Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Haus- und Grundbesitzerverein wird 100 Jahre alt
Weingartener Verein ist der größte seiner Art in Oberschwaben – Er zählt zurzeit 2200 Mitglieder
WEINGARTEN - Am Ende des Ersten Weltkriegs 1918 gegründet, gehört der Haus- und Grundbesitzerverein in Weingarten heute mit 2200 Mitgliedern zu den größten Vereinen der Welfenstadt. Und auch innerhalb seiner Gruppe ist der Haus-, Wohnungsund Grundeigentümerverein Weingarten und Umgebung (HuG) der größte in Oberschwaben. Im Laufe der Zeit hat sich die Rechtsberatung rund ums Haus immer weiter ausgedehnt. Der Generationenwechsel an der Spitze der Interessenvertretung von Haus- und Wohnungsbesitzern ist dieses Jahr geschehen. Der Rechtsanwalt Marco Linse löste Josef Staudacher ab. Beim Festakt anlässlich des 100-jährigen Bestehens des HuG am 13. November im Kulturund Kongresszentum spricht der Justizminister von Baden-Württemberg, Guido Wolf.
Was hat sich in diesen Hundert Jahren nicht alles Weltbewegendes verändert. Gleichgeblieben sind rechtliche Fragen und Probleme rund um Hausbesitz und Vermietung. Das hat bereits die Gründungsmitglieder des HuG 1918 umgetrieben, ob Auseinandersetzungen mit Mietern oder Behörden wegen zu vieler Abgaben und Steuern. Dies geht aus der Chronik des Haus-, Wohnungs- und Grundeigentümervereins Weingarten und Umgebung hervor, die anlässlich des 75-jährigen Bestehens des Vereins 1993 herausgekommen ist.
Ein Beratungsbedarf, der sich, laut dem Vorsitzenden Marco Linse, seither natürlich enorm ausgeweitet hat. Ob Miet- oder Nachbarschaftsrecht, Steuerfragen oder energetischer Sanierungsbedarf. Kostenlos erhalten die Mitglieder des HuG Beratung von Experten zu all den Themen rund ums Haus. Seit 1987 hat der Verein seine Geschäftsstelle in der Gartenstraße 17, wo wöchentliche Sprechstunden angeboten und Mietverträge und Broschüren bezogen werden können. Überdies gibt es Beratung einmal im Monat in Leutkirch. Rundbriefe, Vorträge und Verbandszeitung informieren zudem über Themen zu Haus-, Wohnungsund Grundeigentum.
Mit 70 Mitgliedern hat es 1918 begonnen. Heute sind es 2200 Mitglieder. Habe es früher für Geschäftsleute des Gewerbevereins zum guten Ton gehört, auch Mitglied im HuG zu sein, so habe sich dieses Verhalten komplett gewandelt, sagt Josef Staudacher, der stellvertretende Vorsitzende, der 31 Jahre die Geschicke des Vereins leitete und nun im Mai diesen Jahres die Arbeit in die jüngeren Hände des Rechtsanwaltes Marco Linse gelegt hat. „Heute tritt man in den Verein ein, wenn sich Probleme auftun – sind die gelöst, sagt man wieder Tschüss.“Die Fluktuation sei hoch. 57 Euro beträgt der Jahresbeitrag. Das sei in etwa die Hälfte, die eine Beratung beim Rechtsanwalt kostet. Darauf weist Herbert Linz hin, langjähriger Vize des HuG und nun Ausschussmitglied.
Was sich durch die 100-jährige Geschichte des Vereins auch wie ein roter Faden zieht, ist der Kampf mit Staat und Politik um Rechte von Hausbesitzern gegenüber Mietern und der Streit um Steuern und Abgaben. Hauseigentümer seien nicht die „Melkkühe der Nation“, mit denen man die Haushaltslöcher der Kommunen stopfen könnte, ist immer wieder der Tenor in den Versammlungen. Seit den 1950er-Jahren waren es vor allem die Vorsitzenden Leo Deuringer, Karl Wechsel und Josef Staudacher, die über Jahrzehnte den Verein sehr engagiert führten und selbstbewusst die Interessen ihrer Mitglieder vertraten.
Mehr als 20 Jahre arbeitete der HuG federführend mit dem Mieterbund an dem Mietspiegel für die Städte Ravensburg, Weingarten, Wangen und Leutkirch mit, bis das 2009 dann Sache der einzelnen Gemeinden wurde. Wenn der Wohnungsmarkt auch hier angespannt sei, die Mieten entsprechend, so sei man doch weit entfernt von Verhältnissen wie in München und anderen Großstädten, sagt Steinhauser, wo Immobilienhaie Wohnungen luxussanieren, die dann für die meisten nicht mehr erschwinglich sind. 80 Prozent der Mitglieder des HuG seien private Vermieter, denen ein guter Mieter, der auf die Wohnung achte, mehr wert sei, als immer nur Höchstmieten zu kassieren. Oftmals hätte der Verein auch dämpfende Wirkung auf überzogene Mietvorstellungen, sagt Herbert Linz.
Gegen die Wohnungsnot empfiehlt Linz unter anderem mehr staatliche Anreize für Investoren zu schaffen. Die ganze Untere Breite in Weingarten sei in den 1970er-Jahren mit der 7b-Abschreibung hochgezogen worden. Solche steuerlichen Begünstigungen würden den Wohnungsbau ankurbeln. Am Dienstag, den 13. November, wird im Kulturund Kongresszentrum die 100-jährige Vereinsgeschichte des HuG gefeiert. Den Festvortrag hält Justizminister Guido Wolf.
„Heute tritt man in den Verein ein, wenn sich Probleme auftun – sind die gelöst, sagt man wieder Tschüss.“Josef Staudacher, stellvertretender Vorsitzender
Der Haus-, Wohnungs- und Grundeigentümerverein Weingarten befindet sich in der Gartenstraße 17, Weingarten, und ist erreichbar unter Telefon 0751 / 42764.