Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Mit ein bisschen mehr Risiko
Der Ex-Häfler Tomas Kocian fühlt sich in Düren extrem wohl – Pokalhalbfinale gegen VfB
DÜREN - Was Tomas Kocian sagt, das sagt er mit Überzeugung. „Düren ist meine Heimat. Hier bin ich zu Hause.“Zum dritten Mal in seiner Karriere hat der Zuspieler bei den Powervolleys angeheuert, ist zur laufenden Saison vom VfB Friedrichshafen in den Westen zurückgekehrt. Heute gibt es ein schnelles Wiedersehen in Kocians alter Heimat: Nach der Partie in der Volleyball-Bundesliga am Nikolaustag, steht um 18 Uhr (Sport1 und sporttotal.tv) der Showdown im Halbfinale des DVV-Pokals in der ZF-Arena auf dem Programm.
Nach drei Jahren bei den Häflern, in denen Tomas Kocian meist im Schatten von Regisseur Simon Tischer stand, hat er in Düren jetzt die Hauptrolle als erster Zuspieler übernommen. „Das ist natürlich eine ganz andere Verantwortung“, betont Kocian, „fast jeder zweite Ballkontakt hängt am Zuspieler.“Allerdings sammelte der inzwischen 30-Jährige gerade in der vergangenen Saison viel Matchpraxis beim VfB. „Ich habe von Simon gelernt, wie man eine Mannschaft führt und konnte mir vieles abgucken. Denn bei ihm gab es das Komplettpaket, auf und auch neben dem Feld.“Trotz zunehmender Spielanteile hätte sich aber schon zu Jahresbeginn abgezeichnet, dass sich die Wege des VfB und Kocians trennen würden. Trainer Vital Heynen hatte ihm signalisiert, zur neuen Saison einen Tischer-Nachfolger verpflichten zu wollen. „Wir haben früh miteinander gesprochen“, erinnert sich Kocian. Und Heynen habe ihm erklärt, es sei an der Zeit für ihn, bei einem anderen Klub auch 100-prozentig zum Einsatz zu kommen.
Drei erfolgreiche Jahre am See
Die positiven Worte des Coaches bei seinem Abschied bleiben Kocian indes in bester Erinnerung. „Es ist ja nicht üblich, dass Heynen Spieler mit Lob überschüttet“, schmunzelt Tomas Kocian. „Das war eine schöne Wertschätzung.“Sportlich gesehen waren die drei Jahre beim VfB seine erfolgreichste Zeit: zweimal Pokalsieger, zweimal Supercup-Gewinner. Ein Titel allerdings fehlt in der Sammlung. „Es ärgert mich noch immer extrem“, so Kocian, „dass wir nicht Deutscher Meister geworden sind. Das war immer mein großes Ziel – und in diesem Jahr waren wir doch so nah dran. Das war schon ein bitterer Moment.“
Ein weiterer wichtiger Grund für die Rückkehr in den Volleyball-Westen: Kocians Frau Christiane stammt aus Düren, arbeitet hier als Lehrerin. Und in Düren kann sich ihr Mann auch um das Leben nach dem Volleyball kümmern, bei einem Sponsorpartner des Vereins seine Masterarbeit in Business Management schreiben. Schon während der Zeit beim VfB war Kocian regelmäßig nach Düren gependelt. Viel Aufmerksamkeit nimmt auch das knapp zweijährige Töchterchen Lena in Anspruch. „Die Familie steht derzeit auf Platz 1. Ich habe mich in Düren immer extrem wohl gefühlt.“
Für Tomas Kocian ist der Saisonstart geglückt, wie auch für den jüngeren Bruder Adam bei den United Volleys Frankfurt. „Das freut mich für ihn, wir haben ein sehr gutes Verhältnis ganz ohne Volleyball-Neid.“Nach jedem Spiel tauschen sich die Kocians aus, sprechen über taktische Schachzüge gegen den jeweiligen Gegner – auch vor der Partie der Häfler am Sonntag gegen die United Volleys (3:2) gab es ein Telefonat. „Und in den ersten beiden Sätzen hat das ja auch gefruchtet“, schmunzelt Tomas Kocian. Bruder Adam sei mit seinen 23 Jahren im Vergleich allerdings schon deutlich weiter in der Entwicklung. „Er hat mit 17 schon in der Bundesliga gespielt, ich war da mit fast 24 eher ein Spätstarter.“Die beste Zuspielerzeit beginne aber jetzt mit 30 Jahren – wie Tomas Kocian meint. „Da hat man genug Erfahrung gesammelt und das bessere Gefühl für die Situation. Ein Zuspieler reift mit dem Alter.“
Für die heutige Partie dürfte der Regisseur der Powervolleys kaum Tipps von Bruder Adam benötigen, zu präsent ist da noch das 1:3 vom vergangenen Donnerstag. „Wir müssen trotzdem gar nicht so viel ändern“, glaubt Kocian, „vielleicht nur ein bisschen mehr Risiko gehen.“Das erste Wiedersehen mit dem VfB war trotz der Niederlage etwas ganz Besonderes. „Da stand nahezu die komplette Sechs auf dem Feld, mit der ich noch ein paar Monate vorher gespielt habe. Schon ein komisches Gefühl.“
Der Einzug ins Pokalfinale wäre für Kocian natürlich eine große Nummer – aber auch in der Liga sind die Powervolleys gut im Rennen. „Wir schauen von Spiel zu Spiel“, sagt der 30-Jährige. „Ich denke, dass in dieser Saison einige Teams den VfB und die Berlin Volleys ärgern können.“Und bei dieser Mission vertraut Tomas Kocian ganz auf sein Lebensmotto: „Wer alles gibt, kann alles erreichen.“