Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
#MeToo? Gilt nicht bei Cristiano Ronaldo
Vergewaltigungsvorwürfe weiten sich aus, doch die Branche hält zum Superstar
LISSABON (sz/SID) - Die im Zuge des Skandals um Harvey Weinstein aufgekommene #MeToo-Kampagne begeht dieser Tage ihr Einjähriges.
Viel wurde in diesem Jahr diskutiert über sexuelle Übergriffe, Machtmissbrauch von Männern, aber auch über Alltagssexismus. Im Fußball scheint #MeToo aber nicht angekommen zu sein. Im Gegenteil: Die Unschuldsvermutung, die natürlich zunächst für jeden Beschuldigten, also auch für Cristiano Ronaldo, gilt, wird von den Protagonisten der Fußballbranche dieser Tage eher als Einladung zur Verteidigung des ehemaligen Weltfußballers verstanden.
Dass Cristiano Ronaldo nunmehr von zwei Frauen der Vergewaltigung bezichtigt werden soll, scheint da unerheblich. „Ein derartiges Verbrechen würde er niemals begehen“, lässt Portugals Nationaltrainer Fernando Santos verlauten, der auf seinen Kapitän in den vier Länderspielen in diesem Herbst ohne Angabe von Gründen verzichtet. Und auch Mama Maria Dolores dos Santos Aveiro ist offensichtlich in Sorge, postete vor dem Nations-League-Duell Portugals in Polen ein Foto von CR7 im Supermankostüm mit der Bitte, es zu teilen. „Für Portugal, für ihn, für uns, für Gerechtigkeit. Er verdient es“, stand unter der Fotomontage, zudem der Hashtag #justicacr7# – Gerechtigkeit für CR7. Weit über 10 000-mal wurde der Beitrag innerhalb kürzester Zeit geteilt. Ronaldos Club Juventus verwies auf die Professionalität des Spielers und erklärte, dass es sich bei den Vorwürfen um Dinge handle, die Jahre zurückliegen. Als ob dies der Wahrheitsfindung dienen könnte. Die Aktie des Clubs schmierte infolge der Negativschlagzeilen ab und büßte vom Höchststand bereit 550 Millionen Euro ihres Börsenwerts ein, nachdem sie zuvor um eine Milliarde zugelegt hatte. Auch Ronaldos persönliche Sponsoren reagierten eher nervös.
Weitere Frau beschuldigt Ronaldo
Die Vergewaltigungsvorwürfe gegen den 33 Jahre alten Stürmer wiegen schwer und schweben wie ein Damoklesschwert über Ronaldo – der die Vorwürfe auf Schärfste zurückweist und eine Armada von Anwälten eingeschaltet hat. „Mein reines Gewissen wird es mir erlauben, die Ergebnisse aller möglichen Untersuchungen in Ruhe abzuwarten“, schrieb er auf Twitter. Bislang steht sein Wort gegen das seiner mutmaßlichen beiden Opfer. Die Texanerin Kathryn Mayorga hat behauptet, Ronaldo habe sie 2009 in Las Vegas vergewaltigt. Zudem hat sich bei ihrem Anwalt Leslie Stovall ein neues angebliches Vergewaltigungsopfer gemeldet. Der Justiziar aus Las Vegas sagte der „Daily Mail“: „Ich habe einen Anruf von einer Frau bekommen, die behauptet, eine ähnliche Erfahrung gemacht zu haben.“Die Ermittlungsbehörde in Las Vegas, die sich bislang nur mit dem Fall Mayorga beschäftigt, soll nach Angaben des „Mirror“zeitnah Ronaldo zu den Vorwürfen befragen. Dieser hatte sexuelle Kontakte mit der Frau bereits eingeräumt, alles sei aber einvernehmlich geschehen.
Diese Version glaubt auch seine ehemalige Lebensgefährtin Raffaella Fico: „Ich war elf Monate mit ihm zusammen, und ich kann sagen, dass Cristiano ein normaler, ruhiger, einfacher Typ ist. Er war ein wahrer Gentleman.“Dies wird nun genau überprüft werden.