Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Radschnellweg startet langsam
Land prüft verschiedene Strecken für die Verbindung vom Bodensee ins Schussental
FRIEDRICHSHAFEN - Dem Stau von Ravensburg nach Friedrichshafen „davonradeln“: Bis sich dieser Traum für viele vom Verkehr gestresste Autofahrer erfüllt, dauert es wohl noch. Dies ist das Fazit der Regionalkonferenz des ökologischen Verkehrsclubs Deutschland (VCD) am Dienstag im Graf-Zeppelin-Haus gewesen. Ein Programmpunkt: eine geplante Radschnellverbindung, die auf einer Strecke von etwa 30 Kilometern von Friedrichshafen nach Baindt verlaufen und den Pendlerverkehr entlasten soll.
Referenten aus den Bereichen Planung und Politik informierten Vertreter aus Kommunen, Verbänden und Vereinen über den aktuellen Stand des Projekts, das für bis zu 3000 Menschen täglich eine Alternative zum Auto schaffen soll. Vorbild für den Bau der Bodensee-Radroute – eine von insgesamt zehn, die das Land Baden-Württemberg bis 2025 fertiggestellt haben will – sind die Niederlande. Dort haben sich die autound fußgängerfreien Strecken etabliert.
Im Kreis Ravensburg und im Bodenseekreis sei man davon noch weit entfernt, sagte Malte Grunow, Leiter der Verkehrsplanung beim Regionalverband Bodensee-Oberschwaben. Derzeit würden in einer Machbarkeitsstudie verschiedene Streckenverläufe auf ihre Eignung als „Radautobahn“geprüft. Die Ergebnisse der Studie sollen Ende des Jahres, spätestens Anfang 2019 vorliegen. „Wir hoffen natürlich, dass sie positiv ausfällt“, sagt Grunow. „Im Moment sieht es damit relativ gut aus.“
Nicht ganz so optimistisch zeigten sich einige Landesvertreter. Grunow zufolge soll die Radautobahn möglichst dort verlaufen, „wo das Leben ist“. Demnach bietet sich an, vielbefahrene Strecken für den Bau in Betracht zu ziehen. So könnten viele Arbeitnehmer und Schüler leicht vom Auto oder Bus auf das Rad umsteigen.
Für die Planer eignet sich vor allem die B 30, die nach Fertigstellung der neuen Bundesstraße 2019 zu einer Kreisstraße wird (SZ berichtete). Auf der Strecke sind besonders in den Morgen- und Abendstunden viele Autos unterwegs. Einige Landesvertreter befürchten daher, dass das Scheinwerferlicht dieser Wagen Radfahrer auf einem neben der Straße verlaufenden Schnellweg blenden könnte. Hinzu komme der Gestank durch Auspuffgase, die der motorisierte Verkehr verursacht. „Kein Radler fährt gern an der Bundesstraße entlang“, lautet die einstimmige Meinung der B 30-SchnellradwegGegner. TRAUERANZEIGEN
Trotz dieser Kritik klingt der Gegenvorschlag, die Radautobahn auf einer verkehrsberuhigteren Strecke, wie zum Beispiel in einem Waldabschnitt zu bauen, für Malte Grunow wenig sinnvoll: „Das Kriterium der Direktheit ist im Vordergrund.“Einer der Landesvertreter stimmte zu: „Ein Radweg hat die Aufgabe, Fahrer schnell von A nach B zu bringen.“
Die Bedürfnisse der Radfahrer, das wird an diesem Tag allen klar, sind sehr unterschiedlich. Dies mache die Planung der Radautobahn zu einem „wichtigen, aber auch schwierigen Thema“, sagt Bernhard Glatthaar vom VCD. Er rechnet damit, dass es auch Konflikte mit Menschen geben wird, die durch den Radschnellweg Flächen verlieren. „Da wird es sicher Diskussionen mit Autofahrern geben.“
Wichtig für den Klimaschutz
Notwendig – darin sind sich die Teilnehmer der Regionalkonferenz trotz aller Meinungsverschiedenheiten einig – ist der Bau der Radschnellverbindung dennoch. Malte Grunow verweist auf die hohen CO2-Ausstoßwerte und Fahrverbote, die Autos mit Dieselmotoren künftig drohen. Erst gestern haben sich die EU-Staaten auf eine Verschärfung der Kohlendioxid-Grenzwerte für Neuwagen geeinigt.
Laut Grunow könnte ein Radschnellweg, der mehr Menschen dazu ermutigt, auf das ökologisch saubere Verkehrsmittel Fahrrad umzusteigen, „einige dieser Probleme vielleicht lösen“. Auch Glatthaar betont, dass die Radschnellverbindung in der Bodenseeregion eine zwingende Maßnahme für den Klimaschutz sei.
Sehen dies auch die Bürger vom Bodensee und aus dem Schussental so, könnte die Radautobahn, deren Planung derzeit noch in den Anfängen steckt, tatsächlich zu einem „Leuchtturmprojekt“für die Region werden – das hoffentlich niemanden blendet. profitieren, und „wir noch zu Lebzeiten erleben, dass Radschnellwege entstehen“, müsse laut Peter Gwiasda baldmöglich mit dem flächendeckenden Ausbau begonnen werden. Immerhin gehe es „um ein Stück Verkehrswende“. Aber, schob der Radverkehrsplaner sogleich nach: Radschnellwege seien kein Heilmittel für Probleme, die der motorisierte Verkehr verursache. Vielmehr sei das Umsatteln auf Fahrräder selbst als – natürlich schadstofffreier – „Motor“zu sehen, der die Mobilitätswende voranbringen kann: „Wenn er richtig verstanden wird.“