Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Zähne aus dem 3-D-Drucker
Digital hergestellte Kronen, Brücken oder Prothesen auf dem Vormarsch
Noch klingt es wie Science-Fiction, doch immer mehr Zahnkronen oder Brücken werden zukünftig wohl am Computer konstruiert und im 3-D-Druck hergestellt. Das bestätigt Jan-Frederik Güth, Leitender Oberarzt der Poliklinik für Zahnärztliche Prothetik der Ludwig-Maximilians-Universität München: „In der Zahnheilkunde ist es heute möglich, Gerüste für Kronen, Brücken und auch Prothesenbasen additiv aus Metall anzufertigen.“Additiv bedeutet, dass der Drucker anhand von digitalen Daten Schicht für Schicht Materialien aufträgt und verbindet, bis ein dreidimensionales Objekt entstanden ist. Daraus stellt der Zahntechniker mit präziser Handarbeit in weiteren Arbeitsschritten den fertigen Zahnersatz her.
„Mit dieser Technologie können neben Provisorien auch Aufbissschienen sowie vorbereitende Leistungen wie etwa Kiefermodelle oder chirurgische Schablonen umgesetzt werden. Sie unterstützen die tägliche Arbeit erheblich“, führt Güth aus. Insbesondere in der Kieferorthopädie ist das hilfreich. Dort kann der Arzt mit einer speziellen Software die Einzelschritte bis zur idealen Zahnstellung am Computer konstruieren. Das vereinfacht die Planung und den Ablauf gegenüber dem herkömmlichen Vorgehen.
Eine mögliche zukünftige Anwendung des 3-D-Drucks in der Zahnheilkunde testen Forscher der Ludwig-Maximilians-Universität München. Sie prüfen, inwieweit digital hergestellte Kronen und Brücken als Modell genutzt werden können, um den Zahnersatz im Mund des Patienten auf seine Funktion und Ästhetik zu überprüfen. Einen ähnlichen Ansatz gibt es für die Anprobe von Totalprothesen.
Anhand des provisorischen Zahnersatzes aus dem Drucker, der im Mund des Patienten Probe getragen wird, erhalten Arzt und Dentaltechniker konkrete Informationen für die Herstellung des definitiven Zahnersatzes. „Wir stehen hier noch am Anfang. Aber das Potenzial ist riesig – und unsere heutige wissenschaftliche Arbeit bildet die Basis für den 3-D-gedruckten Zahnersatz von morgen“, sagt Güth.
Das Handwerk ersetzt der Computer jedoch nicht, erklärt Zahntechnikermeister Thomas Lüttke aus Berlin: „Moderne Software und Herstellungsmethoden sind aus der heutigen Zahntechnik nicht mehr wegzudenken und unterstützen den Zahntechniker bei seiner täglichen Arbeit. Jedoch gehören sehr viel zahntechnisches Wissen und handwerkliche Erfahrung dazu, um auch mit diesen neuen Werkzeugen richtig umzugehen“, verdeutlicht er. Zudem ist und bleibt Zahnersatz individuell und auf jeden einzelnen Patienten abgestimmt. „Die Handarbeit des Zahntechnikers ist es, die den Zahnersatz zu einem passgenauen Unikat macht.“(sz)