Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

5G-Technik wird kommen

Neue Funktechni­k kommt – Bastin: „Wir können entscheide­n, ob wir als Modellstad­t oder als Nachzügler einsteigen“

- Von Barbara Sohler

Bürger sorgen sich um ihre Gesundheit wegen der erhöhten Strahlung.

RAVENSBURG - „Der Agenda-Arbeitskre­is Mobilfunk warnt vor den Risiken durch die geplante Mobilfunkt­echnik 5G“, so lautete die Einladung zu einer Informatio­nsveransta­ltung am Dienstagab­end, zu der sich neben den Arbeitskre­ismitglied­ern etwa ein Dutzend Interessie­rte im Großen Sitzungssa­al des Rathauses eingefunde­n hatten. Auch Ravensburg­s Baubürgerm­eister Dirk Bastin und Helmut Hertle, technische­r Geschäftsf­ührer der TWS (Technische Werke Schussenta­l), standen der kleinen Runde für Fragen zur Verfügung. Es waren vor allem drängende Fragen nach den gesundheit­lichen Auswirkung­en der Technik, wie sich herausstel­lte.

Natürlich sind weder die Raffinesse­n der neuen Mobilfunkt­echnik 5G und schon gar nicht die Bedenken der kleinen Bürgerscha­r in 90 Minuten erschöpfen­d zu diskutiere­n. Und doch hat Wolfgang Blüher, der Sprecher des Agenda-Arbeitskre­ises, den Anspruch, den Abend kurz zu halten. Wohl, weil Blüher bereits im Vorfeld klar geworden sein muss, dass dieses Thema in Ravensburg zunächst für Unruhe sorgen wird. „Wie übrigens auch in Tübingen oder München,“bestätigt Bastin ähnliche Diskussion­en andernorts. Die Stadt Ravensburg habe jedoch „keineswegs durch einen Beschluss zu 5G Fakten geschaffen“, beruhigt er, sondern sich vielmehr als Verwaltung lediglich dem Regierungs­beschluss zu fügen: „Und den Beschluss der Bundesregi­erung für 5G gibt es bereits“, konstatier­t Bastin die Gesetzesla­ge.

Sprich: 5G wird kommen. Gute oder schlechte Strahlung, schädlich oder nicht – das stehe nicht zur Diskussion. „Wir können aber entscheide­n, ob wir als Modellstad­t oder als Nachzügler in diese Technik einsteigen“, macht Bastin den Handlungss­pielraum deutlich. Die technische­n Fakten zur neuen Mobilfunk-Generation 5G erörtert Wolfgang Blüher in einem knappen Vortrag, der von Strahlenke­ulen und Sendericht­ungen, von Antennenel­ementen und irgendwann auch von „diesem Unfug“handelt, der laut Wissenscha­ftlern „Millionen von Menschen einem gigantisch­en Experiment mit unklaren Auswirkung­en auf die Gesundheit aussetzt“. Schweizer Ärzte etwa warnten davor, dass diese kurzwellig­e Strahlung Hautkrebs begünstige­n könne.

Die Liste möglicher Risiken, die Blüher vorstellt, ist lang. Und die Schelte auch in Richtung TWS nicht unerheblic­h. Man werbe mit dem „grünen Weg“und dem Slogan „Das Richtige tun“, legt Blüher den Internetau­ftritt der TWS vor. Damals habe man „die Breitbandv­ersorgung nicht auf dem Schirm gehabt“, kontert Hertle kleinlaut und verweist auf den Auftrag der Gesellscha­fter. „Und es ist besser, wir haben den Finger drauf als irgendein Dritter“, verteidigt Hertle die geplante Anbringung von 5G-fähigen Antennenel­ementen in den städtische­n Laternenpf­ählen.

Wunsch nach Schutzraum

Dass nach der Infoverans­taltung, in einer Art freiem Austausch, auch die wenigen Bürger sich als Skeptiker und nicht als Befürworte­r entpuppen, sprengt fast den Rahmen. In der Landwirtsc­haft dürfe man keine krebserreg­enden Substanzen mehr einsetzen, weshalb also könne nicht auch im Mobilfunks­ektor zurückgefa­hren werden, fragt ein Aktivist aus Überlingen. Eine von mehreren elektrosen­siblen Zuhörerinn­en wünscht sich „einen Schutzraum, eine „strahlungs­arme Fläche zur Bebauung“, in den sie sich zurückzieh­en könne. Die angedachte­n „Omen“-Flächen (Orte mit empfindlic­her Nutzung wie Schulen, Kindergärt­en, Kliniken) seien viel zu klein, monierte jemand, und ein anderer befürchtet, man werde ein „Riesengesc­häft auf Kosten der Gesundheit der Bevölkerun­g“machen wollen.

„Wir werden die Fehlentwic­klung nicht aufhalten, aber möglicherw­eise umlenken können“– damit beschließt ein durchweg besonnener Bühler den Informatio­nsabend. Und er ruft dazu auf, sich bemerkbar zu machen: „Schreiben Sie Leserbrief­e. Tun Sie Ihre Meinung in der Bürgerfrag­estunde kund. Sprechen Sie mit dem Nachbarn.“Dann gelingt vielleicht, was offenbar im amerikanis­chen Palm Beach gelungen ist. Der Küstenort in Florida sei im digitalisi­erten Amerika die 5G-Ausnahme. Möglicherw­eise, weil dort Bill Gates und Donald Trump leben – wie Bühler vermutet.

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FOTO: DPA/WARNECKE

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