Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Sammler Sepp Schelshorn feiert 80. Geburtstag
Lebenswerk des Wilhelmsdorfer Gärtners ist das Museum für bäuerliches Handwerk und Kultur
WILHELMSDORF - Seine Sammlung oberschwäbischer bäuerlicher Arbeitsgeräte und Kulturgüter aus mehreren Jahrhunderten wird als eine der schönsten und umfangreichsten in Südwestdeutschland gewürdigt. Das sagen Fachleute, die sich mit der Materie auskennen. Aber auch Tausende von Besuchern, die in den vergangenen 33 Jahren das private Museum für bäuerliches Handwerk und Kultur in Wilhelmsdorf begutachteten.
Der Hobby-Historiker Sepp Schelshorn ist seit seiner Kindheit vom Virus des Sammelns befallen. Und diese Leidenschaft lebt er noch heute mit allen Fasern seiner Seele. Am Samstag, 29. Dezember, feiert Sepp Schelshorn im Familienkreis seinen 80. Geburtstag. Sein größter Wunsch: Dass das von ihm aufgebaute und 1985 eröffnete Museum in Wilhelmsdorf erhalten bleibt, weitergeführt und nichts aus der Sammlung verkauft wird.
Weit über 20 000 Ausstellungsstücke
„Ich bin schon ein wenig stolz auf das, was ich im Laufe der Jahrzehnte an vielfältigsten Stücken aus dem Leben der bäuerlichen Familien in Oberschwaben zusammengetragen habe“, sagt Sepp Schelshorn mit seinem unverkennbar bayerischen Dialekt im Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“. Neben seiner Arbeit als Gärtner im heimischen Betrieb investierte er jede freie Minute in seine Leidenschaft. Der Kulturwert seiner Sammlung mit grob geschätzt weit über 20 000 Ausstellungsstücken sei kaum zu beziffern, in Geld schon gar nicht.
Alle gezeigten Gegenstände seien Zeugen der Vergangenheit, die der Nachwelt erklärt und erhalten bleiben müssten, so Schelshorn. Dabei gehe es gar nicht nur um die alten, großen und teilweise sehr wertvollen Museumsstücke. Gerade die kleinen, eher unscheinbaren Sammlerstücke vermittelten ein intensives Hineindenken in die oft schwere Lebensweise der bäuerlichen Welt früherer Jahrhunderte. Beim Blättern in seinem dicken Gästebuch werde ihm immer wieder deutlich, wie viele Menschen mit ihren Einträgen kundtun, welche Freude diese einzigartige Sammlung den Besuchern bereitet.
Seine Kindheit verbrachte Sepp Schelshorn in Irschenberg (Oberbayern). Geboren wurde er als eines von sechs Kindern im Schulhaus der Gemeinde. Sein Vater war von Beruf Hausmeister und Gemeindediener. Leicht hatte es der junge Sepp damals nicht. Die Zeiten waren schwer, das Geld knapp. Sein Wunschberuf war damals Zimmermann. Doch es gab keine freie Lehrstelle. Deshalb verdingte er sich zunächst ein Jahr lang als Bauernknecht. Dort, bei seinem Onkel in der Nähe von Irschenberg, wurde mutmaßlich der Grundstock für seine spätere Sammelleidenschaft bäuerlicher Handwerksund Kulturgegenstände gelegt. Unerwartet erhielt er dann die Chance, das Gärtnerhandwerk zu erlernen.
Eine unerwartete Wendung nach der Lehre
Nach Ende der Lehre und anschließender Zeit bei der Bundeswehr nahm das Leben von Sepp Schelshorn eine unerwartete Wendung. Auf dem Kathrein-Tanz in Parsberg lernte er 1958 die junge Elfriede aus Wilhelmsdorf kennen. Sie arbeitete in Miesbach als Floristin. Das Paar verliebte sich. Und da Elfriede aus einer Gärtnerei stammte, passte alles zusammen. Es wurde geheiratet und seit 1960 leben Sepp und Elfriede in Wilhelmsdorf zusammen.
Mit einer kleinen rostigen Hacke, die er in einer Hecke fand, begann seine Karriere als Sammler. Doch dabei blieb es nicht. Stück für Stück kam zusammen, was in und bei einem typischen Bauernhaus in Oberschwaben zu finden war. Kaum ein Speicher in der Umgebung von Wilhelmsdorf blieb von den suchenden Blicken Sepp Schelshorns verschont. Manch schönes Stück wechselte den Besitzer. Beliebte Währung des Gärtners waren Primeln und Alpenveilchen. Das gefiel den Bauersfrauen und sie trennten sich manchmal schweren Herzens, aber doch wohlwollend von dem alten Plunder, hinter dem sich oft genug heimliche Schätze verbargen.
Aus diesen kleinen Anfängen heraus schuf Schelshorn gemeinsam mit seiner Frau Elfriede ein Kleinod in der Museumslandschaft im Süden Deutschlands. Sein Lebenstraum wurde 1985 mit der Eröffnung des Museums für bäuerliches Handwerk und Kultur gekrönt. Im „Oberen Rotachhof“wird die größte private Sammlung handwerklicher und kultureller Gegenstände Südwestdeutschands gezeigt. Das Museum ist zusammen mit dem Naturschutzzentrum die größte Attraktion der rund 5000 Einwohner zählenden Gemeinde Wilhelmsdorf.
Schmuckstück ist barocke Hofkapelle
Schelshorn ist penibel auf eine stilgerechte Gesamtansicht seiner Museumsanlage bedacht, die mit viel Liebe im Verlauf der vergangenen Jahre ausgeweitet und vervollständigt wurde. Schmuckstück ist die barocke Hofkapelle mit ihrem ZwiebelTürmchen. Sie wurde 1993 den beiden Heiligen Wendelin und Katharina geweiht. Die Kapelle wurde von dem bekannten Kirchenmaler Günther Wasmeier aus Schliersee künstlerisch gestaltet. Der Freund Sepp Schelshorns ist Vater des Ski-Olympiasiegers Markus Wasmeier.
Daneben fällt das Backhaus mit Brennerei ins Auge, ebenso wie der stilechte Kornspeicher oder der Schuppen, in dem unter anderem Werkzeuge rund um die Torfgewinnung im heutigen Naturschutzgebiet „Pfrunger-Burgweiler Ried“zu sehen sind. Zu fast jedem Ausstellungsstück hat er eine Geschichte parat. Die Besucher hängen an seinen Lippen, wenn er in bayerischem Dialekt humorvoll seine Geschichten erzählt.
Viel Aufhebens will Sepp Schelshorn um seinen 80. Geburtstag nicht machen. Freunde werden zum Gratulieren kommen und tags darauf wird im Familienkreis gefeiert. Eines ist aber sicher: Der Sammler Sepp Schelshorn wird seiner Leidenschaft Zeit seines Lebens weiter frönen sowie seine Schätze behüten und bewahren.