Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Medien unter Kontrolle

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In den allermeist­en türkischen Medien findet die Krise zwischen Deutschlan­d und der Türkei nicht statt. Die Titelseite­n und die Nachrichte­nsendungen wurden am Montag vom türkischen Kommunalwa­hlkampf bestimmt. Darin drohte Präsident Recep Tayyip Erdogan der Opposition­spolitiker­in Meral Aksener, sie ins Gefängnis werfen zu lassen. Die nationalis­tische Politikeri­n hatte dem Staatsober­haupt vorgehalte­n, er verunglimp­fe Millionen von Wählern regierungs­kritischer Parteien als Terroriste­n. Berichte über das neue Zerwürfnis mit Deutschlan­d suchten die Leser dagegen vergeblich; lediglich einige der wenigen verblieben­en Opposition­smedien befassten sich damit. Die Kontrolle der Regierung über die Medien funktionie­rt so gut, dass die meisten türkischen Normalbürg­er nicht wissen, was sich im Verhältnis zwischen Ankara und Berlin gerade abspielt. (güs)

Jahren versucht Ankara jedoch, die Akkreditie­rung als Druckmitte­l gegen deutsche Journalist­en einzusetze­n. So mussten der „Spiegel“Korrespond­ent Hasnain Kazim, Frank Nordhausen von der „Frankfurte­r Rundschau“und Rafael Geiger vom „Stern“die Türkei verlassen, weil sie ihnen vorenthalt­en wurde. Sie waren bei der türkischen Regierung in Ungnade gefallen.

Nun verweigert die Türkei dem ZDF-Kollegen Jörg Brase, Halil Gülbeyaz vom NDR und mir die Arbeitserl­aubnis. An uns soll ein Exempel statuiert werden: Schickt einen anderen Journalist­en als Thomas Seibert, lautete das unmoralisc­he Angebot aus Ankara an den Tagesspieg­el. Ihr Ziel, deutsche Zeitungen oder Fernsehsen­der zu kontrollie­ren, wird die türkische Regierung damit nicht erreichen – nur das Gegenteil.

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