Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Ins Gefängnis muss Joe Bausch nicht mehr
Dem „Tatort“bleibt der Arzt als Pathologe erhalten
WERL (dpa) - Das Fernsehpublikum kennt ihn als „Tatort“-Pathologen von Köln, im wirklichen Leben hat er Schwerverbrecher behandelt: Mit 65 Jahren geht Joe Bausch nun als Gefängnisarzt der Justizvollzugsanstalt Werl in Pension.
Was dann kommt? Jedenfalls kein Ruhestand. Dass sein Gesicht so bekannt ist, verdankt Bausch seinem anderen beruflichen Leben als Darsteller des Pathologen im Kölner „Tatort“. Für den 65-Jährigen gehören die beiden Berufe untrennbar zusammen: „Wenn du keine Lust hast, Menschen genau zu beobachten, kannst du sie weder spielen, noch bist du ihnen ein guter Arzt“, sagt Bausch, der schon im Gespräch meist mehrere Dinge gleichzeitig tut: Er raucht, telefoniert, bewirtet seine Gäste mit Kaffee, räumt Unterlagen für die Moderation eines Ärztekongresses beiseite.
Beide Berufe seien für ihn stets mehr gewesen als Broterwerb. Ursprünglich habe es ihn zum Theater gezogen, ihn den „Bauernbub aus dem Westerwald“. Dass er dann doch auf den Mediziner-Job setzte, mag auch an dem Leistungsprinzip gelegen haben, was er schon früh aufsog: „Wer etwas leistet, wird wertgeschätzt. Das lernst du als ältester Sohn auf einem Bauernhof schnell.“
Er schmeißt zwar so manches Studienfach, arbeitet beim WDR in Köln, steht auf der Stadttheaterbühne in Marburg, wo er auch eine florierende Kneipe führt. Schließlich landet er bei der Medizin und im Ruhrgebiet. Er hängte sich rein – ohne die Schauspielerei bleiben zu lassen. Anfang der 1980er-Jahre war er ein Gesicht des umtriebigen „Theaterpathologischen Instituts“, einer Gruppe, die mit freizügigen Stücken im Revier für Furore sorgte. Dieses Engagement hätte ihn fast die Anstellung im Strafvollzug gekostet: Der Chef des Justizkrankenhauses fand: . „Zu nah an der Klientel.“
Aushängeschild des Strafvollzugs
Heute ist der Mann, der im fiktionalen Leben Mörder jagt und im echten behandelt, zu einem Aushängeschild des Strafvollzugs geworden: Joe Bausch hat in Büchern, Fernsehsendungen und Interviews darüber berichtet, wie es zugeht hinter Gittern. Seine Karriere spiegelt auch ein Stück Justizgeschichte. Gemeinsam mit Kollegen habe er Ende der 1980er- Jahre auch einen Wandel in der Anstaltsmedizin angestoßen – von der autoritären Knastmedizin hin zu einer ordentlichen Medizin im humanen Strafvollzug.
Im Justizkrankenhaus musste er mit RAF-Terroristinnen im Hungerstreik umgehen. Im Hochsicherheitsgefängnis von Werl behandelte Geiselnehmer, Kindervergewaltiger, Mehrfachmörder.
Dass ihm Manches unter die Haut ging, verhehlt er nicht. „Vielleicht habe ich vieles auch nur deshalb so gut ausgehalten, weil ich die Perspektive des Theater- und Filmmenschen eingenommen habe.