Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Neujahrskonzert stellt „Wunderkinder“vor
Südwestdeutsches Kammerorchester Pforzheim spielt im Konzerthaus
RAVENSBURG - „Wunderkinder“hat der Dirigent Georg Mais am Sonntagabend beim Neujahrskonzert mit dem Südwestdeutschen Kammerorchester Pforzheim ins Konzerthaus mitgebracht. Als Wunderkinder sind manche berühmte Komponisten aufgefallen: Sie haben nicht nur früh auf der Bühne konzertiert, sondern schon im Kindesalter Werke komponiert, die den Weg zur Reife erkennen lassen.
Zuerst denkt man da an Wolfgang Amadeus Mozart als prominentesten Vertreter. Mit dem Klavierkonzert EsDur Nr. 14 KV 449 des 28-Jährigen stand allerdings kein Jugendwerk auf dem Programm, sondern ein erfrischendes Werk am Beginn von zwölf großen Konzerten, in denen Mozart sich vom Publikumsgeschmack löste und ganz seiner eigenen Eingebung folgte. Interpretiert wurde der Solopart vom 25-jährigen japanischen Pianisten Wataru Hisasue, ARD-Musikwettbewerb-Preisträger von 2017. In leicht dahinfließendem Spiel nahm er das Motiv der Orchester-Exposition auf. Eingebettet in die besondere Spielkultur des Kammerorchesters, dialogisierte Hisasue mit den Streichern. Eine unterschwellige Melancholie prägte das graziöse Andantino, als wären es bittersüße Erinnerungen an eine vergangene Liebe. Sanft dämpfte Mais das Wogen der Streicher, um dem geschmeidigen Spiel des Solisten Raum zu lassen. Vergnüglich wie eine kapriziöse Schöne kam zuletzt das Allegro daher.
Der zweite Mozart im Programm war kein Wunderkind, sondern ein Wunderkind-Macher oder „Königsmacher“, wie Mais ihn nannte: Vater Leopold Mozart. Seine Sinfonie FDur F5 ist erst in den 90er-Jahren wiederentdeckt worden. Dass sie mithilfe von Musikprofessor und Musikforscher Franz Beyer aus Weingarten, Träger des Kulturpreises der Städte Ravensburg und Weingarten, herausgegeben werden konnte, war für Mais ein besonderer Grund, die Sinfonie in Ravensburg aufzuführen. In filigranem Spiel brachte das Kammerorchester die graziöse frühklassische Musik nahe. Wie von einem Spielührchen klang das Andante, ein schlichtes melodisches Thema bildete die Keimzelle für das Menuett, lebhaft zwitscherten die Violinen im tänzerischen Allegro.
Mit elf Jahren hat Felix Mendelssohn Bartholdy, auch er ein „Wunderkind“, seine Sinfonie fürs Streichorchester Nr. 12 g-Moll geschrieben, die noch auf die spätbarocken und frühklassischen Vorbilder hinweist, aber bereits die Emotionalität des reifen Künstlers erkennen lässt.
Besonders berührendes Andante
Ein Grave mit punktierten Rhythmen leitete das Studienwerk ein, besonders berührend war das Andante mit seinen fließenden Kantilenen, die im schwebenden Gesang der Bratsche haften blieben. Lebhaft mit retardierenden Momenten war zuletzt das Allegro, welches auf das Vorbild Mozart hinwies. Eingeleitet hat das Konzert die unbeschwerte Ouverture c-Moll D8a des 15-jährigen Franz Schubert – zwar fürs Streichquintett komponiert und von ihm fürs Quartett arrangiert, der orchestralen Klangwirkungen wegen aber durchaus fürs Kammerorchester geeignet. Ungewöhnlich dunkel und trauernd begann das Werk, brach dann auf zu zierlichem Tanz – immer intensiver wurde zuletzt der tänzerische Sog.