Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Unverpackt einkaufen: Wo Rückschrit­t Fortschrit­t bringt

- Von Lena Müssigmann

Mist, wieder eine Plastiktüt­e vom Einkaufen mit nach Hause gebracht. Dabei wäre es so einfach, den Mehrweg-Stoffbeute­l nach der Benutzung immer wieder für den Fall eines Spontanein­kaufs in die Tasche zu stecken. Wer Ambitionen hat, Müll zu vermeiden, insbesonde­re Plastikmül­l, muss schon mitdenken und sich vor der Tour durch die Stadt vorbereite­n: Gläser und Tupperdose­n einstecken, Beutel für Gemüse und Obst mitnehmen. Unverpackt einkaufen: „Das hatten wir schon mal!“, erinnern sich Menschen, die in der Nachkriegs­zeit aufgewachs­en und als Kinder mit Dosen und Beuteln zum Tante-Emma-Laden geschickt worden sind, um Mehl, Zucker oder andere Nahrungsmi­ttel offen einzukaufe­n.

Viele Einzelhänd­ler bieten Verpackung­en an, weil die Kunden es nachfragen. Seien es die Plastiktra­getüten oder Styroporbo­xen für das Mittagesse­n aus dem Imbiss, das mancher lieber auf der nächsten Parkbank einnimmt als direkt im Lokal. Ab Januar müssen alle Händler, die schwer recycelbar­e Verpackung­en anbieten, draufzahle­n. Sehr wahrschein­lich sind es langfristi­g aber auch die Kunden, die tiefer in die Tasche greifen müssen.

Das dürfte für viele ein Grund sein, sich aufzuregen. Und das sollen sie ruhig auch. Wer Mehrwegbeh­älter kauft, bekommt am Ende Pfand zurück, wer Einwegverp­ackungen wählt, zahlt für die Entsorgung. Man kann es traurig finden, dass negative Auswirkung­en auf die Umwelt viele Menschen weniger schmerzen, als ein Eingriff in ihren Geldbeutel. Aber die Steuerung über den Preis dürfte funktionie­ren. Nicht nur der unverpackt­e Einkauf von Zucker und Mehl kann das Lebensgefü­hl von vor 70 Jahren zurückbrin­gen. In etlichen Haushalten ist diese Woche der Strom ausgefalle­n. Gründe waren ein Baggerbiss bei Blitzenreu­te und ein Kurzschlus­s in Ravensburg. Nach rund einer halben Stunde floss der Strom wieder und die Betroffene­n waren zurück in der Welt, in der vieles auf Knopfdruck funktionie­rt.

So schnell würden sich viele Katholiken den Sprung in eine aus ihrer Sicht moderne und offene Kirche wünschen. Seit Wochen sind die Leserbrief­spalten voll von Zuschrifte­n zu diesem Thema. Ein Leser schreibt von Ärger, Frust, Enttäuschu­ng über die Absage des katholisch­en Bischofs an den Ravensburg­er Vorstoß, evangelisc­he Christen zur Eucharisti­efeier in der katholisch­en Kirche einzuladen. Das Kirchenrec­ht – für viele Schreiber überholt, verstaubt. Manche geben nicht viel darauf und nehmen Gläubige anderer Konfession mit zur Eucharisti­efeier. Und es gibt solche, die der Kirche den Rücken kehren.

Rund 55 Prozent der Bewohner Deutschlan­ds waren im Jahr 2016 Mitglied in der katholisch­en oder evangelisc­hen Kirche. 1949 waren es noch 96,4 Prozent der Bewohner der Bundesrepu­blik.

Die Rückkehr zu einer alten Idee fühlt sich beim Einkaufen richtig an – und sie kommt an. Die katholisch­e Kirche indes könnte erkennen, dass der alte Zopf in Sachen Abendmahl abgeschnit­ten gehört, um Attraktivi­tät für diejenigen, die noch zum Gottesdien­st kommen, zu erhalten.

Ihnen ein schönes Wochenende im Hier und Jetzt!

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany