Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Deutsche Banken schneiden schlecht ab
Großteil der deutschen Institute schneidet beim Belastungstest unterdurchschnittlich ab
LONDON (AFP) - Deutsche und britische Banken hätten im Fall einer schweren Konjunkturkrise europaweit die größten Schwierigkeiten. Das ist das Ergebnis des jüngsten Stresstests der Europäischen Bankenaufsicht EBA. Die Deutsche Bank, mehrere Landesbanken sowie britische Institute schnitten dabei am schlechtesten ab. Über dem Durchschnitt lagen jedoch die Landesbank Baden-Württemberg und die NRW Bank. Insgesamt seien Europas Banken besser gegen finanzielle Schocks gerüstet als zur Zeit der Finanzkrise. Die EBA analysierte, wie belastbar 48 Banken aus 15 EU-Ländern sowie Norwegen sind.
FRANKFURT - Sind die europäischen Banken gut für eine Krise gerüstet? Das wollte die Europäische Bankenaufsicht (EBA) in ihrem nunmehr dritten Stresstest herausfinden. Untersucht hat sie dazu 48 Großbanken aus 15 EU-Ländern und Norwegen. Davon kommen 37 aus dem Euroraum, sie decken hier etwa 70 Prozent des Bankenmarkts ab. Von diesen 37 sind die vier griechischen Banken aber schon im Frühjahr getestet worden.
Was wurde getestet?
Ein sehr strenges Szenario, das mit Abstand strengste sogar, meint die EBA. Angenommen wird ein starker Konjunkturabschwung über drei Jahre. Wie stark, das unterscheidet sich nach Wirtschaftskraft des jeweiligen Landes. So sollten die italienischen Banken einen Einbruch der Wirtschaftsleistung um 6,7 Prozent simulieren, die deutschen einen um 10,1 Prozent, so viel mehr deshalb, weil hier aktuell die Wirtschaft so boomt und deshalb erst einen ungleich stärkeren Abschwung deutlich zu spüren bekäme. Bei einem solchen Wirtschaftseinbruch würde die Arbeitslosigkeit steigen, viele Menschen könnten dann ihre Immobilienkredite nicht mehr bezahlen, die Aktienkurse würden einbrechen. Die EBA hat etwa vorgegeben, dass die Arbeitslosenzahlen auf 9,7 Prozent im Jahr 2020 einbrechen und die Immobilienpreise stark zurückgehen. Diesen Stress können nur Banken aushalten, die ein genügend dickes Kapitalpolster haben. Basis für die Berechnung waren Ende 2017.
Was ist herausgekommen?
Im Schnitt haben die geprüften Banken eine harte Kernkapitalquote im Jahr 2020 von 10,1 Prozent erreicht. Wenig überraschend: Die italienischen lagen darunter. Sie halten ja immer noch sehr viele notleidende Kredite. Wie aussagekräftig diese Zahlen sind, ist jedoch fraglich. Denn die italienischen Banken halten gut 300 Milliarden an Staatsanleihen. Die aber wurden nicht berücksichtigt, obwohl sie wegen der aktuellen Haushaltsstreitigkeiten mit der EU im Wert sinken und damit auch die Tragfähigkeit der italienischen Institute.
Wie sieht es mit den deutschen Banken aus?
Das ist die größere Überraschung: Acht sind getestet worden, davon liegen sechs unter dem Durchschnitt, so zeigt die Commerzbank unter dem angegeben Stress für 2020 eine harte Kernkapitalquote von 9,9 Prozent, die Deutsche nur eine von gut 8,1 Prozent das genossenschaftliche Spitzeninstitut DZ-Bank weist 8,97 Prozent auf, die Bayerische Landesbank 9,44 Prozent, die Landesbank Hessen-Thüringen Girozentrale (Helaba) 9,96 Prozent und Schlusslicht ist die Nord LB mit 7,07 Prozent. Nur die Landesbank BadenWürttemberg und die NRW Bank schneiden besser ab. Dass die Nord LB an letzter Stelle landet, ist wenig verwunderlich: Sie hat ihre Kapitalnöte schon öffentlich gemacht und sucht gerade nach einem Investor. Bei einer Kapitalquote von gut sieben Prozent 2020 könnte man allenfalls infrage stellen, ob die Helaba gut beraten wäre, einen Teil der Nord LB zu übernehmen als Kern einer avisierten Super-Landesbank. Dieser Plan wird ja derzeit im Sparkassenlager erörtert.
