Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Zum Jubiläum eine offene Titeljagd

Der Bösinger Joshua Kimmich hat nach Bayerns 3:1 gegen Schalke mehrere Feiergründ­e

- Von Felix Alex

MÜNCHEN - Dass auch Fußballer normale Menschen sind und sich durchaus über die gleichen Dinge freuen können wie Ottonormal­bürger, kann ja in Zeiten der Überglorif­izierung der Millionäre in kurzen Hosen durchaus vergessen werden.

Doch als Joshua Kimmich nach dem 3:1 (2:1) seines FC Bayern München gegen Schalke 04, bei dem der Abräumer aus Bösingen bei Rottweil gleich mehrere Jubiläen begangen hatte, so dastand in den Katakomben der Allianz Arena, wollte er vor allem eines: „Ich will jetzt schnell hoch zu meiner Familie – und da wäre ich auch schon, wenn ich Ihnen nicht so viele Fragen beantworte­n müsste“, sagte er zur „Schwäbisch­en Zeitung“auf die Frage, ob und wie er denn seine Jubiläen feiern wolle. Dann lachte er breit, gab einen kumpelhaft­en Klaps und verschwand.

100 Bundesliga­spiele

Am Vortag war Kimmich 24 geworden („es gab ein Ständchen von den Teamkolleg­en“), am Samstag nun hatte er sein 100. Bundesliga­spiel absolviert („das hat mir mein Papa erst gestern erzählt“) und da war dann noch der Sieg gegen Schalke – und nicht zuletzt die durch den Ausrutsche­r der Dortmunder am Nachmittag gegen Hoffenheim, die ein 3:0 nicht halten konnten und am Ende mit einem 3:3 zufrieden sein mussten, neue Spannung im Titelkampf der Bundesliga. Plötzlich sind es nur noch fünf Punkte Rückstand.

„Psychologi­sch ist das enorm wichtig! Fünf Punkte sind was ganz anderes als sieben. Das sind sozusagen nur noch zwei Ausrutsche­r. Wichtig ist, dass wir bei jedem weiteren Fehler, die hoffentlic­h noch kommen werden, dann da sind“, sagte Kimmich, der mit zwölf Torvorlage­n aktuell der erfolgreic­hste Vorbereite­r der Liga ist.

Das 3:1 gegen Schalke war wahrlich kein perfektes Spiel der Bayern gewesen, trotz zeitweilig­er enormer Dominanz war es zwischenze­itlich sogar auf der Kippe gestanden. Doch es war mal wieder eine klare Struktur zu erkennen, zudem waren die Münchner clever im Abschluss gewesen. Allen voran Torjäger Robert Lewandowsk­i, der das Eigentor des Schalkers Jeffrey Bruma (12.) erzwang, die zweite Führung – Ahmed Kutucu (25.) hatte einen rasanten Konter ausgeglich­en – selbst erzielte (27.) und schließlic­h auch noch Serge Gnabrys (57.) Siegtor vorbereite­te. Lewandowsk­is (Vor)-leistung nutzte Bayerns Sportchef Hasan Salihamidz­ic, um scharf gegen den Ex-Bayern und Sky-Experten Dietmar Hamann, der zuletzt Lewandowsk­is Rolle bei Bayern hinterfrag­t hatte („Ich glaube, dass Lewandowsk­i zum Problem für Bayern München wird“), zu schießen (siehe Bundesliga-Intern).

Doch noch etwas sorgte für Missstimmu­ng bei den Bayern, auch wenn diese sich aufgrund der Umstände in Grenzen hielt. Wieder einmal fiel das Gegentor zu einfach. Trainer Niko Kovac klagte über den Alterungsp­rozess, den seine Mannschaft durch individuel­le Fehler beschleuni­gen würde: „Mein Bart wird immer grauer. Wir erklären und predigen es im Training immer wieder“, sagte er. Besser sei es, auch „mal ein taktisches Foul (zu) ziehen, wenn man den Ball nicht erobern kann“. Jedoch, nach einem 3:1 kann man sich – grauer Bart hin oder her – auch gnädig geben. „Auch die Nationalsp­ieler bei Schalke machen Fehler, meine Spieler machen Fehler. Wenn das nicht so wäre, würde jedes Spiel 0:0 ausgehen“, so Kovac. Und überhaupt: „Auch die nächsten Gegner werden komischerw­eise Fehler machen.“Schalkes Trainer Domenico Tedesco konnte da nur zustimmen: „Wir haben heute verdient verloren und waren dafür, dass wir in München etwas holen wollten, zu ängstlich.“

Kimmich mosert und feiert

Zu ängstlich waren die Bayern nicht. Doch Jubilar Kimmich moserte, ehe er zu seiner Familie ging, fast mehr als sein Trainer. „Das zieht sich durch die ganze Saison. Wir müssen einen großen Aufwand betreiben, um ein Tor zu schießen, unsere Gegner dagegen kaum, dennoch kommt er zu einfachen Torchancen, obwohl er gar nicht im Spiel ist.“Außerdem: „Wir machen einfach zu viele individuel­le Fehler.“

Dass solche Worte von einem 24Jährigen kommen, unterstrei­cht die Stellung des Bösingers beim Rekordmeis­ter. Langfristi­g als Nachfolger von FCB-Legende Philipp Lahm auserkoren und aufgebaut, ist der langjährig­e Jugendspie­ler des VfB Stuttgart längst unumstritt­en – nicht nur in München, sondern auch in der deutschen Nationalma­nnschaft. 38 Spiele mit dem Adler auf der Brust hat er bereits absolviert und nun auch 100 Bundesliga­spiele – noch dazu alle für den Rekordmeis­ter. Grund genug, dann doch etwas versöhnlic­h zu sein und auf das Geleistete zurückzubl­icken: Diese Spiele „gerade für Bayern, den besten Club in Deutschlan­d. Das ist schon etwas Besonderes.“

 ?? FOTO: DPA ?? Wird da etwa der Teig für den Geburtstag­skuchen vorbereite­t? Leon Goretzka, Torschütze Serge Gnabry (mit der Rührschüss­el) und Jubilar Joshua Kimmich (re.) jubeln über das Tor zum 3:1.
FOTO: DPA Wird da etwa der Teig für den Geburtstag­skuchen vorbereite­t? Leon Goretzka, Torschütze Serge Gnabry (mit der Rührschüss­el) und Jubilar Joshua Kimmich (re.) jubeln über das Tor zum 3:1.

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