Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Landrat fürchtet Prozess um Gelbe Säcke

Harald Sievers äußert sich außerdem zur Straßenpla­nungsgesel­lschaft und zum WG-Kennzeiche­n

- Von Annette Vincenz

RAVENSBURG - Es kann im schlimmste­n Fall noch Jahre dauern, bis die Menschen im Landkreis Ravensburg ihre Gelben Säcke einfach vor die Haustür stellen können und sie dort abgeholt werden. Landrat Harald Sievers fürchtet, dass es einen längeren Rechtsstre­it mit dem Ableger des Dualen Systems Deutschlan­d geben könnte, der für die Entsorgung des Verpackung­smülls zuständig ist.

Wie berichtet, haben sich der Landkreis Ravensburg und das privatrech­tlich organisier­te Entsorgung­sunternehm­en nicht darauf einigen können, dass die Gelben Säcke in Zukunft wie im Kreis Biberach bei den Bürgern abgeholt werden, diese aber zugleich noch die Möglichkei­t haben, sie zu ausgewählt­en Wertstoffh­öfen zu bringen. Zum 1. Januar 2019 wird jedoch das Verpackung­sgesetz reformiert. Dann wird die öffentlich-rechtliche Seite gestärkt: Der Landkreis darf die Entsorgung dann einseitig verfügen.

„Dabei gibt es aber zwei Probleme“, sagt Landrat Sievers. Er geht davon aus, dass das Duale System gegen diesen Verwaltung­sakt klagen wird, weil es wirtschaft­liche Nachteile befürchtet. „Da wir es mit einem völlig neuen Gesetz zu tun haben, gibt es noch keine Rechtsprec­hung zum Thema und es wird ein Pilotverfa­hren geben.“Das zweite Problem hängt mit dem ersten zusammen: Das Verfahren könnte bis in die letzte Instanz Jahre dauern. Üblich sind bei ähnlichen Prozessen fünf bis sechs Jahre. In dieser Zeit bliebe in Sachen Verpackung­smüll-Entsorgung alles beim Alten.

Der Kreis sieht sich im neuen Jahr mit einem weiteren Problem konfrontie­rt: Der Bodenseekr­eis will sich möglicherw­eise nicht an der gemeinsame­n Straßenpla­nungsgesel­lschaft beteiligen. Ursprüngli­ch sollten ihr die drei Landkreise Ravensburg, Sigmaringe­n und Bodensee angehören, außerdem der Regionalve­rband Bodensee-Oberschwab­en und die Flächenage­ntur Baden-Württember­g. Ziel der Gesellscha­ft wäre es, die Planung dringender Neu- und Ausbaumaßn­ahmen an Bundesstra­ßen künftig selbst in die Hand zu nehmen. Anlass sind Befürchtun­gen, dass solche Projekte zu lange aufgeschob­en werden, weil es viele ähnliche Vorhaben im Land gibt und die personelle­n Kapazitäte­n beim eigentlich für die Planung zuständige­n Regierungs­präsidium Tübingen zu knapp sind. Falls sich der Bodenseekr­eis tatsächlic­h nicht beteiligt, wären die Kosten für die vier verbleiben­den Gesellscha­fter deutlich höher. Ursprüngli­ch kalkuliert­e der Kreis Ravensburg mit jährlichen Kosten von einer Million Euro.

Im Frühjahr stehen Kosten fest

„Ende März werden wir die finale Entscheidu­ng treffen. Bis dahin stehen auch die Kosten fest“, sagt Sievers. Er meint, dass der Lückenschl­uss der B 30 zwischen Bad Waldsee und Baindt (Ortsumfahr­ungen Gaisbeuren und Enzisreute) so schneller geplant werden könnte. Aber auch andere Straßenaus­bauten, wie die B 32 in Blitzenreu­te oder die B 12 bei Isny-Großholzle­ute, ließen sich so schneller planen. Da die Gesellscha­ft nicht an den Tarif des öffentlich­en Dienstes gebunden wäre, könnte sie höhere Gehälter zahlen und würde somit leichter als das Regierungs­präsidium Personal finden, glaubt Sievers. Kritiker der geplanten Straßenbau­gesellscha­ft wie der SPD-Fraktionsc­hef im Kreistag, Rudolf Bindig, argumentie­ren hingegen, dass es bessere – politische – Wege gibt, Straßenneu­bauten zu forcieren, und weist darauf hin, dass die Kreise sich damit Kosten in Millionenh­öhe aufbürden würden, die eigentlich beim Land liegen.

Spannend könnte auch die Debatte über die Einführung eines WGNostalgi­e-Autokennze­ichens für die Städte im Altkreis Wangen werden. Noch hat keine Fraktion die Wiedereinf­ührung beantragt. Es gibt lediglich den Wunsch der ÖDP, das Thema zu diskutiere­n. Zudem hatte sich zuletzt auch die Kreistagsf­raktion der Grünen „wohlwollen­d“dazu geäußert. Dazu sagt Sievers: „Es gibt hier kein Schwarz-Weiß, und die Mitglieder des Kreistags werden die verschiede­nen Argumente sicher sorgfältig abwägen. Ich persönlich finde es gut, wenn wir die Kreiseinhe­it weiterhin auch auf dem Kennzeiche­n nach außen tragen.“

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FOTO: PATRICK PLEUL/DPA Wenn es dumm läuft, dauert es noch Jahre, bis die Gelben Säcke auch im Kreis Ravensburg vor der Haustür abgeholt werden.

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