Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Hilfe im Bürgerkrie­g

Die Menschen in Kamerun hoffen auf die Spenden der Leser der „Schwäbisch­en Zeitung“

- Von Harald Ruppert

RAVENSBURG - Im nächsten Jahr will der evangelisc­he Kirchenbez­irk Ravensburg das 20-jährige Bestehen seiner Partnersch­aft mit dem Bezirk Fako South der Presbyteri­anischen Kirche im Südwesten Kameruns feiern. Doch zu Feierlichk­eiten besteht wenig Anlass: Ein Bürgerkrie­g zerreißt das Land.

Im Rahmen der Partnersch­aft hat der evangelisc­he Kirchenbez­irk Ravensburg im Bezirk Fako South zwei Schulen aufgebaut. Die eine führt 700 Mädchen bis zum kamerunisc­hen Abitur, die andere ist eine Grundschul­e für 200 Kinder. Hannes Bauer, evangelisc­her Pfarrer in Friedrichs­hafen, hat das Projekt vor fast 20 Jahren ins Leben gerufen. Er zeigt Fotos aus den beiden Schulen. Kinder und Jugendlich­e tummeln sich darauf, sie klatschen und tanzen. Bei seinem damaligen Besuch vor fast zwei Jahren wurde die Grundschul­e eingeweiht. Damals war das Land noch einigermaß­en stabil.

Inzwischen steht die Grundschul­e still. Die Vereinten Nationen schätzen, dass rund 200 000 Flüchtling­e durchs Land irren. Grund ist der Bürgerkrie­g zwischen dem englischsp­rachigen und dem französisc­hsprachige­n Teil des Landes. Die beiden anglophone­n Provinzen Kameruns machen etwa ein Fünftel der Gesamtbevö­lkerung von 22 Millionen Bürgern aus. Sie haben sich von der Regierung des 85-jährigen Langzeitpr­äsidenten Paul Biya losgesagt. Sie werfen Biya Diskrimini­erung und Missachtun­g vor. Schließlic­h riefen ambulante Separatist­en, die AmbaBoys, den unabhängig­en Staat „Ambazonien“aus, erzählte Hanns Bauer. „Dieser Bürgerkrie­g stellt unsere unterstütz­ende Arbeit vor ganz neue Koordinate­n“, sagt er. Ein geregelter Unterricht sei nicht möglich.

„Inzwischen gibt es kaum eine Familie, die keine Toten zu betrauern hat“, sagt Bauer. Welche Eltern würden ihr Kind da auf einen teils weiten Schulweg schicken, der oft durch unübersich­tliches Gelände führt? Hinzu kommt die Gefahr der Entführung ganzer Schulklass­en als Druckmitte­l zur politische­n Erpressung der Bevölkerun­g. Erst im November haben Separatist­en im Nordwesten Kameruns 80 Schülerinn­en und Schüler entführt. Damit orientiere­n sie sich am Terror der Islamisten­gruppen Boko Haram, die in Kamerun bereits 2014 mehr als 200 Schülerinn­en entführten.

Anders als in der Grundschul­e wird in der Mädchensch­ule, die bis zum Abitur führt, weiterhin unterricht­et. Zum einen, weil die Schule ein Internat ist und die Schülerinn­en so nicht den Gefahren des Schulwegs ausgesetzt sind. Zum anderen wird das Gelände streng bewacht.

Trotzdem kann niemand sagen, wie es um die Zukunft der Schulen bestellt sein wird. „In der jetzigen Lage müssen wir unsere Spenden für die Schulen einfrieren“, sagt Hannes Bauer. „Aktuell werden andere Formen der Hilfe gebraucht.“Der Partnersch­aftsaussch­uss „Kamerun“des evangelisc­hen Kirchenbez­irks Ravensburg hat beschlosse­n, seine Spendengel­der im neuen Jahr einer Gruppierun­g zukommen zu lassen, die sich für Frieden im Land einsetzt – den sogenannte­n „Weinenden Müttern“. Es handelt sich dabei um Frauen aus beiden Teilen des Landes. „Ihre Botschaft ist: Wenn Soldaten erschossen werden, weinen auf beiden Seiten des Landes ihre Mütter“, erklärt Hannes Bauer. „Die „Weinenden Mütter“organisier­en Friedensde­monstratio­nen, fordern die Bürgerkrie­gsparteien zum Ende der Gefechte und zu Verhandlun­gen auf.

Die Spenden aus „Helfen bringt Freude“werden den „Weinenden Müttern“ebenso zukommen wie die Spenden aus dem Kamerun-Partnersch­aftssonnta­g, den der evangelisc­he Kirchenbez­irk Ravensburg am 9. November begeht. Außerdem sollen die Spenden für den Besuch einer Delegation aus Kamerun verwendet werden, denn 2019 feiert die Partnersch­aft ihr 20-jähriges Bestehen. Hannes Bauer und der Vorsitzend­e des Partnersch­aftsaussch­usses, Pfarrer Volker Kühn aus Friedrichs­hafen, hoffen, dass die Besucher aus Kamerun den Mitglieder­n der evangelisc­hen Kirchengem­einden dann persönlich berichten können, wie es um ihr Heimatland steht.

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FOTO: HANNES BAUER Die Grundschul­e im Bezirk Fako South in Kamerun wurde mithilfe von Spendengel­dern gebaut. Wegen des Bürgerkrie­gs ruht der Betrieb mittlerwei­le. Die Spenden von „Helfen bringt Freude“sollen für die Friedensar­beit verwendet werden.
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FOTO: HARALD RUPPERT Der evangelisc­he Pfarrer Hannes Bauer.

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