Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Die deutsche Eishockey-Zukunft
Moritz Seider und Dominik Bokk wollen mit der U20 den Aufstieg schaffen
FÜSSEN - Bei der derzeit laufenden U20-Weltmeisterschaft in Füssen sind naturgemäß zahlreiche Scouts in der Eisarena. Schließlich stehen die besten Nachwuchsspieler aus Deutschland, Frankreich, Österreich, Lettland, Norwegen und Weißrussland auf dem Eis. Ganz sicher im Block haben die Scouts die deutschen Toptalente Moritz Seider und Dominik Bokk.
Die Vergleiche mit Leon Draisaitl hört Dominik Bokk immer häufiger. Viele Experten trauen dem 18-Jährigen zu, in der NHL eine ähnliche Rolle zu spielen wie der Stürmer der Edmonton Oilers. Doch das größte deutsche Eishockeytalent bremst die hohen Erwartungen. „Leon hat es sehr gut gemacht, ich brauche noch ein, zwei Jahre“, sagt Bokk. Statt in der besten Liga der Welt für die St. Louis Blues, die ihn im Sommer als erst fünften Deutschen in der Geschichte in der ersten Runde der NHL-Talenteverteilung zogen, läuft der Stürmer bei der U20-WM in Füssen auf – mit dem klaren Ziel Aufstieg. „Es ist ein herrliches Gefühl, eine WM in Deutschland zu spielen“, sagt Bokk. In der Heimat auf dem Eis zu stehen, ist für den gebürtigen Schweinfurter ein seltenes Vergnügen geworden. Seit fast eineinhalb Jahren spielt er in Schweden – weil er seinen deutschen Altersgenossen längst enteilt ist. Bei den Växjö Lakers wirbelte Bokk zunächst im Juniorenteam, durfte aber schon nach wenigen Monaten zud en Profis.
Auf eigenen Füßen stehen
„Sein Weg war sehr sinnvoll und gut“, sagt der U20-Bundestrainer Christian Künast. „In Schweden ist die Ausbildung auf einem läuferischen Topniveau.“Diese Saison spielt Bokk noch in Schweden – außer, St. Louis will ihn doch schon vorher. Einen Anruf aus Nordamerika würde er zudem ganz sicher annehmen. Die NHL ist das große Ziel des 18-Jährigen. „Es ist ein harter und langer Weg dahin“, sagt Künast. „Da gehört viel dazu, schließlich spielen da die Besten der Welt.“Bokk habe jedoch alle Voraussetzungen, um erfolgreich zu sein. „Er stellt sich auch bei uns in den Dienst der Mannschaft weil er weiß, dass er eine gute Mannschaft braucht, um Erfolg zu haben“, lobt Künast die Einstellung seines Topstürmers.
Beim schwedischen Meister Växjö spielt Bokk in der zweiten Sturmreihe und in der ersten PowerplayFormation. Drei Tore und sieben Vorlagen stehen zu Buche, „es macht mir Riesenspaß“. Bei seiner schwedischen Gastfamilie ist er ausgezogen, in einer neuen Wohnung „gleich neben der Eishalle“steht er nun auf eigenen Füßen. „Das Jahr lief perfekt“, sagt Bokk, „eigentlich so, wie ich es geplant hatte.“Wann er sein Debüt in der NHL geben darf, weiß er noch nicht. „Vielleicht holen sie mich noch in dieser Saison“, sagt er, „sonst versuche ich, mir im nächsten Jahr einen Platz zu erkämpfen.“
Moritz Seider ist zwar der jüngste Spieler im Kader der deutschen U20. Aber der Verteidiger der Adler Mannheim ist ihr Kapitän. „Er ist schon sehr erwachsen. Er wirkt reif, reifer als 17“, lobt der U20-Bundestrainer. „Er weiß ganz genau, was es braucht, um erfolgreich zu sein.“Weil Seider als 17-Jähriger noch länger für die U20-Nationalmannschaft spielen dürfte als etwa der Ravensburger Tim Brunnhuber, der auch zum deutschen Kapitänsteam gehört, fiel die Wahl von Künast und seinem Co-Trainer Toni Söderholm auf Seider. Beim 4:3-Sieg nach Penaltyschießen gegen Österreich zum Auftakt der WM steuerte der Mannheimer gleich einen wichtigen Treffer bei. „Wir sind teilweise wirr umhergerannt, das muss besser werden“, sagte Seider nach dem Auftaktsieg.
Brunnhuber gibt den Ton an
Beim 4:0 gegen Norwegen wurde es schon viel besser. Die nächste Hürde auf dem Weg zum erhofften Aufstieg ist am Mittwoch um 16.30 Uhr Lettland. „Das wird eine Stufe schwerer als die ersten beiden Spiele“, meint Künast. „Für mich ist Lettland einer der Mitfavoriten auf den Aufstieg.“Die Deutschen gehen jedoch mit Selbstvertrauen in die Partie vor eigenem Publikum. „Wenn wir die Fehler abstellen, dann sind wir schwer zu schlagen“, sagt Seider. Dass er als Kapitän aufläuft, ist für den 17-Jährigen übrigens nichts Besonderes. „Das ist doch nur ein Buchstabe auf dem Trikot. Wir sind ein super Team, in der Kabine darf jeder reden.“
Einer, der das auch macht, ist Tim Brunnhuber. Der Stürmer der Ravensburg Towerstars – zweifacher Torschütze gegen Norwegen – ist der Älteste im deutschen Kader. „Er hat Eishockey-Verstand und übernimmt Verantwortung auf und neben dem Eis“, lobt Künast. „Tim gibt den Ton an, aber gewissenhaft und ruhig.“
Für die Partien der deutschen U20-Nationalmannschaft in Füssen gegen Weißrussland (Donnerstag, 20 Uhr) und gegen Frankreich (Samstag, 16.30 Uhr) verlost die „Schwäbische Zeitung“jeweils viermal zwei Tickets. Um zu gewinnen, bitte bis Mittwoch, 18 Uhr, eine Mail mit dem Stichwort „U20“und der gewünschten Spielpaarung an redaktion.sport.ravensburg@schwaebische.de schicken. Die Gewinner werden benachrichtigt, die Karten liegen dann an der Tageskasse bereit.