So hat sich bereits eine Gruppe von Frauen mit Kleinkindern gebildet, bei denen noch kein Sprachkursangebot greift und denen Schwester Elisa Grundkenntnisse in Deutsch vermittelt. Überhaupt die Stärkung von Frauen und Mädchen sei den Franziskanerinnen wichtig. So ist sie mitverantwortlich für die Kreativwerkstatt „Tüftelei“im Ferienprogramm, einschließlich ihrer Aktion „1000 Friedenstauben für Weingarten“. Und sie bietet zusätzlich im August jeden Dienstagnachmittag einen offenen Spieletreff an. Schwester Elisa bleibt auf dem Boden, sieht sich als kleines Rädchen in der großen Aufgabe der Integration. „Wir schaffen das nur gemeinsam“, ist sie überzeugt. Trotz Schleiers oder gerade deshalb erfahre sie viel Vertrauensvorschuss von anderen Kulturen, der Raum eröffne für interreligiösen Dialog. Wenn sie auch nicht ungefragt anderen ihre Glaubensinhalte aufdränge, so wolle sie doch Zeugnis geben von der Kraft, die sie trage. Am liebsten durch ihre Art, wie sie lebe, wenn es sein muss aber auch mit Worten. So lässt sie keinen Zweifel daran, dass am Sonntagmorgen der Gottesdienst für sie Vorrang vor jedem anderen Termin hat. Dazu steht sie.
Und auch dazu, dass eine Ordensschwester ein Privatleben haben kann, das sie bevorzugt mit Lesen und Briefeschreiben und -gestalten verbringt. Derzeit auch gerne mit Schwimmen. Aber auch Begegnungen mit Menschen zählt sie zu ihren Hobbys. Da verschwimmt dann doch wieder die Grenze zwischen Freizeit und Beruf, was man von einer Vollblut-Franziskanerin, wie Schwester Elisa eine ist, nicht anders erwartet hätte. Mit ihrer offenen Art und ihrem ansteckenden Lachen bringt sie für Begegnung beste Voraussetzungen mit.