Ist eine Bank durchgefallen?
Die EBA hat wie schon vor zwei Jahren darauf verzichtet, eine einheitliche Kapitalquote für alle geprüften Geldhäuser vorzugeben. Deshalb gibt es auch keine Durchfaller oder Besteher. Aber man kann anhand der Ergebnisse ablesen, wer im Falle einer Krise zu wenig Kapital hätte. In dem Test werden zahlreiche Daten erhoben, die die EZB-Bankenaufsicht in ihre Arbeit einfließen lassen wird. Sie wird also Instituten, deren Kapitaldecke als dünn gilt, dann Auflagen geben, sich mehr frisches Geld zu besorgen.
Wie kommt es, dass die deutschen Banken nicht so gut dastehen?
Das liegt an den gegenüber den anderen Ländern deutlich härteren Bedingungen, die die EBA angelegt hat wie eben den kräftigeren Wirtschaftseinbruch. Außerdem sind die deutschen Banken wegen des starken Wettbewerbs nicht sehr profitabel.
Was ist mit den anderen Banken?
Die sind auch „gestresst“worden, zumindest 54 weitere „signifikante“Institute von einer bestimmten Größe an. Diese Aufgabe hat die EZB übernommen, sie hat dazu „nahezu identische“Kriterien angelegt, sie wird aber die Ergebnisse nicht veröffentlichen.
Wurde der Brexit als Risikofaktor berücksichtigt?
Dass Großbritannien voraussichtlich Ende März 2019 die EU verlassen wird, war nach EBA-Angaben zumindest indirekt berücksichtigt: Das nachteilige Szenario umfasse „ein breites Spektrum makroökonomischer Risiken, die mit dem Brexit verbunden sein könnten“. EU-weit am schlechtesten schnitt in dem Test die britische Großbank Barclays ab. Ihr Krisenpuffer halbierte sich auf nur noch 6,37 Prozent.
Sind Stresstests sinnlos?
Kritiker bemängeln, dass etwa das Risiko eines Ausfalls von Staatsanleihen im aktuellen Test nicht ausreichend berücksichtigt sei. Zudem profitierten Banken mit hohem Anteil ausfallgefährdeter Kredite („Non-Performing Loans“/NPL) von den Kriterien, weil Banken Zinseinkünfte aus solchen Krediten im diesjährigen Test einrechnen dürfen. Beides spielt zum Beispiel Italiens Banken in die Hände. Diese halten nicht nur hohe Bestände an Wertpapieren ihres Heimatstaates, auch der Berg von Problemkrediten in ihren Büchern ist im Vergleich zu Banken in anderen Euroländern besonders hoch.
Was sagen Befürworter?
Sie meinen, solche Tests seien wichtig, um Transparenz über mögliche Gefahren zu schaffen. Ein Stresstest als Diagnoseinstrument könne „durchaus zur Beschleunigung des Lösens von Problemen beitragen“, meint BdB-Fachmann Uwe Gaumert. Als positives Beispiel führen Experten den ersten Stresstest in den USA 2009 an: Die US-Regierung nahm die 19 größten Geldinstitute des Landes unter die Lupe. Zehn davon wurde verordnet, sich frisches Geld zu besorgen. Wer das am Markt nicht schaffte, bekam Staatshilfen aufgebrummt.