Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Unverpackt einkaufen: Wo Rückschritt Fortschritt bringt
Mist, wieder eine Plastiktüte vom Einkaufen mit nach Hause gebracht. Dabei wäre es so einfach, den Mehrweg-Stoffbeutel nach der Benutzung immer wieder für den Fall eines Spontaneinkaufs in die Tasche zu stecken. Wer Ambitionen hat, Müll zu vermeiden, insbesondere Plastikmüll, muss schon mitdenken und sich vor der Tour durch die Stadt vorbereiten: Gläser und Tupperdosen einstecken, Beutel für Gemüse und Obst mitnehmen. Unverpackt einkaufen: „Das hatten wir schon mal!“, erinnern sich Menschen, die in der Nachkriegszeit aufgewachsen und als Kinder mit Dosen und Beuteln zum Tante-Emma-Laden geschickt worden sind, um Mehl, Zucker oder andere Nahrungsmittel offen einzukaufen.
Viele Einzelhändler bieten Verpackungen an, weil die Kunden es nachfragen. Seien es die Plastiktragetüten oder Styroporboxen für das Mittagessen aus dem Imbiss, das mancher lieber auf der nächsten Parkbank einnimmt als direkt im Lokal. Ab Januar müssen alle Händler, die schwer recycelbare Verpackungen anbieten, draufzahlen. Sehr wahrscheinlich sind es langfristig aber auch die Kunden, die tiefer in die Tasche greifen müssen.
Das dürfte für viele ein Grund sein, sich aufzuregen. Und das sollen sie ruhig auch. Wer Mehrwegbehälter kauft, bekommt am Ende Pfand zurück, wer Einwegverpackungen wählt, zahlt für die Entsorgung. Man kann es traurig finden, dass negative Auswirkungen auf die Umwelt viele Menschen weniger schmerzen, als ein Eingriff in ihren Geldbeutel. Aber die Steuerung über den Preis dürfte funktionieren. Nicht nur der unverpackte Einkauf von Zucker und Mehl kann das Lebensgefühl von vor 70 Jahren zurückbringen. In etlichen Haushalten ist diese Woche der Strom ausgefallen. Gründe waren ein Baggerbiss bei Blitzenreute und ein Kurzschluss in Ravensburg. Nach rund einer halben Stunde floss der Strom wieder und die Betroffenen waren zurück in der Welt, in der vieles auf Knopfdruck funktioniert.
So schnell würden sich viele Katholiken den Sprung in eine aus ihrer Sicht moderne und offene Kirche wünschen. Seit Wochen sind die Leserbriefspalten voll von Zuschriften zu diesem Thema. Ein Leser schreibt von Ärger, Frust, Enttäuschung über die Absage des katholischen Bischofs an den Ravensburger Vorstoß, evangelische Christen zur Eucharistiefeier in der katholischen Kirche einzuladen. Das Kirchenrecht – für viele Schreiber überholt, verstaubt. Manche geben nicht viel darauf und nehmen Gläubige anderer Konfession mit zur Eucharistiefeier. Und es gibt solche, die der Kirche den Rücken kehren.
Rund 55 Prozent der Bewohner Deutschlands waren im Jahr 2016 Mitglied in der katholischen oder evangelischen Kirche. 1949 waren es noch 96,4 Prozent der Bewohner der Bundesrepublik.
Die Rückkehr zu einer alten Idee fühlt sich beim Einkaufen richtig an – und sie kommt an. Die katholische Kirche indes könnte erkennen, dass der alte Zopf in Sachen Abendmahl abgeschnitten gehört, um Attraktivität für diejenigen, die noch zum Gottesdienst kommen, zu erhalten.
Ihnen ein schönes Wochenende im Hier und Jetzt!