Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Einige Mieter werden mehr zahlen
Finanzminister Olaf Scholz (SPD) schlägt ein neues Berechnungsmodell für die Grundsteuer vor – Mieter fürchten sich vor stark steigenden Abgaben. Das Bundesfinanzministerium versuchte am Montag, dessen Ängste zu zerstreuen. Die mögliche zusätzliche Belastung werde sich in der Größenordnung eines „mittleren zweistelligen Euro-Betrages pro Jahr“und Wohnung bewegen, hieß es im Haus von Scholz. Es geht also um etwa 50 Euro pro Jahr oder vier Euro monatlich – und zwar erst ab 2025.
Für die Berechnung der Grundsteuer auf Häuser, Wohnungen und Grundstücke muss ein neues Verfahren her. Das Bundesverfassungsgericht hat die bisherige Methode verworfen. Das Verfahren basiert bislang auf veralteten Einheitswerten der Immobilien, die in Westdeutschland von 1964, in Ostdeutschland von 1935 stammen.
Die Einnahmen aus der Grundsteuer – derzeit rund 14 Milliarden Euro jährlich – stehen den Kommunen zu. Für vermietete Wohnungen können die Immobilienbesitzer sie auf die Mieter abwälzen. Bund und Länder haben bereits vereinbart, dass das Aufkommen aus der Steuer insgesamt nicht steigen soll. Durch die Neuberechnung könnte es jedoch zu einer etwas höheren Steuer in attraktiven Gegenden mit steigenden Mieten kommen. In ländlichen Regionen, in denen Immobilienpreise stagnieren, mag die Steuer sinken. Genaue Rechenmodelle gibt es noch nicht.
Scholz’ Vorschlag einer „wertabhängigen Grundsteuer“beinhaltet ein dreistufiges Berechnungsverfahren. An die Stelle der veralteten Einheitswerte tritt zunächst eine Formel, in die fünf Größen eingehen: Nettokaltmiete, Wohnfläche, Baujahr des Gebäudes, Grundstücksfläche und Bodenrichtwert. Für selbstgenutzte Wohnimmobilien wird eine fiktive Miete angenommen, die auf Daten des Mikrozensus beruht. Gestiegene Mieten und Grundstückswerte besonders in Großstädten werden sich dabei niederschlagen.
Steigerung entgegenwirken
Die zweite Stufe bildet eine Steuermesszahl, mit der der Immobilienwert multipliziert wird. Diese legt der Bund fest. Sie soll niedriger ausfallen als bisher, um einer zu starken Steigerung der Grundsteuer entgegenzuwirken. Im dritten Schritt wenden die Kommunen jeweils eigene Hebesätze an – also eine Zahl, mit der sie die vorgegebene Steuermesszahl multiplizieren. Aus der Multiplikation ergibt sich dann die endgültige Steuer. Städte mit hohen Mieten können den Hebesatz niedrig ansetzen, um Belastungen zu vermeiden. Will eine Stadtverwaltung mehr Einnahmen erzielen, kann sie aber auch einen hohen Hebesatz berechnen.
Bayerns Finanzminister Albert Füracker (CSU) kritisierte Scholz’ Vorschlag unter anderem als zu kompliziert. Außerdem könne er zu höherer Grundsteuer für bestimmte Eigentümer und Mieter führen. Aus diesem Grund lehnt auch der Deutsche Mieterbund das neue Modell ab. Er plädiert für eine Grundsteuer, die sich nur auf den Bodenwert stützt. Außerdem soll sie nicht mehr auf die Mieter umgelegt werden dürfen.
Das Bundesfinanzministerium will das Gesetz bis Ende 2019 unter Dach und Fach bringen. Ab 2020 müssten die Immobilienbesitzer dann Steuererklärungen auf Basis der neuen Methode abgeben. Bis spätestens 2025 soll die neu berechnete Steuer überall erhoben werden. An diesem Mittwoch will Scholz mit seinen Länderkollegen diskutieren.