Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Der doppelte Dirigent
Towerstars-Legende Lukas Slavetinsky gefällt seine Rolle als Spieler und Funktionär beim Oberligisten Sonthofen
SONTHOFEN - Wer wollte, konnte beim ERC Sonthofen schon vor einigen Jahren erahnen, dass irgendwann mal Lukas Slavetinsky für die Bulls in der Eishockey-Oberliga Süd auflaufen würde. Denn dem Verein aus der Stadt im Oberallgäu, in der er aufwuchs, schenkte Slavetinsky noch als Spieler der Ravensburg Towerstars ein Trikot mit der Nummer 50, das am Eingang zum Clubheim einen prominenten Platz bekam. Bis zur Knabenmannschaft spielte er einst als Kind beim ERC. Zur Saison 2018/ 19 ist Slavetinsky wieder in Sonthofen angekommen, in einer Doppelfunktion als Führungsspieler und Funktionär. Er hat den Geschäftsbereich Sport übernommen, ist Manager und außerdem zuständig das Marketing. Auch wenn es sportlich nicht so richtig rund läuft beim aktuellen Tabellenelften und die finanziellen Mittel des Drittligisten begrenzt sind, sagt der 37-Jährige: „Mir geht’s gut hier.“
Sein überraschender und unfreiwilliger dritter Abschied von den Ravensburg Towerstars im Frühjahr nach drei Jahren – zuvor hatte er bereits 2003/2004 und von 2008 bis 2014 bei den Towerstars gespielt – war unschön. Unterkriegen ließ sich Slavetinsky aber nicht, ans Aufhören dachte er keine Sekunde – vielmehr machte er sich sogleich auf die Suche nach einer neuen Herausforderung. Gefunden hat Slavetinsky diese in Sonthofen. Dort ist er jetzt Hauptdarsteller auf und neben dem Eis. Kurz war er auch beim Ligakonkurrenten Lindau Islanders, gegen den am Freitag (19.30 Uhr) in Lindau und Sonntag (18 Uhr) in Sonthofen zwei ganz entscheidende Hauptrundenspiele anstehen, in dieser Doppelfunktion im Gespräch, die emotionale Verbindung zur Heimatstadt war allerdings stärker.
Eigentlich hatte Lukas Slavetinsky sich langfristig bei den Towerstars in der DEL 2 in Ravensburg gesehen, der Spielerkarriere sollte eine als Funktionär folgen. Doch in Ravensburg wurde der Publikumsliebling – vor allem wegen Meinungsverschiedenheiten mit der Vereinsführung und einigen anderen Führungsspielern – zum Ende der Saison 2017/18 aussortiert. In Sonthofen waren sie froh, den studierten Sportmanager Slavetinsky in ihren Reihen begrüßen zu dürfen. Neben der persönlichen Verbundenheit mit der Stadt und der langjährigen Erfahrung als Eishockeyprofi brachte der torgefährliche Verteidiger noch die ungebrochen große Lust auf den Sport mit. Aktuell ist er klarer Topscorer seiner Mannschaft – was allerdings nicht gerade für die Sonthofener Offensive spricht. Nur der jüngst bis auf drei Punkte herangerückte EHC Waldkraiburg ist in der Oberliga schlechter. Es geht also einzig und allein gegen den Abstieg.
Die Ausgaben im Rahmen halten
Überrascht davon ist Lukas Slavetinsky nicht. Schnell nach Amtsantritt merkte er, dass der Verein sparen muss, wenn er eine gute Zukunft haben will. Über die Verhältnisse sei gelebt worden: „Ich hatte viel zu tun, die letzte Saison aufzuarbeiten.“Bei Heimspielen in der Eissporthalle setze Sonthofen nun wieder verstärkt auf ehrenamtliche Helfer. Statt jeden zu bezahlen – und damit den Rahmen eines Drittligisten zu sprengen. Auch der Kader ist gerade so besetzt, dass es zum ordentlichen Spielbetrieb reicht. So kommt es auch schon mal vor, dass verletzungsbedingt ein Goalie aushelfen muss, der eigentlich nur hobbymäßig spielt.
Oberliga in Sonthofen – das sei das höchste der Gefühle. „Ich bin froh, dass wir hier dieses EishockeyNiveau bieten können. Es ist ein Balanceakt, das zu stemmen“, sagt Slavetinsky. Mit dem Schnitt von etwa 700 Zuschauern ist er nur so halb zufrieden. Die Fans seien verwöhnt, wobei die großen Erfolge schon Jahrzehnte zurückliegen.
Ihm selbst, der um ein ehrliches Wort nie verlegen ist, macht es nichts aus, nun die Kritik doppelt aushalten zu müssen. Gerne verwandelt er sich deshalb nach den Heimspielen vom Spieler in den Manager, um sich im gut geheizten VIP-Bereich in der ansonsten frostigen, weil offenen Eissporthalle, den Meinungen der Edelfans und Gönnern des ERC Sonthofen zu stellen, während seine Spielerkollegen sich zurückziehen können. „Ich kann eine Menge lernen“, sagt Lukas Slavetinsky über die Erfahrung, die er in Sonthofen als Funktionär sammelt.
Zwei Jahre läuft der Vertrag
Für ihn sei diese Stelle – als doppelter Dirigent auf und neben dem Eis – der perfekte Einstieg in die Karriere nach der Karriere. Zwei Jahre läuft Slavetinskys Vertrag in Sonthofen. Darüber hinaus schaut er nicht. Zu vereinnahmend sind die aktuellen Aufgaben. Zu ausfüllend die Doppelfunktion. Deutlich mehr Zeit gehe drauf für die Schreibtischarbeit in der Geschäftsstelle als fürs Training als Eishockeyspieler. Dazu kommt das Leben als Pendler. Denn mit seiner Familie ist Slavetinsky in Schlier wohnen geblieben, dort haben sie ein Haus, dort sind sie längst verwurzelt.
Den Weg nach Sonthofen nimmt Lukas Slavetinsky aber immer gerne auf sich. Denn auch dort ist er schließlich noch immer verwurzelt. Was nicht nur sein Trikot im Clubhaus des ERC Sonthofen beweist.