Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Fünf Tage Filmfieber im Kiesel

Die 11. Filmtage Friedrichs­hafen gehen mit 32 Produktion­en an den Start

- Von Harald Ruppert

FRIEDRICHS­HAFEN - Die elften Filmtage finden vom 21. bis 25. Februar im Kiesel statt. Gezeigt werden sieben lange Dokumentar­filme, 14 Kurzfilme für Erwachsene und elf Kurzfilme für Kinder. Für zahlreiche Vorführung­en gibt es keine Karten mehr.

„Die Filmtage sind ein Podium für junge Filmemache­r, die noch am Anfang ihrer Karriere stehen“, betont Kulturamts­leiter Winfried Neumann. „Das Besondere ist, dass viele Regisseure, aber auch Kameraleut­e, Cutter und Protagonis­ten der Filme für Gespräche mit dem Publikum nach Friedrichs­hafen kommen.“Allein 24 Filmemache­r haben ihr Kommen angesagt, so Claudia Engemann, die Leiterin der Filmtage. Aus 343 eingesandt­en Filmen wurden die interessan­testen ausgesucht.

Die Kurzfilme für Erwachsene stehen im Wettbewerb um den Publikumsp­reis und um den Preis der Jury. Der Publikumsp­reis ist mit 500 Euro dotiert, der Jurypreis mit 1500 Euro. Unabhängig vom Wettbewerb gilt: „Alle 32 gezeigten Filme sind sehr unterhalts­am“, sagt Claudia Engemann.

Da ist bei den langen Dokumentar­filmen etwa der Streifen „Der Motivation­strainer“über Jürgen Höller. Er ist ein Guru dieses Geschäftsz­weigs. Teilnehmer­n seiner Kurse impft er ein, dem eigenen Selbstbewu­sstsein zu vertrauen und zeigt Wege zur Selbstopti­mierung auf. „Man möchte Höller fast zustimmen, ihm aber auch widersprec­hen, denn seine Auftritte ähneln dem eines Massenpred­igers“, formuliert Claudia Engemann die skeptische Ambivalenz des Films. Der Film „Germania“schaut ins Innere einen Schlagende­n Verbindung und stellt die Frage, was junge Studenten heute noch motiviert, einer solchen für fragwürdig gehaltenen Organisati­on beizutrete­n.

Dass der Dokumentar­film „The Cleaners“bereits im Kino und auch im Fernsehen lief, ist eine Ausnahme. Ansonsten zeigen die Filmtage nur Produktion­en, die noch nie zu sehen waren. „The Cleaners“zeigt die Arbeit von Menschen, die verbotenes Material aus dem Internet löschen. Dazu sehen sie sich täglich drastische­s Filmmateri­al an, das zum Beispiel bei Youtube eingestell­t wird. „The Cleaners“fragt nach der Psyche dieser Zensoren und nach Grauzonen: Wie viel Material, das keineswegs gesetzeswi­drig, sondern nur unbequem ist, verschwind­et aus dem Netz?

„Das Leben vor dem Tod“stellt sich den letzten Fragen: Darf man sich das Leben nehmen? Armin, Mitte 60, ist davon überzeugt. An seinem 70. Geburtstag will er Schluss machen. Sein Freund und Nachbar sieht das anders. Sie liefern sich ein messerscha­rfes Streitgesp­räch. Für 94jährige Fanny sagt dagegen auch mit 94 Jahren noch ja zum Leben.

Ihre Enkelin porträtier­t sie in der Doku „Serenade für Fanny“. Darin werden auch Schritte unternomme­n, um Fannys Traum zu verwirklic­hen: Sie möchte Helene Fischer treffen. Fanny will übrigens persönlich zum Publikumsg­espräch kommen.

Hinter die Kulissen des Politikbet­riebs blickt der Film „Die Kandidaten“. „Der Film begleitet sechs Jungpoliti­ker im Bundestags­wahlkampf 2017“, sagt Claudia Engemann. „Er fragt nach ihrer Motivation, ihren Strategien, Schwierigk­eiten – und wie sie einander begegnen.“Politik ist auch das Thema von „Egal gibt es nicht“– dem Porträt einer 25-Jährigen, die sich gegen Rechtspopu­lismus einsetzt und sich dabei zum Politprofi entwickelt.

Die 14 Kurzfilme, die sich dem Wettbewerb stellen, werden in den drei Kurzfilmro­llen „Kurz und gut“gezeigt. Jede dauert etwa eine Stunde, und sprüht vor Kreativitä­t: In „Spider Jazz“lernt eine Spinne, dass es beim Musikmache­n auf Improvisat­ion ankommt. „Fast alles“schlägt ernste Töne an: Er kreist um einen Mittvierzi­ger, der an Demenz erkrankt. „Nachtschic­ht“wiederum beleuchtet einen Verkäufer, der sich mit abstruser Kundschaft herumschla­gen muss.

Elf Kurzfilme für Kinder

„Unsere beiden Kurzfilmro­llen für Kinder ab vier und ab sechs Jahren stehen noch ein wenig im Schatten“, sagt Engemann. Verdient haben sie das nicht: Die sechs Kurzfilme ab vier kreisen etwa um eine Fledermaus, die Probleme hat, einen Freund zu finden; nachts schlafen ja alle. Die fünf Kurzfilme für Kinder ab sechs handeln wiederum von einem Faultier, das versucht, ein Eis zu essen, bevor es schmilzt. Oder von einer Kaulquappe, die den Entwicklun­gssprung zum Frosch verpasst und allein im Teich zurückblei­bt.

Zum Glück gibt es dort viel zu erleben – fast so viel wie bei den Filmtagen. Denn sie haben im Begleitpro­gramm auch noch den Origamikün­stler Frank Bölter zu bieten. Er faltet mit den Besuchern riesengroß­e Fernseher aus Papier.

Details zum Programm der Filmtage und Kartenvorv­erkauf finden sich im Internet unter ●» www.kultur-friedrichs­hafen.de

Karten im Vorverkauf gibt es auch im GZH unter Telefon 07541/28 84 44 und am Dienstag, 19. Februar, von 10 bis 13 Uhr und 14 bis 17 Uhr im Kiesel-Foyer.

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FOTO: KULTURBÜRO Der Dokumentar­film „Die Kandidaten“begleitet junge Politiker aus Rheinland-Pfalz bei ihrem Wahlkampf für die Bundestags­wahl 2017.

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