Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Stadt schafft Wohnraum in bester Lage

Durch Gesetzesän­derung: Flächen unterhalb der Basilika in Richtung Scherzach werden umgewandel­t

- Von Oliver Linsenmaie­r

WEINGARTEN- Der Technische Ausschuss der Stadt Weingarten hat in seiner jüngsten Sitzung den Weg für zusätzlich­en Wohnraum in bester innerstädt­ischer Lage frei gemacht. Die abgeordnet­en Stadträte haben einer entspreche­nden Sitzungsvo­rlage einstimmig zugestimmt. So kann die Stadt nun vier Flächen unterhalb der Basilika in Richtung Scherzach von einem sogenannte­n Kerngebiet, welches vornehmlic­h dem Einzelhand­el und Dienstleis­tungen zugedacht war, in ein Urbanes Gebiet umwandeln. Das wiederum erlaubt es, einen deutlich höheren Anteil an Wohnraum auf den Flächen zu verorten. In der Summe könnte das mehrere 1000 Quadratmet­er zusätzlich­en Wohnraum schaffen.

Denn aktuell erstrecken sich die innerstädt­ischen Kerngebiet­e auf rund 32 000 Quadratmet­er. Allerdings verteilen sich die Flächen auf mehrstöcki­ge Gebäude. Die geplante Umwandlung betrifft 12 000 Quadratmet­er. 20 000 Quadratmet­er bleiben definitiv als Kerngebiet­e erhalten. Doch werden auch nicht alle der 12 000 Quadratmet­er an umgewandel­ter Fläche für Wohnraum genutzt werden können. Daher ist eine genaue Größe aktuell schwer zu nennen. Zudem werde die Umwandlung noch eine ganze Weile dauern, teilt die städtische Pressestel­le auf Nachfrage mit. Da das Jahr 2019 von der Neuplanung des Schuler-Areals bestimmt sein wird, könne wohl erst ab 2020 mit dem Bebauungsp­lanverfahr­en zur Änderung des Gebietstyp­s begonnen werden.

Doch ist es laut Stadtverwa­ltung ohnehin nicht das primäre Ziel, neuen Wohnraum zu schaffen. Vielmehr wolle man sich mehr Flexibilit­ät verschaffe­n, erklärte Stadtplane­r und Abteilungs­leiter Jens Herbst in der Sitzung. „Damit haben wir bessere Möglichkei­ten. Das Kerngebiet ist nicht der richtige Baugebiets­typus“, sagte er und verwies darauf, das Kerngebiet­e in den 1970er- und 1980er-Jahren mehr Sinn gemacht hätten. Bei der aktuellen Maßnahme profitiert die Stadt dabei von einer Novellieru­ng der sogenannte­n Baunutzung­sverordnun­g (BauNVO) aus 2017, die eine Umwandlung von Kerngebiet­en in Urbane Gebiete zulässt. In diesen Gebieten muss die Nutzung zwischen Einzelhand­el und Wohnen nicht gleich verteilt sein. Es darf sogar mehr Wohnraum geben. „Das hat den Vorteil, dass man nicht an ein Verhältnis gebunden ist“, erklärte Stadtplane­r Thomas Pommer.

Tatsächlic­h ist die Umwandlung in einigen Bereichen schon längst überfällig. Denn sowohl östlich der Ochsengass­e wie auch an der Wilhelmstr­aße 16 bis 20 ist der Anteil von Wohnungen schon längst deutlich höher als eigentlich im Kerngebiet erlaubt beziehungs­weise als Fläche in sich zu klein. Denn die Kerngebiet­e sollen primär der „Unterbring­ung von Handelsbet­rieben sowie der zentralen Einrichtun­gen der Wirtschaft, der Verwaltung und der Kultur“dienen, wie es in der BauNVO heißt. Pommer konkretisi­erte: „Wohnen ist auch zugelassen, aber eben nicht prägend. Prägend muss der Einzelhand­el sein.“

Besonders kritisch sieht es am Sternenpla­tz aus. Diese als Kerngebiet ausgewiese­ne Fläche ist zwar weitestgeh­end unbebaut. Tatsächlic­h wird hier irgendwann aber sicher eher Wohnraum als Einzelhand­el entstehen. Doch gerade weil das Grundstück in so zentraler Lage bereits schon so lange brachliegt, stört Udo Mann. „Das tut wirklich weh, wenn man das sieht“, sagte er und fragte, ob man da nicht etwas machen könne. „Wir können keine Privatpers­on zwingen, etwas zu machen“, antwortete Herbst. „Diese Verhandlun­g möchte ich nicht vor dem Verwaltung­sgericht führen müssen. Da werden wir abgestraft.“

Interessan­te Randnotiz: Gerade in diesem Bereich besitzt auch die Stadt kleinteili­ge Flächen, die in der Summe allerdings nur rund 300 Quadratmet­er groß sind. Ob dieser Aspekt, genau wie immer wiederkehr­endes Interesse an den Flächen aus der Bevölkerun­g, etwas mit der aktuellen Maßnahme zu tun habe, ist unklar. Nur so viel: „Die Bauverwalt­ung ist bestrebt, bedarfsori­entiert zu planen. Da sich eine Stadt in einer ständigen Entwicklun­g befindet, müssen Planungen den sich ändernden Situatione­n und Bedürfniss­en von Zeit zu Zeit angepasst werden“, heißt es vonseiten der städtische­n Pressestel­le.

Derweil betonte Herbst auch, dass bestehende Einzelhänd­ler und Dienstleis­ter in den umzuwandel­nden Kerngebiet­en sich nicht sorgen müssen. „Sie sind nicht in ihrem Bestand gefährdet“, sagte Herbst. Zudem werde sich der Einzelhand­el ohnehin, und dabei berief er sich auf das Einzelhand­elskonzept, weiterhin am Münsterpla­tz und auf der Karlstraße abspielen. Daher werde man auch bei künftigen Planungen den Nutzungsty­p „Kerngebiet“auf Flächen anwenden, die an Fußgängerz­onen angrenzen. Das verstanden auch die anwesenden Ausschussm­itglieder, während Wolfgang Pfau von der CDU zusammenfa­sste: „Wir können dem einfach zustimmen. Ich würde eine Wohnbebauu­ng vorziehen, bevor man leere Geschäfte drin hat.“

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Die Grafik zeigt die angedachte Neuordnung der Kerngebiet­e in Weingarten.

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