Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Zu Reischmann gehört bald auch eine Gastronomie
Wie das Modehaus darauf reagiert, dass immer mehr Kunden online bestellen – Gute Mitarbeiter werden händeringend gesucht
RAVENSBURG - Däumchen drehen ist nicht: Auch wenn das Ravensburger Modehaus Reischmann seit fast 60 Jahren einen „konsequenten Wachstumskurs“fährt, wie Marketingleiter Bernd Deuter sagt – ein Selbstläufer ist das Unternehmen nicht. Vor allem der Onlinehandel wirbelt die Branche gehörig durcheinander. Darum steht ein Umbau an. In den nächsten Jahren wird es in der Bachstraße 24 bis 30 mehr als Hosen, Hemden und Hoodys geben: Geplant sind eine Gastronomie und sogenannte Lifestyle-Konzepte.
„Wir müssen uns mit dem Zeitgeist verändern und brauchen neue Einkaufskonzepte“, erläutert Deuter. Die Kunden wollen Labels, also bestimmte Marken. Und sie wollen genau das Produkt in genau jener Farbe. Hat ein Geschäft beispielsweise just den dunkelgrünen NikeSneaker gerade nicht da, wird übers Internet bestellt, so die Erfahrung des Marketingchefs. Weil viele obendrein alles zu jeder Tag- und Nachtzeit bestellen wollen, reagiert Reischmann: Seit September kann man sich mit seinen Waren nicht nur in den neun Modehäusern in Ravensburg, Kempten, Memmingen und Ulm eindecken, sondern auch online.
Es geht um mehr Service
Dabei geht’s nicht so sehr um mehr Verdienst, sondern um mehr Service, wie Deuter ausführt: „Kunden, die bei uns einkaufen, sollen uns auch im Internet finden.“Erster Schritt war der Bau des 4600 Quadratmeter großen und fünf Millionen Euro teuren Logistikzentrums im Gewerbegebiet Erlen – „weil wir mehr Platz zum Lagern brauchen“, wie Deuter erläutert.
Wer weiß, vielleicht gehe die Reise irgendwann sogar in Richtung des Zalando-Shops in Mailand: Dort kann man die hippen Klamotten lediglich anprobieren und bestellen – einkaufen war gestern. Man bekommt die Sachen dann direkt nach Hause geliefert. Vorteil: „Die Leute müssen ihre Tüten nicht mehr durch die Stadt schleppen“, so Deuter. Auch in sozialen Netzwerken wie Facebook, Pinterest oder Instagram will Reischmann präsenter werden.
Weil aber „nicht alle ständig vor der Kiste sitzen“, sei der stationäre Handel nach wie vor Reischmanns Hauptgeschäft, sagt Deuter. Allerdings ist es nicht mehr damit getan, einfach nur Hosen und Hemden hübsch an Bügel zu hängen. Was stattdessen gefragt ist? „Da sind wir gerade am Ausprobieren“, räumt der Marketingmann ein. Unter anderem geht’s um attraktive Standorte – Stichwort Einkaufserlebnis. „Wenn die Leute in die Stadt fahren, wollen sie einen schönen Tag verbringen – da sind wir nicht mehr nur Warenversorger, sondern Freizeitgestalter, Inspirationsquelle und Show-Room“, weiß Deuter.
Sortiment wird ständig erweitert
Um so viele Bedürfnisse wie möglich abzudecken, erweitert Reischmann daher ständig sein Sortiment – in Kempten gibt’s neben Modeund Sportbekleidung auch schon Blumen, Kleinmöbel und DekoSchnickschnack. Auch Parfums, Leder und Schmuck sind in der Überlegung, um den Leuten „mehr Abwechslung zu bieten“, wie es im Geschäftsbericht 2016 heißt. Um dieses sogenannte „Multi-Channel“-Thema komme man auch in Ravensburg nicht herum, weiß Deuter. Dazu gehört schließlich auch eine eigene Gastronomie. Wie diese in Ravensburg aussehen wird, ist noch nicht heraus. Dass sie kommt, in den nächsten Jahren, stehe hingegen außer Frage.
Kompetente Verkäufer fehlen
Eben weil der stationäre Handel nach wie vor Reischmanns Hauptgeschäft ist, „leben wir in der Innenstadt vom Service und guter Beratung“, wie Deuter betont. Denn selbst junge Leute kämen nach wie vor in die Läden vor Ort. Wobei die meisten Kunden mal stationär, mal online kaufen. Daher seien kompetente Verkäufer immens wichtig. Doch die sind Mangelware: Weil die täglichen Arbeitszeiten bis 19 Uhr samt Samstagseinsatz nicht eben rasend attraktiv sind, braucht Reischmann neue Mitarbeiter. „Wir suchen im gesamten Unternehmen praktisch permanent zehn bis 15 Leute“, so Deuter.