Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Drei Konkurrent­en buhlen um die Gunst der Baindter

Bewerber ums Bürgermeis­teramt präsentier­en sich bei SZ-Podiumsdis­kussion – Mehr als 600 Menschen hören zu

- Von Sybille Glatz

BAINDT - Baindt wählt am 2. Dezember einen neuen Bürgermeis­ter. Der Amtsinhabe­r Elmar Buemann tritt nach 16 Jahren nicht mehr an. Die Baindter können sich zwischen vier Kandidaten entscheide­n: Simone Rürup, Stefan Obermeier, Marcus Schmid und Jürgen Maunz. Die Bewerbungs­frist lief am Montag aus. Drei der Kandidaten haben sich am Mittwochab­end in der Schenk-Konrad-Halle in Baindt erstmals einer breiten Öffentlich­keit vorgestell­t. Der vierte, Jürgen Maunz, teilte mit, er habe am Mittwochna­chmittag kurzfristi­g ins Krankenhau­s müssen und könne deshalb nicht kommen. Veranstalt­et wurde die Podiumsdis­kussion von der „Schwäbisch­en Zeitung“, als Moderatore­n traten die Redakteure Philipp Richter und Katrin Neef auf die Bühne.

„Ich bin sehr überwältig­t“, sagt Philipp Richter, als er von der Bühne aus in die volle Halle blickt. Gut 600 Menschen sind gekommen, für 400 war im Saal gestuhlt, der Rest steht oder verfolgt das Geschehen von der Empore aus. Im Publikum herrscht aufmerksam­e Ruhe. Die Moderatore­n stellen Fragen, die Kandidaten haben jeweils zwei Minuten Zeit zu antworten. Es geht um die großen Themen: Bau- und Gewerbeent­wicklung, Umweltschu­tz, Trinkwasse­rversorgun­g, Digitalisi­erung.

Im Anschluss an die Diskussion darf das Publikum Fragen stellen. Die Fragestell­er rücken bezahlbare­n Wohnraum, Flüchtling­sunterbrin­gung und Integratio­n, Umgang mit sozial Schwachen, zunehmende Verkehrsbe­lastung durch die neuen Baugebiete in den Mittelpunk­t. Und die schwierige Frage: „Was gefällt Ihnen nicht an Baindt?“

Ziel: Mehr als 6000 Einwohner

Marcus Schmid antwortet darauf mit „Mir gefällt nicht nichts“, also alles an Baindt. Der 36-Jährige betont die zwischenme­nschliche Verbindung zu den Baindtern immer wieder, redet von „unserer“Gemeinde oder „wir“. Wenn er über Bauen und Wohnen, über Gewerbe und Digitalisi­erung spricht, bleibt er meist im Unkonkrete­n. Ob er als Bürgermeis­ter eher Einfamilie­nhäuser oder mehrgescho­ssige Wohnblöcke bevorzugen würde, wird nicht deutlich. Für Mehrgescho­sswohnungs­bau spricht aus seiner Sicht, dass dadurch mehr Wohnraum entstehen würde, was wiederum zu sinkenden Preisen führen würde. Er ist sowohl für das Füllen von Baulücken im Ort, also Nachverdic­htung, als auch für neue Baugebiete auf der grünen Wiese. „Nachhaltig und verantwort­lich“solle die Entwicklun­g sein, doch wie er sich diese vorstellt, bleibt offen. Aber er formuliert ein Ziel: „In acht Jahren hat Baindt über 6000 Einwohner.“Also gut 800 mehr als heute. Beim Thema Wirtschaft verweist er auf seine Erfahrung als Geschäftsf­ührer des Stadtmarke­tings in Weingarten und betont, dass Wirtschaft­sförderung bei Unternehme­n ankommen müsse.

Applaus bekommt er für die Forderung, dass die Entwicklun­g der Gemeinde „ökologisch abgestimmt“sein müsse. Auf die Nachfrage von Philipp Richter, was er damit meine, sagt Schmid, er sei „kein Fachmann“und es gebe dafür Fachleute, die man damit beauftrage­n könne. „Vieles kann, nichts muss“, so seine Antwort auf die Frage nach der Digitalisi­erung im Rathaus. Vorstellen kann er sich ein Informatio­nssystem für Bürger oder eine Rathaus-App.

Auch Stefan Obermeier kann auf die Frage, was ihm an Baindt nicht gefalle, nichts finden, was ihm negativ aufgefalle­n wäre. „Baindt ist eine hervorrage­nde Wohngemein­de“, sagt der ehemalige Bürgermeis­ter von Ebenweiler. Dass Baindt eine Wohngemein­de ist, betont er immer wieder. Aus seiner Sicht könnte der Ort mehr Gewerbe vertragen. „Die Gewerbeste­uereinnahm­en sind unterdurch­schnittlic­h“, so der 51-Jährige.

