Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Abfahrt im Stundentakt soll Busfahren attraktiver machen
Neuer Knotenpunkt wird der Busbahnhof an der Horgenzeller Schule
HORGENZELL - Die Gemeinden Horgenzell und Wilhelmsdorf können mit deutlichen Verbesserungen im öffentlichen Nahverkehr rechnen: Die Busse auf der Hauptstrecke fahren künftig von sechs bis 20 Uhr stündlich, an Schultagen zeitweise sogar halbstündlich. Freitag- und Samstagnacht geht der letzte Bus ab Ravensburg um 1.08 Uhr. Und die Teilorte werden besser an den öffentlichen Nahverkehr angeschlossen. Los geht es zum Fahrplanwechsel am 2. Advent.
Für Bodo, den Bodensee-Oberschwaben Verkehrsverbund, ist der Raum Wilhelmsdorf-Horgenzell-Deggenhausertal eine Modellregion. „Stellvertretend für den gesamten ländlichen Raum wollen wir hier ausprobieren, ob verbesserte Fahrpläne mehr Nutzer anlocken, die dann wiederum das erweiterte Angebot finanzieren“, erklärt Verkehrsmanager Stefan Leinweber. Eigentlich werde die Strecke 7538 von Illmensee über Wilhelmsdorf und Horgenzell nach Ravensburg bereits recht häufig von Bussen befahren. Aber die Struktur des Fahrplans sei kompliziert und die Abfahrtszeiten könne sich ein Gelegenheitsfahrer kaum merken.
Schüler sind größte Nutzergruppe
Künftig sollen die Busse zu festen Zeiten fahren, also zum Beispiel immer 13 Minuten nach der vollen Stunde. In der Hauptverkehrszeit wird auf alle halbe Stunde verdichtet. Ein Problem für die Planer war, dass die Schulstunden sich nicht an den Stundentakt halten, sondern 45 Minuten dauern. „Schlimmstenfalls hätten die Schüler 55 Minuten auf den Bus warten müssen – das wollten wir vermeiden“, sagt Verkehrsmanager Leinweber. „Immerhin sind die Schüler unsere größte Nutzergruppe.“In ihrem Interesse gebe es einige geringfügige Abweichungen vom Stundentakt.
Das neue stündliche Busangebot gilt für die Hauptachse WilhelmsdorfHorgenzell-Ravensburg. Neuer Knotenpunkt für den Modellraum soll die Haltestelle „Horgenzell Schule“werden. „Sie ist viel größer, bietet Platz zum Umsteigen und ist für die Schüler nicht so gefährlich wie die Haltestelle an der Landesstraße“, sagt Leinweber. Vom Busbahnhof an der Schule wird die Linie 7539 künftig nach Zogenweiler und Danketsweiler fahren.
Der Busbahnhof ist ebenfalls Startpunkt für die neue Linie 42: Sie verbindet Horgenzell über Winterbach, Sattelbach und Kappel mit Wittenhofen im Deggenhausertal. Auf dieser Strecke ist Zwei-Stunden-Takt geplant. „Wir sind sehr gespannt, ob die neue Verbindung ins Deggenhausertal so angenommen wird“, sagt der Verkehrsmanager. Stolz ist er vor allem auf das „Rendezvous-System“am Horgenzeller Busbahnhof. Wer dort abfährt oder umsteigt, hat dank der abgestimmten Taktung vier Busse gleichzeitig zur Auswahl: nach Ravensburg, Wilhelmsdorf, Danketsweiler und Wittenhofen.
Schlenker über die Teilorte
Und wenn jemand nach Wolketsweiler oder Wilhelmskirch will? Kein Problem, sagt Leinweber. Alle zwei Stunden fahren die Busse auf der Hauptachse nicht auf der Landesstraße 288 über Gossetsweiler, sondern machen einen Schlenker über die beiden Teilorte. Wer aber zum Beispiel von Ravensburg nach Wolketsweiler will und den Bus über Gossetsweiler erwischt hat, der kann immer noch bis zum Horgenzeller Busbahnhof fahren und von dort zurück in seinen Teilort, erklärt der Verkehrsmanager. „So kommt man von Ravensburg jede Stunde nach Gossetsweiler und jede Stunde nach Wolketsweiler.“
Die Nachtbusse am Wochenende, die früher um 20 Uhr und um 23 Uhr von Ravensburg zurückfuhren, starten künftig um 22 Uhr und um 1 Uhr. „Das ist vor allem für die Jugend interessant“, vermutet Leinweber. Alles in allem hat die Modellregion nach dem Fahrplanwechsel deutlich mehr Busfahrten zu bieten. Der Verkehrsmanager hofft, dass dann viele Menschen das Auto stehen lassen und mit dem Bus fahren. „Der Modellversuch läuft auf jeden Fall drei Jahre“, verspricht er. „Dann sehen wir weiter.“
Leinweber ist Verkehrsmanager der DB ZugBus Regionalverkehr AlbBodensee GmbH und zuständig für die Landkreise Ravensburg und Sigmaringen. Ausgetüftelt hat er das neue System zusammen mit Christof Bühler vom Omnibusverkehr Bühler und mit Maschinenbau-Ingenieur Tobias Schlosser, der an der Zeppelin University eine Masterarbeit über die Erschließung der Horgenzeller Teilorte geschrieben hat. Für den Fall, dass das neue System bei der Bevölkerung gut ankommt, hat Schlosser noch einige weitere Ideen zur Verbesserung in der Hinterhand, berichtet Verkehrsplaner Leinweber. Zum Beispiel könnte mit Rufbussen die komplette Gemeinde Horgenzell an den öffentlichen Nahverkehr angeschlossen werden. Horgenzells Hauptamtsleiter Andreas Flach spricht schon jetzt von einem „Riesengewinn“für die Gemeinde.