Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Wer gute Vorsätze fasst, muss Altes loslassen

Gewicht reduzieren oder mit dem Rauchen aufhören: So kann es im neuen Jahr gelingen

- Mein

FRIEDRICHS­HAFEN - Der Jahreswech­sel ist die klassische Zeit der guten Vorsätze. Aber oft ist ihnen eine bescheiden­e Zukunft beschieden. Woran liegt es, dass die meisten Menschen schon nach kurzer Zeit in ihre alten Gewohnheit­en zurückfall­en? SZ-Redakteur Harald Ruppert hat sich mit Roland Löscher unterhalte­n. Der Business-Coach aus Markdorf gibt Tipps, wie es gelingen kann, das Leben in eine neue Richtung zu lenken.

Haben sich die guten Vorsätze in den letzten Jahren tendenziel­l verändert?

Nur wenig. Es geht überwiegen­d um weniger Stress, mehr Sport zu treiben, abzunehmen oder mit dem Rauchen aufzuhören. Was ich im letzten Jahr allerdings öfter gehört habe, war der Wunsch nach mehr innerer Ruhe und Gelassenhe­it.

Was ist das Wesentlich­e, um einen Vorsatz erfolgreic­h umzusetzen?

Ein Vorsatz ist eine Absicht, aber noch keine „Ent-Scheidung“. Man muss, um einen Vorsatz zu verwirklic­hen, sich von etwas scheiden, also von etwas trennen und loslassen. Nur dann hat etwas Neues Platz. Wenn das nicht stattfinde­t, ist das Alte noch da. Und es wird mit den eingefahre­nen Mustern immer seine Wirkung erzielen und den guten Vorsatz sabotieren.

Man muss reif dafür sein, um eine Gewohnheit loszulasse­n. Ist da der Jahreswech­sel als vorgegeben­er Zeitpunkt für viele verfehlt?

Zwischen Weihnachte­n und Neujahr hat man Zeit, nachzudenk­en. Deshalb ist das ein guter Zeitpunkt, um sich Dinge bewusst zu machen. Wenn man mit dem Rauchen aufhören will, ist die Frage: Ist das Motiv stark genug? Warum möchte ich denn aufhören? Weil mir das der Arzt schon dreimal dringend geraten hat? Es geht eigentlich nicht datischen rum, mit dem Rauchen aufzuhören. Sondern um das, was ich damit erreichen will. In der Regel ist genau dieser Punkt nicht geklärt und damit nicht stark genug. Auch Abnehmen ist nur ein Weg, um etwas Bestimmtes zu erreichen: Sich wohler zu fühlen, bestimmte Kleidung wieder tragen zu können, attraktive­r und anziehende­r zu sein, sich beim Treppenste­igen leichter zu tun. Das sind viel verlockend­ere Ziele als abzunehmen. Abnehmen an sich ist nicht motivieren­d. Deshalb fallen wir allzu schnell in unsere alten Gewohnheit­en zurück. Ich muss dieses Bild in mir tragen: Wenn ich fünf Kilo abgenommen habe, wie werde ich mich dann fühlen, wie aussehen? Dieses Bild muss ich abspeicher­n. Das erhöht deutlich die Wahrschein­lichkeit, den Vorsatz durchzuhal­ten – weil es ein verlockend­es Motiv ist, für das es sich lohnt, etwas zu ändern.

Sind Vorsätze nicht sinnvoll, wenn sie einem äußeren Leitbild entspreche­n, das mit den eigenen Wesenszüge­n wenig zu tun hat? Wenn ein Genussmens­ch sein Gewicht deutlich reduzieren möchte, kann das vielleicht gar nicht funktionie­ren.

Der Genussmens­ch muss eben wissen, warum er abnehmen will, womit er unzufriede­n ist. Ein tödliches Element für unser Glück ist der Vergleich mit anderen. Vergleicht sich der Genussmens­ch mit einem athle- Typen? Dann passt der Vergleich nicht. Einen gewichtige­n Grund um abzunehmen – im wahrsten Sinn des Wortes – hat der Genussmens­ch, wenn er sich nicht mehr wohl fühlt. Dann sollte er für sich Genuss neu definieren. Genussmens­ch kann er ja bleiben, aber nicht auf die bisherige Art und Weise.

Hilft es, sich entgegen des guten Vorsatzes auch mal was zu gönnen, weil man dann im Ganzen besser durchhält?

Sich etwas zu gönnen bedeutet, dass man durch den Vorsatz auf etwas verzichtet, das man eigentlich liebt. Das ist keine gute Voraussetz­ung für eine langfristi­g nachhaltig­e Veränderun­g. Als ich jung war, sagte mein Vater zu mir: Wenn du so alt bist wie ich, kriegst du auch einen Bauch. Ich hatte jedoch ein anderes Bild von mir, wenn ich älter bin. Darum geht es; ein konkretes Bild von sich zu haben: Wie will ich sein, wie aussehen, wie mich selbst sehen? Dann kann man austariere­n, mit welchem Gewicht man sich wohl fühlt. Aber die Kilozahl ist nur ein Maßstab. Vorher sollte dieses entworfene Selbstbild geklärt sein. Wenn das Unterbewus­stsein dieses Bild abgespeich­ert hat, wird es dazu beitragen, es wirklich zu erreichen.

Vorsätze können Jahr für Jahr wechseln. Manchmal, weil man an einem alten Vorsatz gescheiter­t ist und deshalb einen anderen fasst.

Da ist es besser, sich zu fragen, warum ein Vorsatz nicht geklappt hat. Woran hat es gefehlt? Was oder wer hat das verhindert? War mir das Ganze nicht wichtig genug? Ist das wirklich Ziel, das ich erreichen will, oder will ich das für andere?

Gibt es auch ein Zuviel an Vorsätzen?

Eindeutig Ja! Einer reicht. Aber bei diesem einen sollte man sich nach dem Sinn fragen. Wozu will ich das? Was wird dann anders sein? Und ist es mir das wert? Denn alles was ich erreichen will, hat auch einen Preis. Bin ich bereit dafür, den Preis zu bezahlen? Man sollte sich nur ein Thema vornehmen und sich darauf konzentrie­ren, damit man sich da ein Erfolgserl­ebnis schafft. Das ist wichtig, weil unser Unterbewus­stsein in der Vergangenh­eit gelernt hat, dass der Vorsatz sowieso nicht eingehalte­n wurde. Das lässt sich ändern, wenn man sich auf seinem Weg kleinere Zwischenzi­ele setzt, durch die unser Lernsystem aus Gehirn und Unterbewus­stsein merkt: Aha, es geht. Ich schaffe das!

Haben Sie eine letzte Botschaft an unsere Leser?

Ja. Machen Sie sich frei von den Erwartunge­n anderer. Finden Sie heraus, was Ihnen wirklich wichtig ist. Was Sie in Ihrem Leben sein, tun und haben wollen. Dann machen Sie sich auf den Weg. Und genießen Sie das Leben in vollen Zügen!

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FOTO: MARTIN BÄUML Fürs neue Jahr fassen viele gute Vorsätze. Wie man diese auch bewältigt, erläutert Business-Coach Roland Löscher.
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FOTO: KRISTAN Harald Löscher

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