Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Eine Ehre und ein Genuss
Michael Moravek begeistert bei seinem Auftritt in der Linse
WEINGARTEN - „In Transit (is what we are)“nennt der PlaneaustersSänger Michael Moravek sein erstes Soloalbum. Stimmt. Auf der Durchreise sind wir ja alle. Ein paar der etwa 50 Zuschauer in der Linse am vergangenen Freitagabend werden aber garantiert hängen bleiben, bei diesem intensiven, intelligenten Musiker. Denn mit seiner geerdeten Attitüde und seiner wunderbar unaufgeregten Stimme, seiner feinen Band und den zeitlos bezaubernden Songs lässt er den Zuhörern Raum.
Manchmal muss man gönnen können. So wie der beeindruckend zurückhaltende Sänger und Songschreiber Moravek – der sich im Line-Up offensichtlich immer zuletzt nennt, damit Tribut seinen allesamt begnadeten Bandmitgliedern zollt: William Widmann, dem Schlagzeuger, der besser Schlag-Zauberer heißen sollte, der selbst zwischen den Songs nicht die Hände still halten kann, sich an die Unterseite der Schenkel klopft. Und die Drums so selbstverständlich schlägt, wie andere atmen. Einer, der die Stücke fühlt, mit geschlossenen Augen, die Lippen lächelnd. Oder Michael Huber, dem Posaunisten, einem musikalischen Satansbraten im Outfit des AlmÖhis.
Würde bei der Chronistin demnächst ein Lazy-Bus-Trip anstehen – Moraveks Lieder müssten mit. Am besten in einen alten VW-Bus, der gleichmütig die Straße unter die Räder nimmt. Dann zack: die TransitCD in den Player und die Gedanken fliegen. Denn diese Musik, diese Lyrics von Herz und Liebe, von Freiheit und vertanen Chancen passen ins Auto, zum Sonnenuntergang, zu weinseligen Gesprächen, zu Seelennot wie zu stillem Glück. Und lassen das Kopfkino anspringen. Wer vorauseilend die Kategorie „Fahrstuhlmusik“aufmacht, der irrt und tut massiv Unrecht. Denn Moravek streift mit seinen fünf Musikern durch ruhige Gefilde ohne platt zu werden. Er erzählt Geschichten vom Leben ohne laut zu sein.
Mal ist der 51-Jährige unangefochten Frontman und Leader, der aussieht wie der bessere Bruder von Jon Bon Jovi. Dann wieder ist er bescheidener Mit-Spieler, der seinem begnadeten Posaunisten Platz macht oder William Bruce Kollmar, dem Bassisten mit der Optik eines Hirnchirurgen – und genau dessen Händchen – oder sich am Spiel seines Pianisten (Ayu Tupac Requena Fuentes) ergötzt. Ach, und ja: „Spielfreude“, dieser Terminus, der in Konzertbesprechungen bis zum Erbrechen Verwendung findet, wäre hier definitiv zu wenig.
Man muss dieses Konzert einfach genießen. Oder wie Moravek nach den dringend eingeforderten Zugaben sagt: „Es ist mir eine Ehre und ein großes Vergnügen“. Moravek meint damit, mit diesen Leuten auf der Bühne stehen zu können. Die Zuschauer nicken. Sie meinen: Es war ein Genuss, diesen charaktervollen Könnern zuhören zu dürfen.