Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
„Bunte Protestmusik aus Dresden“
Formation „Banda Internationale“zeigt in Wweingarten Haltung und sorgt für gute Laune
WEINGARTEN (bas) - Wenn beim „Umsonst & Draußen“-Festival in Weingarten Foodsharing und Amnesty International auf Missstände bei der Lebensmittelverschwendung aufmerksam machen oder auf die Einhaltung der Menschenrechte pochen, und wenn über der Getränkebar ein Schild hängt, auf dem „Refugees welcome“steht – dann sind das nicht Lippenbekenntnisse, sondern echte Anliegen der Organisatoren. In diesem Jahr begeisterte die Dresdner Band „Banda Internationale“. Eine Formation, die sich gegen Rassismus starkmacht.
Bunt, laut und rhythmisch – mit Anleihen an die sirrende BalkanMusik, mit herzpochenden AfroBeats oder beschwingten arabischen Weisen. So fasziniert am vergangenen Samstag „Banda Internationale“das Publikum auf dem U&D im Hofgut Nessenreben. Auf die Frage, wie die Musik denn eigentlich heiße, die die Combo ihren Instrumenten entlockt, antwortet der Cellist Akram beim Interview mit einem „Geil!“und grinst so breit, dass seine Mundwinkel beinahe in seinen schwarzen Locken verschwinden. Dass dabei seine Augen ein kleines bisschen provokant blinzeln, das mag nur Einbildung sein.
Stellung gegen Nazis bezogen
Akram Al-Siraj, der Cellist, steht seit drei Jahren gemeinsam mit Musikern aus Burkina Faso und Palästina, aus Spanien und Syrien, aus Schwaben, Sachsen oder aus Berlin auf der Bühne. Er spielt zwischen 60 und 80 Auftritte pro Jahr mit der Band und ist Teil des Musikerkollektivs, das seit vergangenem Jahr auch interkulturelle Workshops durchführt, in denen Instrumente gebaut, gemeinsam gesungen und getanzt wird. Peter Birkenhauer spielt auf der Bühne die anders gewickelte Tuba (das Sousaphon) und in der Entstehung von „Banda Internationale“eine maßgebliche Rolle. War der heute 35-jährige Wissenschaftler doch Gründungsmitglied der Formation „Banda Comunale“, einer Demo-BrassBand, die sich 2001 fand und glasklar Stellung bezogen hat, als es darum ging, in Dresden, Freital oder Clausnitz der Pegida-Bewegung auf den Straßen etwas entgegenzusetzen. „Gegen den Mob, die Nazis und die Hooligans haben wir angespielt, Willkommenskonzerte vor Asylunterkünften gegeben wie dem Hotel Leonardo“, sagt Birkenhauer.
Schnell gab es innerhalb der „Straßen-Marching-Kapelle“wie Birkenhauer es nennt, die Idee, in Flüchtlingsheimen gezielt nach Musikern zu suchen. Und so stieß auch Akram, der gebürtige Iraki, zur Band, die sich zwischenzeitlich in „Banda Internationale“umbenannt hat und heute aus 14 Musikern besteht. Die Hälfte davon Berufsmusiker. Beim U&D in Nessenreben sind sie neun Mann hoch aus Dresden angereist, und Akram gehört sicherlich zu den Eyecatchern auf der Bühne. Auch deshalb, weil sein Instrument auf den ersten Blick abgegriffen wirkt. Mit deutlich abgeschabten Stellen am Instrumenten-Korpus. Aber beileibe nicht als Folge unachtsamen Umgangs, sondern weil Akram „Cello mit Rhythmus“spielt, wie er sagt. Die Finger seiner rechten Hand so manches Mal den Bogen abspreizen und dafür deftig auf das dünne Holz klopfen.
Mittlerweile hat die internationale Band, in der es zunächst nicht einmal eine gemeinsame Sprache gab („nur die Kommunikation über Musik“, wie Birkenhauer betont), etliche Preise für ihr politisches Engagement abgeräumt, und das Fernsehen – wie jüngst der MDR – berichtet über „die bunte Protestmusik aus Dresden“. Und den Organisatoren um Fabian Ruf vom U&D ist anzumerken, dass sie stolz sind auf den Coup, den sie mit der Band landeten und deren Gage sie mithilfe von Bundesfördergeldern aus dem Topf von „Demokratie leben“stemmen konnten. „Die „Banda Internationale“passt halt auch inhaltlich zu uns, denn unser Festival ist für Alle. Und da gehören selbstverständlich Migranten auch dazu“, erklärt Fabian Ruf.