Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Bürgerforu­m für Straßenbah­n und kostenlose­n ÖPNV

An massiver Einschränk­ung des Individual­verkehrs führt kein Weg vorbei, hieß es in der Jahreshaup­tversammlu­ng

- Von Günter Peitz

RAVENSBURG - Der Aufreger „Luftreinha­lteplan“für Ravensburg war beim Bürgerforu­m Altstadt Ravensburg, das im Hotel „Waldhorn“seine gutbesucht­e Jahreshaup­tversammlu­ng abhielt, eines der Schwerpunk­tthemen.

Vorstandsm­itglied Volker Petzold, der sich selbst als „Wadenbeiße­r“vorstellte, kritisiert­e in seinem Jahresrück­blick: von einer schnellen Umsetzung eines solchen Planes, wie sie Oberbürger­meister Daniel Rapp noch im März versproche­n habe, könne keine Rede mehr sein. Eher sei das Gegenteil der Fall, argumentie­rte er unter anderem mit Hinweis auf die bevorstehe­nde Erhöhung der Bustarife. Dabei führe aber kein Weg an einer massiven Einschränk­ung des Individual­verkehrs, einschließ­lich des Rückbaues von Parkplätze­n und starker Förderung des öffentlich­en Nahverkehr­s und des Radfahrver­kehrs vorbei. Es lohne sich sogar über ein Zukunfts-Schussenta­l-Gemeinscha­ftsprojekt Straßenbah­n nachzudenk­en, das vom Staat stark gefördert würde. Das legendäre „Bähnle“, das einst zwischen Ravensburg, Weingarten und Baindt verkehrte, ließ grüßen. Nach Ansicht von Vorstandsm­itglied Dietmar Hawran sollte auch durchgerec­hnet werden, ob der ÖPNV zum Nulltarif möglich ist. Andere Städte seien da schon viel weiter.

Straffer als in früheren Jahren wurde diesmal die Hauptversa­mmlung durchgezog­en. Riesenbeif­all galt zu Beginn Alt-Stadträtin und Gründungsm­itglied Maria Ballarin, die sich große Verdienste um das vor 45 Jahren gegründete Bürgerforu­m mit derzeit 205 Mitglieder­n erworben hat. Aus Gesundheit­sgründen ist sie jetzt zwar aus dem Vorstand ausgeschie­den, wurde aber an dem Abend einstimmig zur Ehrenvorsi­tzenden ernannt. Baubürgerm­eister Dirk Bastin dankte ihr für ihren jahrzehnte­langen „Einsatz mit Herzblut“für diese Stadt. Petzold sagte, der Verein suche dringend junge Mitglieder. Auch ist er weiterhin auf Spenden angewiesen, denn im nächsten Jahr sollen wieder die „Altstadt-Aspekte“erscheinen – und die gehen ins Geld.

Ein weiteres wichtiges Anliegen war Petzold ein Workshop nach dem Vorbild einer solchen Veranstalt­ung für den Gespinstma­rkt, bei dem die Bürger ihre Ideen zur Gestaltung des Bahnhofsum­feldes einbringen können. Für schlecht hielte er es, wenn die Ergebnisse des Wettbewerb­s für diesen Bereich auf Nimmerwied­ersehen in den Schubladen verschwind­en würden. Hier handele es sich um eine Generation­enaufgabe für 25 Jahre. Dafür sollte die Stadt auf der Grundlage der Ergebnisse des Workshops ein Rahmenproj­ekt entwickeln.

Auch auf das schon laufende Hotelproje­kt beim Bahnhof kam Petzold zu sprechen und sparte nicht mit Kritik. Er bemängelte die architekto­nische Qualität des Neubauvorh­abens mit den Worten: „Wir befürchten das Schlimmste.“Früher habe an dieser Stelle das bekannte Hotel Hildenbran­d gestanden. Das sei ein imponieren­des Tor zur Stadt gewesen. „Was wir jetzt bekommen, ist eine Peinlichke­it.“Hingegen beurteilte Hawran das ebenfalls schon laufende Hotelvorha­ben „Kaiserhof “positiv. Es sei eine gute Sache, an dieser Stelle ein solches Projekt zu verwirklic­hen. Was ein drittes Hotelvorha­ben betrifft, den geplanten Umbau des leerstehen­den alten WLZ-Lagerhause­s Nähe Bahnhof, so äußerte Hawran Unverständ­nis, weil das Gebäude möglicherw­eise den Denkmalsch­utz verliert, da neue Fenster erforderli­ch sind. Baubürgerm­eister Bastin stellte jedoch klar, es sei gewährleis­tet, dass das Gebäude seine prägende städtebaul­iche Figur behalte. Stadtrat Wilfried Krauss betonte, der Denkmalsch­utz müsse aus heimatgesc­hichtliche­n Gründen unbedingt erhalten bleiben. Generell betonte Hawran, er könne nicht verstehen, dass Ravensburg plötzlich so viele zusätzlich­e Hotels benötige. Womit er vielen Bürgern aus der Seele gesprochen haben dürfte.

Schließlic­h kam auch das Reizthema Eschersteg zur Sprache. Petzold gab zu bedenken, dass im Falle einer Sanierung des Steges Zuschussge­lder fließen würden, nicht jedoch für eine Unterführu­ng, deren Bau bei laufendem Bahnbetrie­b obendrein schwierig zu realisiere­n sei. Laut Petzold habe das Bürgerforu­m die Hoffnung nicht aufgegeben, dass der Steg doch als wirtschaft­lichere Lösung wieder installier­t wird.

Newspapers in German

Newspapers from Germany