Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Wie viel Protz verträgt der Fußball?
Franck Ribérys Ausraster nach seinen kulinarischen Experimenten entfacht Debatte
FRANKFURT (dpa) - Der Tanz ums goldene Steak. Das Gehabe von Franck Ribéry hat eine heftige Diskussion weit über den Fußball hinaus ausgelöst. Aber ist das nicht Privatsache, für was die Sport-Millionäre Geld ausgeben? Und was, wenn sie gleichzeitig für soziale Zwecke spenden? Und warum sehen die Vereine das Protz-Gehabe ihrer Angestellten nicht gerne – dabei sind sie es, die die Stars mit Geld zuschütten?
Meine Jacht, mein Model, mein Sportwagen. In den sozialen Medien posten Weltstars wie Cristiano Ronaldo schmucke Fotos aus ihrer Welt, die so gar nichts mit jener des Durchschnittspublikums in den Stadien zu tun hat. Für die ist oft das neueste Bayern-Trikot für knappe 90 Euro schon Luxus. Was ist da der Maßstab?
Gerade bei jungen Spielern gehe es häufig nur um die Profilierung über Statussymbole, sagte kürzlich der frühere Bundesliga-Profi Jan Rosenthal (u.a. Hannover, Freiburg) in einem Interview dem „Sportbuzzer“. „Mal eine Uhr, mal ein Auto, oder die neuen teuren Klamotten. Man bedient das Image des Profis, weil genau diese Dinge Gesprächsthema in der Kabine sind“, sagte Rosenthal.
Der beim DFB in Ungnade gefallene Weltmeister Mesut Özil öffnete bei „Hypebeast“sogar schon mal die Türen zu seinem Anwesen in London, um alles zu zeigen: Ankleidezimmer, Kino- und Playstation-Saal, Fuhrpark. Bayerns Jérôme Boateng fand auch nichts dabei, seine Sneakers-Sammlung öffentlich zu präsentieren: „Ja, das ist wirklich krass. Meine Mutter meint immer, ob ich nicht einen Schuhladen aufmachen möchte. Die sind auf zwei Räume verteilt, hab halt früh angefangen …“
Und nun Ribéry: Zelebriert in seinem Urlaub im Emirat Dubai ein Mahl mit einem mit Blattgold überzogenen Steak und einem überdrehten Schickimicki-Koch und wird dafür heftig kritisiert – auch aus seiner französischen Heimat, wo seit Wochen die Gelbwesten auch gegen steigende Lebenshaltungskosten protestieren. Ribéry aber schluckt die Attacken nicht. Für seine Hasstirade brummte ihm der FC Bayern eine hohe Geldstrafe auf.
„Die Gesellschaft legt fest, was man darf und was nicht“
„Mit den sozialen Medien ist es nicht so einfach. Die Gesellschaft legt fest, was man darf und was nicht.“Es werde dort oft gepöbelt und das zum Teil „unter aller Kanone“, sagte Ribérys Mitspieler Thomas Müller. Immer wieder sind Prominente dann ganz überrascht, wenn sie etwas anderes ernten als ein paar Hunderttausende von Likes.
Der FC Bayern hat Ribéry natürlich nicht für seine lukullische Liebhaberei bestraft, sondern für seinen verbalen Ausraster. Aus seiner Vorbildfunktion kann sich der Fußball nicht davonstehlen, zumal Top-Profis mehr verdienen als Politiker oder manche Wirtschaftsbosse und deren Bekanntheitsgrad locker übertreffen.
Die Clubs machen keine Gehälter öffentlich, dafür aber gerne ihr soziales Engagement. Profis wie Mats Hummels oder Trainer wie Julian Nagelsmann in der Aktion „Common Goal“ein Prozent ihres Jahresgehalts für wohltätige Zwecke spenden. Das sind einerseits schon mal sechsstellige Summen. Wären aber umgerechnet bei einem Bürger mit einem Durchschnittsgehalt rund 30 Euro brutto pro Monat.