Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Den Obstbäumen etwas Gutes tun
Ein Schnitt an frostfreien Tagen lässt die Gehölze gesünder wachsen und ist gut für die kommende Ernte
VEITSHÖCHHEIM/HAAN (dpa) Auf den Böden wird es immer bunter, an den Ästen immer kahler. Das Laub wird aufgehäuft, der Garten frostsicher gemacht. Dann können Hobbygärtner eigentlich die Füße hochlegen – in den kalten Monaten des Jahres stellen sich ihnen kaum neue Aufgaben im Garten. Eine der wenigen, die sich am besten bei milden Wintertemperaturen erledigen lässt, ist allerdings der Schnitt mancher Obstbäume, Frucht- und Ziersträucher.
Wann steht der Schnitt an?
Das ist unterschiedlich und hängt von der Pflanzenart ab: Fruchttragende, schon frühblühende Ziergehölze sollten genauso wie sommerblühende Varianten, darunter Clematis, Hibiskus, Sommer-Flieder, Rispenhortensien, im zeitigen Winter geschnitten werden. Auch für den Schnitt von freiwachsenden Hecken ist der Winter ein guter Zeitraum. Ebenso wie für Ziersträucher ohne Früchte – diese Regel gilt für alle außer jenen, die im zeitigen Frühjahr blühen wie Forsythie, Zierjohannisbeere, Ranunkelstrauch, Spiersträucher, Ziermandel, Zierkirsche und Flieder.
An sich werden Obstgehölze wie Beerensträucher, Süß- und Sauerkirschen, Frühzwetschgen, Pfirsich und Aprikose unmittelbar nach der Ernte gekappt. Wer das verpasst hat, hat im ausklingenden Winter noch Gelegenheit dafür. „Zwischen Januar bis Mitte März werden Weinstöcke und Kiwi geschnitten. Nicht später, weil sie dann aus den Schnittwunden bluten“, erklärt Hubert Siegler von der Bayerischen Gartenakademie. An den Rosen sollte die Gartenschere erst im ausgehenden Winter angelegt werden, etwa Anfang März.
Welche Witterung ist für den Schnitt geeignet?
Das Thermometer sollte möglichst keine starken Minusgrade anzeigen. Denn dann ist das Holz spröde und reißt leichter. Aber Torsten Drübert vom Fachverband geprüfter Baumpfleger sagt: „Notwendige Schnittmaßnahmen sollten im Winter auf jeden Fall an frostfreien Tagen durchgeführt werden. Und wenn es geht, nicht zu früh, damit das Gehölz nicht den ganzen Winter mit offenen Wunden dasteht.“
Denn erst, nachdem die Gehölze wieder aus dem Winterschlaf erwacht sind und ihren Saftfluss im Frühjahr und Sommer angekurbelt haben, können sie Schnittwunden selbst verschließen und heilen. Das ist wichtig, damit keine Schaderreger durch die Wunden eindringen. Aus diesen Gründen empfiehlt der Baumpfleger auch, Schnittmaßnahmen im Winter auf das unbedingt Notwendige zu beschränken. Und er rät zu überlegen, ob der Schnitt nicht in die Vegetationsperiode oder in das Frühjahr verlegt werden kann.
Warum ist der Winter zugleich auch ein guter Schnittzeitraum?
Dann werden keine in den Gehölzen brütenden Vögel gestört. Und der Habitus eines Baumes lässt sich im laublosen Zustand besser erkennen, sodass man der Krone eine stabile und gleichmäßige Form geben kann. Grundsätzlich lässt sich sagen, dass ein regelmäßiger Rückschnitt die Wuchskraft der Pflanzen verbessert. Vor allem ältere, vergreiste Gehölze werden dadurch angeregt, neue Triebe zu bekommen. Gerade für alte und schwache Bäume kann der Schnitt ein regelrechter Jungbrunnen sein und dazu eine lebensverlängernde Maßnahme. Obstgehölze können dann auch wieder mehr Früchte bilden.
Was wird weggeschnitten?
Grundsätzlich lässt sich sagen, dass beim Winterschnitt die Gehölze ausgelichtet und in Höhe und Durchmesser reduziert werden. Dafür benötigt man gleichermaßen Augenmaß und Weitsicht: „Bei Obstgehölzen sollte ein regelmäßiger, dafür moderater Schnitteingriff erfolgen“, erklärt Siegler. Hobbygärtner sollten unbedingt kranke, vertrocknete oder kahle sowie alle nach innen wachsenden Triebe entfernen. Durch Letzteres kommt wieder ausreichend Licht und Luft ins Innere der Baumkrone.
Außer bei Hecken und Formgehölzen werden die Triebe nicht eingekürzt. Denn das würde mitten im strengen Winter das Wachstum an den Triebenden anregen. Stattdessen entfernt man Kronentriebe sowie am Boden liegende Triebe komplett. Der Schnitt erfolgt direkt oberhalb einer Verzweigung, deren Seitentrieb nach außen zeigt. „Keine Stummel belassen, weil dies zum Eintrocknen der Schnittstelle oder einem unerwünschten übermäßigen Neuaustrieb führen kann“, rät Siegler.
Gibt es Ausnahmen bei der Schnittweise?
„Vor allem bei Obstbaumhochstämmen ist in den ersten Jahren nach der Pflanzung ein jährlicher sogenannter Erziehungsschnitt entscheidend, damit er optimal wächst“, erläutert Oliver Fink, Vorsitzender des Verbands der Gartenbaumschulen in Haan. Der Erziehungsschnitt erfolgt bis zum Ertragsbeginn. Nur in dieser Zeit ist ein Anschneiden der Leitastverlängerung zur Stärkung des Baumes sinnvoll.
Um das Wachstum und die Verzweigung der Leitäste und der Stammverlängerung zu fördern, werden diese jährlich um ein Drittel eingekürzt. Bei schwachtriebigen Jungbäumen etwas mehr, bei starktriebigen weniger. Anders sieht es bei Buschbäumen – sie haben kurze Stämme – und Obstbäumen auf schwachwachsenden Unterlagen sowie Säulenobst aus. Sie benötigen keinen Erziehungsschnitt.
Womit schneidet man die Gehölze am besten?
Mit dem richtigen Werkzeug macht die Arbeit Spaß und geht leicht von der Hand. Entsprechend sollte man investieren. „Mit Ast- und Teleskopscheren sowie sogenannten Japansägen lassen sich dickere Äste abtrennen“, sagt Baumpfleger Drübert. „Für Zweige eigenen sich BypassScheren. Ich persönlich finde Amboss-Scheren weniger geeignet.“Letztere haben nur eine bewegliche, schneidende Klinge, die auf eine feststehende Metalloberfläche trifft – den Amboss. Bypass-Scheren haben zwei bewegliche Klingen.
Wichtig ist, dass das gewählte Schnittwerkzeug sauber und scharf ist. Denn stumpfe Werkzeuge führen zu gequetschten, zerfransten Wunden. Kommt das mal vor, sollte man die Stelle mit einem Messer oder einer Hippe nachglätten.
Sofern nicht mit Teleskopgeräten sicher vom Boden gearbeitet werden kann, sollten Hobbygärtner nur gute Leitern mit einer hohen Standfestigkeit verwenden. Diese sollten das Siegel für Geprüfte Sicherheit (GS) tragen. Bei Obstbaumleitern sind gemäß der DIN-Norm 68363 sieben Zentimeter lange Spitzen vorgeschrieben, die sich in den Boden stecken lassen und für mehr Standsicherheit sorgen.