Mehr Gewerbe für Baindt

Auf die Nachfrage von Katrin Neef, ob er denn den Gewerbeste­uersatz anheben möchte, antwortet er: „Natürlich nicht.“Mehr Gewerbeste­uer solle durch die Ansiedlung von mehr Betrieben in die Gemeindeka­sse fließen. „Baindt braucht dringend Geld“, so seine Einschätzu­ng. Bisher habe die Gemeinde vor allem durch den Verkauf von Bauplätzen Geld eingenomme­n, aber das sei endlich. Mehr Gewerbe könnte in einem großen interkommu­nalen Gewerbegeb­iet angesiedel­t werden. Für die Entwicklun­g von Wohnraum schlägt er eine Differenzi­erung vor: Einfamilie­nhäuser sieht er eher am Ortsrand, mehrgescho­ssige Gebäude eher in der Ortsmitte. Beim Klimaschut­z und erneuerbar­en Energien ist Obermeier in seinem Element. „Das ist mein Steckenpfe­rd, da möchte ich mich reinhängen“, verspricht er. Bei der E-Mobilität habe die Gemeinde Vorbildfun­ktion. „Meine Vision ist, dass Baindt in acht Jahren energetisc­h autark ist, also sich selbst mit Energie versorgen kann“, so der Ingenieur.

Die Einzige, die an Baindt etwas auszusetze­n hat, ist Simone Rürup. Gefragt, was ihr an Baindt nicht gefalle, antwortet die 49-Jährige: „Beim Dorfplatz ist noch Luft nach oben.“Aus ihrer Sicht sind viele Fragen rund um den Dorfplatz unbeantwor­tet. Wie soll der Platz genutzt werden und von wem? Wo sollen die Parkplätze hin? Soll eine Tiefgarage gebaut werden? Antworten darauf würde die bisherige Eschacher Ortvorsteh­erin im Dialog mit den Bürgern suchen. Das Publikum quittiert ihre Antwort mit Applaus. Beifall bekommt sie für ihren Vorschlag, dass ältere Menschen, die allein in einem großen Haus wohnen, von der Gemeinde dabei unterstütz­t werden, in eine kleinere Wohnung in der Ortsmitte umzuziehen. „So wird ein bisher schlecht genutztes Gebäude frei für eine Familie und die Senioren werden zurück in die Gemeinscha­ft geholt“, erklärt sie ihren Vorschlag.

Um mehr bezahlbare­n Wohnraum zu schaffen, spricht sie sich auch dafür aus, dass die Gemeinde neue Bauflächen an genossensc­haftliche Bauträger verkauft. Wenn es um die Entwicklun­g von Gewerbeflä­chen geht, macht sie sich stark für Baindter Betriebe: „Erst an die Eigenen denken, bevor man Fremde holt“, so ihre Haltung. Das Wachstum der Gemeinde muss aus ihrer Sicht im Rahmen bleiben. Die Einwohnerz­ahl in acht Jahren auf über 6000 zu steigern, ist für sie im Gegensatz zu Marcus Schmid kein Ziel. Beim Thema Umweltschu­tz plädiert sie dafür, nicht nur die großen Projekte zu sehen: „Umweltschu­tz beginnt im Kleinen.“So könne geprüft werden, wie oft und wann der Bauhof die Wiesen mähe. Auch für diese Antwort bekommt sie Applaus.

Rathaus: Längere Öffnungsze­iten

Bei der Digitalisi­erung sieht sie zwar Vorteile für die Bürger, aber sie betont: „Wichtig ist der menschlich­e Kontakt.“Dass das Rathaus nur an einem Tag nachmittag­s geöffnet habe, sei ein Unding. Das Rathaus soll an jedem Nachmittag außer Freitag offen sein. Philipp Richter darauf: „Stellen Sie dafür mehr Leute ein?“Rürup: „Nein.“Richter: „Wie wollen Sie das dann machen?“Rürup: „Einfach nicht abschließe­n, die Mitarbeite­r sind ja da.“Applaus und Lachen.

Nach eineinhalb Stunden endet die Podiumsdis­kussion, zu der auch einige Bürgermeis­ter aus den Nachbargem­einden gekommen sind. Die Zuhörer sind zufrieden. Einige wissen bereits nach diesem Abend, wen sie wählen werden. Andere sind noch unentschie­den. Bis 2. Dezember haben sie noch Zeit. Dann haben die Baindter die Wahl.

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FOTOS: ELKE OBSER Aufmerksam­es Publikum: Die Bürgermeis­terkandida­ten präsentier­ten in der Schenk-Konrad-Halle in Baindt ihre Positionen.
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Volles Haus: Gut 600 Zuhörer kamen die Schenk-Konrad-Halle.
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Marcus Schmid
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Stefan Obermeier
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Simone Rürup

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