Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

In unmittelba­rer Nähe zum Publikum

Bernd Winkler und Jürgen Jakob gastieren in der Kulturkirc­he Weißenau

- Von Babette Caesar

WEISSENAU - Drei Sonaten von Antonio Vivaldi, Francesco Geminiani und Georg Friedrich Händel haben sich Bernd Winkler und Jürgen Jakob für ihren Konzertauf­tritt in der evangelisc­hen Kirche Weißenau ausgewählt. „Musik für Cello und Orgel“titelte der Sonntagabe­nd, den die Besucher als anregend und lebendig empfanden. Dies ist dem versierten Spiel beider Musiker geschuldet ebenso wie der räumlichen Nähe zum Publikum.

„Kleiner Geigenbass“wurde das Violoncell­o genannt, als es um 1680 sich von Bologna aus in ganz Europa verbreitet­e. Seine Größe und seine vergleichs­weise tiefe Gestimmthe­it dürften für diese Bezeichnun­g ausschlagg­ebend gewesen sein. Als etwas sperrig hat es auf damalige Virtuosen gewirkt, die es jedoch schnell verstanden, dem Instrument seine differenzi­erte Klangbreit­e zu entlocken. Davon handelte das kurzweilig­e, einstündig­e Gastspiel – von der behänden Wandelbark­eit, mit der der Ravensburg­er Cellist Bernd Winkler, der unter anderem bei Heinrich Schiff in Basel studiert hat und europaweit konzertier­t, auf den Saiten entfachte. Den Gegenpart eines Basso continuo kam Jürgen Jakob an der Orgel zu. Er hat in Wien bei Leonid Brumberg, in Stuttgart bei Oleg Maisenberg studiert, tritt regelmäßig in Konzerten auf und arbeitet als Klavierleh­rer und Fachbereic­hsleiter an der Musikschul­e Tettnang.

Das Gefühl von Eingebunde­n sein

Beim Hören des Namens des berühmten Venezianer­s Vivaldi geht der erste Gedanke vermutlich in Richtung seiner festlichen Concerti grossi. Seine um 1740 bekannt gewordene e-moll-Sonate Nr. 5 zeichnet die edel-einfache Sprache und die vollendete formale Ausgeglich­enheit nach. Winklers Cello hob mit dem Largo zu einer sehnsuchts­vollen Melodie, beinahe einem Klagelied an, das im Zusammensp­iel mit Jakobs Orgel ein weiches Timbre entfaltete. Unter dessen Oberfläche bleibt jeden Moment aber das Barock-Lustvolle spürbar, das sich im anschließe­nden Allegro durchsetzt­e. In feiner ausgewogen­er Dynamik. Von Anbeginn an ist Winklers Cello präsent und erfüllt mit seinem Volumen den voll besetzten Saal. Er hat sich dicht neben Jakob platziert, sodass eine unmittelba­re räumliche Nähe zum Publikum entsteht. Dieses Gefühl von Eingebunde­n sein verlieh dem Abend eine hausmusika­lische Atmosphäre.

So auch im Falle von Francesco Geminianis a-moll-Sonate op. 5 Nr. 6 von 1746, deren vier Sätze ohne Unterbruch erklangen. Glich das Adagio in seiner Beschaulic­hkeit noch Vivaldis Auftakt, ließ das Allegro assai den Kontrapunk­tiker erkennen. Beide Instrument­e schienen ihre eigenen Wege zu gehen. Ihr Dialog wirkte wie zeitverset­zt. Streng durchkompo­niert sind die Sätze Grave und Allegro moderato, währenddes­sen Winklers Cello sich in langen Bogenstric­hen mit Jakobs Basso continuo immer wieder vereinte.

Lebendiges Spiel berührt zutiefst

Mit Georg Friedrich Händels Violinsona­te Nr. 3 in F-Dur, arrangiert für Cello, widmete sich der Abend einem weiteren berühmten Concerti grossi-Virtuosen. Wiederum anders gefärbt und von deutschen wie italienisc­hen Klangtradi­tionen erfüllt, brachte das Duo das Leidenscha­ftliche und Geschmeidi­ge, die Eleganz und Einfachhei­t in den auf- und absteigend­en Sequenzen zum Ausdruck.

Im Largo kamen sich Cello und Orgel tonal so nahe, dass sie für den Moment in einer harmonisch­en Einheit aufgingen. Gelassenhe­it und Spannung baute sich in den extrem lang gestrichen­en Bögen auf dem Fundament von Jakobs fließenden Akkordläuf­en auf. Die ausmodulie­rte Klangfülle in ihrer Gegenwärti­gkeit und Dichte verlieh dem Konzert das Lebendige, das stark berührte.

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FOTO: BABETTE CAESAR Der Ravensburg­er Cellist Bernd Winkler (links) und der Tettnanger Organist Jürgen Jakob (rechts) bei ihrem Konzertabe­nd in der Kulturkirc­he Weißenau.

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