Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Von wegen Ausruhen
Oksana Chusovitina turnt weiter, immer weiter – mit 43
JAKARTA (SID) - Ihr Sohn Alisher ist mittlerweile 18 – also: älter als viele ihrer Konkurrentinnen. Dennoch ist im fernen Indonesien bei Oksana Chusovitina ein kühner Plan gereift: Nach Sprung-Silber bei den Asienspielen strebt die unverwüstliche „Queen Mum“des Kunstturnens 2020 in Tokio ihre achte Olympiateilnahme an. Wenn sich die „Jugend der Welt“in zwei Jahren in Japan trifft, ist die Ex-Weltmeisterin 45 (!) Jahre alt.
„Ich will dort unbedingt starten, das ist ein Traum von mir. Ich habe einfach immer noch so viel Spaß, wenn ich auf dem Turnpodium stehe“, sagte die gebürtige Usbekin, die zwischen 2006 und 2012 auch für den Deutschen Turner-Bund (DTB) an die Geräte ging, nach ihrem zweiten Platz in Jakarta. Nur einen Zehntelpunkt lag sie hinter der 27 Jahre jüngeren Yeo Seojeong aus Südkorea.
Mit einem Satz Luxus-Bettwäsche „zum Ausruhen nach einer langen Karriere“hatte sie der DTB vor sechs Jahren verabschiedet, doch das 1,53 Meter kleine Energiebündel dachte gar nicht an den Ruhestand und machte einfach weiter. Nun wieder, wie schon von 1993 bis 2006, für ihre usbekische Heimat. Und davor wurde die Frau des usbekischen Olympiaringers Bahodir Kurbonow mit der Riege der GUS Team-Olympiasiegerin. Ihre ersten WM-Titel gewann sie 1991 für die Sowjetunion, die ein Vierteljahr später kollabierte.
Am Stufenbarren und am Boden ist die diplomierte Sportlehrerin nicht mehr ernsthaft aktiv, am Schwebebalken aber und insbesondere beim Sprung kann die phänomenale Athletin nach wie vor mit der Weltklasse mithalten. Der deutschen Cheftrainerin Ulla Koch jedenfalls gehen mittlerweile die Superlative für ihren einstigen Schützling aus: „Für das, was Oksana leistet, gibt es keine Worte mehr.“So muss sie sich wohl auch um eine Olympiaqualifikation keine Sorgen machen. Es gilt als ausgemachte Sache, dass der Weltverband FIG für die älteste Medaillengewinnerin bei olympischen Turnwettbewerben (Sprung-Silber mit 33 in Peking 2008) eine Wildcard bereithält.
Dass es aber viel Wichtigeres selbst als Olympia gibt, ist der eigentliche Grund dafür, dass es Oksana Chusovitina 2002 überhaupt nach Deutschland verschlug. Alisher erkrankte an Leukämie, Spezialisten der Uniklinik Köln retteten sein Leben. Chusovitina: „Allein dafür werde ich den Deutschen immer dankbar sein.“