Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Dresscode gilt auch bei großer Hitze
Was Mitarbeiter, die im Sommer freizügige Kleidung bevorzugen, beachten müssen
An heißen Sommertagen greifen viele Menschen zu sehr freizügiger Kleidung: Röcke und Hosen werden kürzer, viel Haut ist zu sehen. Hinzu kommen teils durchsichtige Stoffe sowie sehr knappe Schnitte. Vorteilhaft schaut das nicht immer aus. Und gerade am Arbeitsplatz hinterlässt dieses Verhalten oft einen schlechten Eindruck – in Branchen mit Kundenverkehr ist es gar meist tabu. Wie weit darf man also gehen, um die Grenzen des guten Stils nicht zu überschreiten?
Das ist natürlich von Branche zu Branche verschieden. Gibt es einen Dresscode wie bei Banken und Versicherungen, können Mitarbeiter diesen nicht eigenmächtig aufheben. Und er gilt auch bei mehr als 30 Grad, erklärt der Deutsche Anwaltverein (DAV) dazu. Wird es sehr heiß, kann oder sollte der Chef zwar die Regeln etwas lockern. Aber selbst dann ist davon auszugehen, dass übliche Konventionen weiterhin gelten. Daher sollte sich laut DAV bei Hitze eher dezent kleiden, wer Kundenkontakt hat oder in eher konservativen Unternehmen arbeitet.
Nicht in konservativen Branchen
Frauen haben es hier ja vermeintlich einfacher: Sie ziehen kurze Röcke an oder tragen die gerade im Trend liegenden feinen Shorts, die durchaus noch zu den Business-Outfits zählen. Das geht doch, oder? Die Stilberaterin Silke Gerloff aus Offenbach sieht das allerdings anders: „Die Kombi Shorts mit Blazer wirkt immer etwas sexy, daher geht sie definitiv nicht in konservativen Branchen.“Auch die Stilberaterin Katharina Starlay aus Wiesbaden sagt: „Die kürzeste Rocklänge im Business liegt nach wie vor eine Handbreit über dem Knie.“
In legeren Start-ups oder in modeaffinen Agenturen sieht das aber anders aus. Hier ist oft erlaubt, was gefällt – oder sogar gefragt, was auffällt. Auch in anderen Branchen lassen sich die Grenzen des Dresscodes an heißen Tagen im stickigen Büro und Geschäft schon mal ausreizen. Instinktiv greifen viele zu dünnen, kurzen und engen Kleidungsstücken – ganz nach der Devise: je weniger Stoff, desto angenehmer.
Aber auch hier raten Experten: Der gute Ton sollte gewahrt bleiben, denn man muss Kollegen und Kunden nicht mit Nacktheit belästigen. Für den Modeberater Andreas Rose gibt es klare Regeln: „Auf keinen Fall trägt man bauchfrei im Berufsleben.“Auch die derzeit trendigen Kleidungsstücke mit Cut-outs und die angesagten zerschlissenen Hosen mit Löchern gehören nicht ins Büro und in einen Laden. „Hintern, Hüften und Busen nicht betonen“, rät Rose.
Stoff schützt vor Hitze
Der Annahme, dass sich der Alltag mit wenig Stoff auf der Haut angenehmer anfühlt, widerspricht Stilberaterin Starlay. „Was dabei oft vergessen wird: Gerade in sehr heißen Ländern wie Indien wird eher mehr Kleidung getragen. Stoff schützt nämlich vor Hitze.“
Außerdem sind der ultraenge Minirock und die knappe Shorts meist weniger figurschmeichelnd. Solche Stücke quetschen, drücken und betonen Problemzonen, von denen quasi jeder welche hat. Nicht zu vergessen: Darin kann man sich auch nicht so gut bewegen oder elegant hinsetzen.
Und die Männer? Es gibt im Handel gerade vermehrt schicke Anzughosen in kurz. Das heißt aber nicht, dass sie auch ihren Durchbruch im Arbeitsleben haben sollten, findet Sebastian Schwarz vom Fachmagazin „Textilwirtschaft“. Für Freizeit und Sport seien die Shorts okay. „Aber gerade am Arbeitsplatz und in den meisten Büros haben kurze Hosen nichts zu suchen.“
Am Ende geht es beim guten Stil im Berufsleben auch um Kleinigkeiten. Um Flip-Flops am Fuß etwa oder um den BH-Träger. Sicher ist es heute kein Staatsakt mehr, wenn er mal aus dem Oberteil herausblitzt, dennoch gehört sichtbare Unterwäsche zu den letzten richtigen No-Gos im Berufsleben. Zumal sie sich leicht vermeiden lässt, entweder durch Trägeralternativen aus dem Handel, die sich anklippen lassen, oder durch Spangen, die die Träger zusammenziehen. Es existieren auch hausgemachte Lösungen: Ins Oberteil genähte Schlaufen halten den Träger in der Innenseite – und eine Büroklammer macht aus zwei Trägern fix eine gekreuzte Variante. (dpa)