Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Kleine Würdigung des Kaffeekuchenpyramidenerfinders
Theodor Fontane – allein die Nennung des Namens löst bei vielen Menschen ungute Erinnerungen an die Schulzeit aus, an die unausweichliche Lektüre von „Effi Briest“. Der fürchterliche Baron von Innstetten, der scharwenzelnde Major Crampas, das Duell, die Scheidung und die ach so dramatischen Folgen für die gute Effi. Damals, jugendlich und unbedarft, fand man das ganze Gedöns aus Hinterpommern zum Gähnen langweilig. Heute am 20. September 2018, da sich der Todestag Fontanes zum 120. Mal jährt, leisten wir Abbitte.
Und nicht nur das! Fontane ist in Zeiten des von Emojis, Anglizismen und Bindestrichen verseuchten Social-Media-Deutschs eine Quelle der literarischen Erquickung. Ein Mann, der so wunderbare Begriffe wie Apfelkuchenstation, Franzosenfreundlichkeit, Generalweltanbrennung oder Kaffeekuchenpyramide erdacht hat, muss ein Genie gewesen sein. Dass seine Zeitgenossen nicht seine, sondern lieber die seichten Werke einer gewissen Eugenie Marlitt lasen, empfand Fontane völlig zu Recht als ungerecht. 1879 jammerte er in einem Brief an seine Frau Emilie: „Personen, die ich gar nicht als Schriftsteller gelten lasse, erleben nicht nur zahlreiche Auflagen, sondern werden auch womöglich ins Vorderund Hinterindische übersetzt; um mich kümmert sich keine Katze.“
120 Jahre später kräht kein Hahn mehr nach Frau Marlitt, aber noch Generationen von Literaturwissenschaftlern werden sich an Worten wie „Zärtlichkeitsrolle“oder „Betsaalkronleuchter“erfreuen. Und den Jungen sei gesagt: „Effi Briest“, das ist echt ganz großer Stoff, voll cooler Realismus. Aber vielleicht doch eher für später. (jos)