Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Ohne Sentimentalitäten: Korkuts Rückkehr zu 96
Der VfB will im Kellerduell in Hannover nachlegen
STUTTGART (dpa/SID) - Die Reise in die Vergangenheit lässt Tayfun Korkut kalt. Erstmals seit seinem Abschied von Hannover 96 tritt der 44-Jährige heute mit dem VfB Stuttgart zu einem Spiel bei dem Club an, in dem seine Karriere als Bundesliga-Trainer begann. Wie bei seiner Verpflichtung in Stuttgart Anfang des Jahres war Korkut auch damals, an Silvester 2013, eine unerwartete Wahl – weder als Trainer noch als Spieler hatte er zuvor in Deutschlands höchster Liga gearbeitet. Inzwischen kommt Korkut auf 81 Spiele in der Bundesliga. Von den Fans geliebt wird er noch immer nicht.
Das beschäftigt den nüchternen und von Fachleuten geschätzten türkischen Ex-Nationalspieler aber ebenso wenig wie das Wiedersehen mit seinem ersten Bundesliga-Club. „Es ist nichts Besonderes“, beschwichtigte Korkut vor dem für beide Teams und beide Trainer extrem wichtigen Duell vor der Länderspielpause.
Am Anfang des Berges
Hannover ist mit Trainer André Breitenreiter vor dem 7. Spieltag mit nur zwei Punkten siegloser Letzter, der VfB steht mit fünf Zählern nach dem Erfolg gegen Bremen auf Rang 16 und könnte durch einen Sieg zumindest einen der Kellerrivalen fürs Erste um sechs Zähler distanzieren. „Die Mannschaft ist erleichtert, dass wir den ersten Sieg haben. Aber es war nur eine Etappe, die wir gewonnen haben. Wir sind am Anfang des Berges, der Berg ist aber sehr hoch“, betonte Korkut. „Wir wollen den nächsten Schritt machen und die Möglichkeit nutzen, in Hannover nachzulegen. Darauf konzentrieren wir uns.“
Ein außergewöhnliches Spiel ist ein Duell mit Hannover dagegen für Korkuts Co-Trainer Steven Cherundolo – einst Kapitän und noch immer Rekordspieler der Niedersachsen. Cherundolos Sympathiewerte bleiben in Hannover wohl auf ewig hoch. Auch VfB-Torwart Ron-Robert Zieler wurde dort zum Nationalspieler, Korkut hat trotz der vorzeitigen Trennung nach einer Serie von 13 Spielen ohne Sieg ebenfalls noch einen guten Ruf in der Chefetage. Ebenso wie bei Bayer Leverkusen, wo Korkut 2017 die letzten zwölf Partien der Rückrunde verantwortete und trotz nur zwei Siegen in dieser Zeit einen guten Eindruck hinterlassen hat.
Kind lobt Korkut
„Er ist eine ausgeprägte Persönlichkeit und ein hochengagierter Trainer“, sagte 96-Präsident Martin Kind vor dem Duell (15.30 Uhr/Sky). „Er arbeitet sehr strukturiert. Er weiß genau, was er will und was er nicht will. Er ist sehr zuverlässig und sehr loyal.“Auf Dauer funktionierte die Verbindung dennoch nicht. Der Nachfolger von Mirko Slomka führte die Mannschaft zwar noch auf Rang zehn – damals so überraschend wie Stuttgarts siebter Platz Ende Mai – und Platz acht in der folgenden Hinrunde. Doch dann folgte eine Durststrecke und das Aus.
„Das war der erste Verein, von dem ich gehen musste“, sagte Korkut. Dennoch: „Im Großen und Ganzen kann ich nur Positives berichten vom ersten Tag an. Letztlich ist wichtig, wenn man zurückdenkt, dass alle in den Spiegel schauen können. Und speziell in dem Fall können wir das – denke ich – alle, die Vereinsführung und ich als Trainer.“Übrigens: Auch André Breitenreiter steht bei 96 trotz vier Niederlagen in Folge noch hoch im Kurs: „Wir sind überzeugt von Mannschaft und Trainer, egal, wie es gegen den VfB ausgeht“, sagt 96-Manager Horst Heldt, dessen Club wohl auf Stürmer Niclas Füllkrug verzichten muss.