Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Wir müssen alle geschmeidiger werden
Das Leben ist eine unerbittliche Aufeinanderfolge von Zumutungen, denen man sich zu stellen hat. Wir wollen hier gar nicht auf die ganz großen, letzten Dinge zu sprechen kommen, die mit unserem Abschied von diesem Planeten ihren unschönen Höhepunkt finden werden. Nein, wir reden von den kleinen Zumutungen des Alltags, der die unaufhörliche Optimierung unsererselbst verlangt, im Büro, im Privatleben, an der Supermarktkasse, im Fitnessstudio.
Und beim Reisen. Längst haben wir uns daran gewöhnt, dass der Bahnfahrplan keinesfalls für bare Münze genommen werden darf, sondern als eine Art Absichtsbekundung, unseren Transport innerhalb einer bestimmten Zeitschiene zu gewährleisten. Es braucht schon etwas Flexibilität, etwa so wie bei der Taxibestellung nach 24 Uhr an Silvester.
Auch beim Fliegen müssen wir geschmeidiger werden. Mehr Leute im gleichen Flugzeug, das bedeutet einen kleineren ökologischen Fußabdruck. Dass Luftfahrtgesellschaften ihre Toiletten verkleinern und den Sitzabstand minimieren, weil sie ihren Profit maximieren möchten, können nur böswillige Naturen behaupten. Hohe Auslastung ist gut für die Umwelt. Bald werden sie die Sitze ganz rausnehmen, die Passagiere vor dem Flug sedieren und sie in diese Cellophanfolien wickeln wie die Russen ihre Koffer. So könnten mehr Menschen im Flugzeug gestapelt werden. Es wird wunderbar sein, wenn wir nach elf Stunden Schlaf tiefenentspannt und vereint mit unserem Koffer auf dem Band der Gepäckausgabe in Kapstadt erwachen und uns aus der Folie schälen. (hü)
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