Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Waldseer müssen zur Notfallpraxis weit fahren
Kassenärztliche Vereinigung plant keine Notfallpraxis in Bad Waldsee – Viele Menschen gehen stattdessen in die Klinik
BAD WALDSEE - Die Notfallversorgung an Krankenhäusern wird zunehmend in Anspruch genommen. Für Krankenhäuser landauf und landab ist das ein großes Problem, denn anstatt sich an einen Arzt zu wenden, gehen immer mehr Menschen im Krankheitsfall in die Notaufnahme einer Klinik. Besonders deutlich zeigt sich der Anstieg in Bad Waldsee: Dort werden mittlerweile doppelt so viele Notfallpatienten behandelt als noch vor zehn Jahren. Eine Notfallpraxis der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Baden-Württemberg könnte dies nach Angaben der Oberschwabenklinik abpuffern. In Bad Waldsee soll es jedoch weiterhin keine solche Praxis geben, teilte die KV mit Sitz in Stuttgart nun auf SZ-Anfrage mit.
In den Nachbarstädten Ravensburg und Weingarten sowie auch in Wangen gibt es an den jeweiligen Kliniken bereits seit einigen Jahren Notfallpraxen. Wie die OSK mitteilte, hätten die Praxen den Ansturm auf die Notaufnahmen im Ravensburger Krankenhaus St. Elisabeth und im Wangener Westallgäu-Klinikum deutlich abgemildert. In Bad Waldsee, wo es keine KV-Notfallpraxis gibt, sei dieser Effekt nicht spürbar (die SZ berichtete). „In Ravensburg und Wangen haben sich die Notfallpraxen bewährt. Wir würden dies auch in Bad Waldsee sehr begrüßen und haben Räume im Krankenhaus angeboten. Die Kassenärztliche Vereinigung sieht jedoch keinen Bedarf für eine Notfallpraxis“, erläuterte OSK-Sprecher Winfried Leiprecht.
Nicht nur die überlasteten KlinikNotaufnahmen (rund ein Drittel der Patienten hätte laut OSK auch von einem niedergelassenen Arzt behandelt werden können) würden von den Notfallpraxen profitieren, auch für Patienten sieht die Oberschwabenklinik deutliche Vorteile. Denn die Bereitschaftsärzte in einer Notfallpraxis seien an Feiertagen und Wochenenden ohne aufwändige Suche immer am selben Standort zu finden – in Räumen am jeweiligen Krankenhaus. Zudem könne in schwerwiegenden Fällen durch die räumliche Nähe eine Weiterbehandlung im Krankenhaus schnell in die Wege geleitet werden.
Der starke Anstieg der Notfallpatienten am Waldseer Krankenhaus von 3744 im Jahr 2007 auf 7346 Patienten im Jahr 2017 ist laut OSK unter anderem damit zu begründen, dass sich Menschen aus Bad Waldsee im Krankheitsfall kaum auf den Weg in die entfernten Notfallpraxen nach Wangen (rund 34 Kilometer ab Innenstadt Bad Waldsee), Ravensburg (etwa 22 Kilometer) oder Weingarten (rund 20 Kilometer) machen und stattdessen eben das Waldseer Krankenhaus aufsuchen würden.
Zum Vergleich: In Ravensburg und Weingarten stehen in nicht einmal drei Kilometer Entfernung gleich zwei Notfallpraxen zur Verfügung. „Als wir vor einigen Jahren den Notfalldienst im Land auf die heutige Struktur gebracht haben, gab es bereits beide Notfallpraxen, die dann aufrechterhalten wurden. Wenn eine geschlossen werden würde, müsste die andere dafür entsprechend vergrößert werden“, teilte die zuständige Kassenärztliche Vereinigung Baden-Württemberg auf Anfrage der „Schwäbischen Zeitung“mit.
Zudem erteilte die KV einer Notfallpraxis in Bad Waldsee eine Absage: „Weitere Standorte sind im Land nicht geplant.“Begründung: „Im Landkreis Ravensburg haben wir eine Notfallpraxis in Ravensburg und in Weingarten. Wir haben die Standorte im Land so ausgelegt, dass die Bewohner in spätestens 30 Fahrminuten eine Notfallpraxis erreichen können.“Eine Notfallpraxis sei immer mit einem erheblichen Aufwand verbunden. „Dazu gehören die Räumlichkeiten aber vor allem die Organisation. Schließlich werden Ärzte benötigt (die dann in einer anderen Notfallpraxis fehlen) und es muss Personal eingestellt werden“, heißt es im Schreiben der KV weiter.