Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Buch eines Bergers wird ins Italienische übersetzt
Markus Fritsche veröffentlicht „Sturmtrasse nach Sardinien“, das sich auch mit den Schattenseiten der Insel befasst
BERG - In 38 Jahren hat Markus Fritsche die italienische Insel Sardinien schon 61 Mal besucht. Mittlerweile hat er schon drei Bücher geschrieben, die auf der Insel spielen. Auch sein drittes Buch „Sturmtrasse nach Sardinien“, das jetzt veröffentlicht wurde, wird von einem sardischen Verlag ins Italienische übersetzt und findet auf der Insel dankbare Leser. Aber warum gerade Sardinien? In seinem neuen Buch schwärmt der Berger vom „archaischen Charme einer wie magisch verzauberten Insel“. Fritsche: „Sardinien strahlt eine Urwucht aus: die Gerüche, die Farben, die Natur, die Menschen.“Die Sarden seien anders als die Italiener auf dem Festland, „sehr stolz und erst einmal misstrauisch, nicht zuletzt aufgrund ihrer wechselvollen Geschichte“. In seiner neuen Erzählung schreibt Fritsche aber auch über die dunklen Seiten der schönen Insel.
Die Sympathie ist beiderseitig: So wie Markus Fritsche diese grüne Insel liebt und sie schon zur zweiten Heimat gemacht hat, so fühlen sich die Sarden von ihrem deutschen Freund verstanden. In dem deutlich autobiografisch gefärbten Buch geht eine Familie Mertens – Vater, Mutter und zwei schon herangewachsene Kinder – auf die Fahrt zu besagter Insel. Dies allerdings nicht im Sommer, sondern um die Weihnachts– und Neujahrstage 2016/2017. Dies garantiert ihnen zwar eine beinahe touristenfreie Zeit, aber ihre Erlebnisse sind dramatisch und gehen unter die Haut.
Eine Sturmflut macht die Überfahrt von Livorno auf dem italienischen Festland zur Insel zur Höllenfahrt, die bei den meisten Passagieren Todespanik auslöst. Sie gibt dem Buch seinen Titel: „Sturmtrasse nach Sardinien“. Ein paar Tage später aber hat sich der Himmel über der Insel bereits wieder gelichtet: „Heilignachmittag am Strand.“Autor Markus Fritsche spielt auf der Klaviatur seiner enormen Sprachfähigkeit: „Der schmerzfreie Verlust deutscher Weihnachtsschwermut. Dafür eine frühlingshafte Seebrise, ein Hochdruckgebiet auf dem Seelenbarometer. Familie Mertens ist allein am Strand. Wenn Weihnachten ein Fest der Besinnung sein soll, dann haben Lara, Anja, Jakob und Frank alles richtig gemacht.“
Uran-Munition auf Sardinien?
Fritsche ist von Beruf Sozialpädagoge und arbeitet mit Jugendlichen in schwierigen Lebenslagen und mit Flüchtlingen zusammen. Was das Schreiben betrifft, ist er Autodidakt. Dennoch sei ihm, so betont er, das Verfassen von literarischen Texten Lebenselixier, seit er in seiner Jugend Tagebuch geführt habe. Schreiben sei für ihn fast so etwas wie Liturgie. Er schreibe alle Texte zuerst mit Hand und immer am selben Tisch bei inspirierender Beleuchtung. Er liebe es, wenn im Hintergrund seiner Schreibklause klassische Popmusik zu hören sei.
Genau diese Musik findet sich auch in Fritsches neuer Erzählung wieder. Jedem der zwölf erzählenden Kapitel dieses Buches ist ein in Sprache geronnenes Musikstück vorangestellt, sozusagen als der adäquate Einstieg in ein authentisches Sardinien-Feeling. Frank Martens alias Markus Fritsche leidet aber auch an seiner Insel. Am Strand liegt Unrat ohne Ende. In Salto di Quirra, einem wildromantischen Küstenabschnitt, ist ein internationaler Schießplatz für Raketen. Krebserkrankungen und Missbildungen bei Mensch und Tier haben in seiner Umgebung zugenommen, was den Verdacht nahelegt, dass hier UranMunition im Einsatz ist. Im Greenpeace-Magazin zum Beispiel ist zu lesen, dass der größte europäische Schießplatz der Nato im Südosten Sardiniens 1956 eröffnet wurde. Die Krebsfälle haben sich laut dem Bericht „Strahlendes Inselparadies“in den vergangenen 30 Jahren so sehr gehäuft, dass in italienischen Medien meist nur noch vom „QuirraSyndrom“gesprochen werde.
„Sturmtrasse nach Sardinien“sind Sturmtrassen der Angst, aber auch Sturmtrassen des Herzens. Auf jeden Fall sind Vater und Sohn Fritsche ein halbes Jahr später schon wieder auf der Fahrt zu ihrer Insel: diesmal mit dem Fahrrad, 1700 Kilometer, drei Wochen lang. Es wird nicht ihre letzte Reise dorthin gewesen sein. Mit und ohne Stürme. Die Erzählung „Sturmtrasse nach Sardinien“ist bei Shaker Media erschienen. Das Buch kostet 15,90 Euro. Informationen gibt es im Internet unterwww.fritschesardinnia.de und unter seiner E-Mail-Adresse altmar.fritsche@tonline.de.