Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Nein zum Luftreinhalteplan
Land bestätigt, dass sich Schadstoffwerte in Ravensburg klar verbessert haben.
RAVENSBURG - Für einen Luftreinhalteplan in Ravensburg gibt es definitiv keine Rechtsgrundlage. Das sagt das Verkehrsministerium des Landes, nachdem jetzt alle Messergebnisse für das Jahr 2018 vorliegen. Demnach werden die Grenzwerte für Schadstoffe im Zentrum eingehalten. 2016 sah das noch ganz anders aus. Die Ravensburger Grünen sind empört. Sie bewerten den Bescheid aus Stuttgart, der der „Schwäbischen Zeitung“vorliegt, als „fragwürdig“und sprechen von mehreren Ungereimtheiten und Widersprüchen.
Wie berichtet, waren zunächst im Jahr 2016 an der Schussenstraße, der meistbefahrenen Verkehrsachse in der Ravensburger Innenstadt, deutlich überhöhte Stickstoffdioxidwerte gemessen worden. Der Jahresmittelwert lag bei 49 Mikrogramm pro Kubikmeter (g/m3) Luft. Damit war der Grenzwert zum Schutz der Gesundheit von 40 g/m3 überschritten und das Regierungspräsidium hätte eigentlich innerhalb von zwei Jahren einen Luftreinhalteplan erlassen müssen. Dieser schreibt verbindliche Maßnahmen vor, die dazu geeignet sind, die Schadstoffwerte wieder auf ein akzeptables Maß zu reduzieren.
Dann die Überraschung: Neuerliche Messungen im Jahr 2018 an zwei Punkten in der Schussenstraße ergaben schon im Zwischenbericht deutlich bessere Ergebnisse. Diese Messungen, von denen auch der Gemeinderat überrascht worden war, wurden nicht auf Wunsch der Stadt Ravensburg vorgenommen, sondern in allen Kommunen durchgeführt, in denen Luftreinhaltepläne ein Thema sind. Dieser sei in Ravensburg vom Tisch, hieß es schon nach der Zwischenauswertung im vergangenen Jahr.
Zweifel an der wundersamen Verbesserung der Luft hatten unter anderem die Deutsche Umwelthilfe, die Agendagruppe Oberstadt und vor allem die Ravensburger Grünen geäußert. Auch die Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg (LUBW), die für die Messungen zuständig war, hatte die drastisch veränderten Werte als „ein völliges Rätsel“bezeichnet - zumal bisher in der Stadt kaum etwas unternommen worden ist, um die Luft zu verbessern.
Maria Weithmann, Fraktionsvorsitzende der Grünen im Ravensburger Gemeinderat, hat Ende Januar deshalb an Verkehrsminister und ihren Parteifreund Winfried Hermann geschrieben und eine plausible Erklärung gefordert. Die liegt nun vor, dürfte aber nicht das Ende der Diskussion sein.
Laut Verkehrsministerium gibt es inzwischen die abschließenden Stickstoffdioxid-Jahresmittelwerte für 2018. Demnach wurden am Messpunkt an der Schussenstraße 5 exakt 40 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft gemessen und der Grenzwert damit punktgenau eingehalten. An der Schussenstraße 9 seien 37 Mikrogramm ermittelt worden. Was die Grünen unter anderem auf die Palme bringt: An der Schussenstraße 17, wo 2016 mit 53 Mikrogramm die höchsten Werte festgestellt worden waren, ist 2018 gar nicht mehr gemessen worden. „Das Regierungspräsidium ignoriert das einfach leichtfertig“, so Maria Weithmann.
„Fragwürdige Erklärungsversuche“
Auch die Erklärungsversuche des Landes, wie es zu Verbesserungen von 22 bis 24 Prozent der Werte habe kommen können, hält die Fraktion für fragwürdig. Das Verkehrsministerium führt die „allgemeine KfzFlottenerneuerung sowie auch die zwischenzeitlich durchgeführten Software-Updates bei Euro-5-/VDieselfahrzeugen“auf. Noch im November habe aber der Gutachter in Ravensburg dargelegt, dass diese Veränderungen maximal sieben Prozent Ergebnis-Verbesserungen bewirken können, so Weithmann.
Das Land argumentiert weiter mit Effekten durch die Umrüstung der Busflotte in Ravensburg auf schadstoffarme Motoren. Die Grünen dazu: „Die genannte Busflottenerneuerung findet erst in diesem Jahr statt, hat also folglich 2018 zu gar keiner Verbesserung führen können.“Und die 26 emissionsarmen Erdgasbusse des Regionalverkehrs, die in dem Brief genannt werden, seien schon seit 2010 im Einsatz, hätten sich also auch 2016 schon auswirken müssen. Der Ausbau des Radwegenetzes, der laut Ministerium ebenfalls den Verkehr in der Stadt entlastet habe, habe sich bislang „auf das Anbringen von Verkehrsschildern“beschränkt, so die Fraktionschefin. Auch eine angebliche „Verbesserung des Verkehrsflusses“mit weniger Staus und damit Abgasen im Zentrum könne kein Ravensburger bestätigen.
Die Grünen halten keine der aufgeführten Erklärungen für plausibel. Die Konsequenz der neuerlichen Messungen in Ravensburg aber ist klar: „Für die Erarbeitung eines Luftreinhalteplanes mit belastenden Maßnahmen fehlt die rechtliche Ermächtigungsgrundlage“, so das Verkehrsministerium.