Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Unsichere Zeit für Verkehrsgesellschaft
Weniger Fahrgäste wegen gesperrter Strecken – Existenz der Verkehrsgesellschaft steht auf dem Spiel
Zukunft der Geißbockbahn ist ungewiss. Sie könnte Konkurrenz bekommen.
RAVENSBURG - Die Bodensee-Oberschwaben-Bahn steht vor schwierigen Jahren. Während der Elektrifizierung der Strecke von Aulendorf bis zum Bodensee dürfen abschnittsweise in den Jahren 2020 und 2021 gar keine Züge fahren. Außerdem könnte die BOB langfristig von Konkurrenten auf ihrer Stammstrecke verdrängt werden.
BOB-Geschäftsführer Norbert Schültke hat den Jahresbericht 2017/ 2018 der Verkehrsgesellschaft am Mittwoch im Werksausschuss der Stadt Ravensburg vorgestellt. Die BOB ist eine GmbH, die den Städten Friedrichshafen (27,5 Prozent Anteil) und Ravensburg (25), der Gemeinde Meckenbeuren (10) sowie den Kreisen Bodensee (20) und Ravensburg (17,5) gehört.
Schlimmste Einschränkungen kommen erst noch
Die BOB hat ihr Geschäftsjahr zwar finanziell mit einem Plus abgeschlossen – aber die Fahrgastzahlen sind zurückgegangen – zum ersten Mal seit 2003. An einem Werktag fuhren durchschnittlich nur 4833 Passagiere mit, das waren gut 300 Personen oder rund sechs Prozent weniger als im Vorjahr. Eine Ursache dafür sei die Sperrung der Strecke zwischen Ulm und Laupheim-West gewesen, sagte Schültke. Pendler hätten dadurch von Friedrichshafen nach Ulm 45 Minuten länger gebraucht als üblich und seien deshalb zum Teil aufs Auto umgestiegen.
Die DB Netz, eine Tochter der Deutschen Bahn, elektrifiziert die Strecke zwischen Ulm und Bodensee seit 2018. Die Baustelle wandert von Norden nach Süden. Derzeit ist der Abschnitt zwischen Biberach und Aulendorf gesperrt – zunächst noch bis 15. Juli und dann noch einmal vom 4. November bis zum 14. Dezember.
Die schlimmsten Einschränkungen stehen der BOB aber erst noch bevor: In den Jahren 2020 und 2021 wird zunächst die Strecke zwischen Aulendorf und Ravensburg gesperrt, dann die von Ravensburg bis Friedrichshafen. Während dieser Zeiten müssen Pendler auf Busse umsteigen.
Land will optimalen Anbieter finden
Wenn die Strecke elektrifiziert ist, wäre es langfristig „Blödsinn“, so Schültke, mit Dieselfahrzeugen zu fahren. Er geht davon aus, dass die Flotte an Dieselfahrzeugen ungefähr bis 2023 ausgetauscht werden muss. Zu welchem Preis, das wisse man noch nicht. Es ist ohnehin nicht klar, wer in ferner Zukunft auf dem südlichsten Streckenabschnitt der Südbahn fährt. Das Land will den optimalen Anbieter für die Südbahn über eine Ausschreibung finden. In welchen Abschnitten die Strecke ausgeschrieben wird oder ob für den gesamten Regionalverkehr zwischen Lindau und Ulm ein Angebot abgegeben werden muss, sei noch völlig unklar. Die Ausschreibung müsse ein Jahr vorher angekündigt werden, auch das sei noch nicht erfolgt – und wann sie genau stattfindet deshalb unbekannt. Ausschreibungen dieser Art für Bahnstrecken gibt es nach Angaben der BOB erst seit fünf Jahren, man habe noch nie an einer teilnehmen müssen.
Die BOB habe die Absicht, mit einem Partner ein Angebot abzugeben. „Am Ende entscheidet nichts anderes als der Preis“, sagt Schültke. Ob die BOB zum Zug kommt, stehe keineswegs fest. Und er räumt ein, dass die Frage nach der weiteren Existenz der Verkehrsgesellschaft durchaus gestellt werden kann.
Die von der Bahn durch die Elektrifizierung und Stuttgart 21 versprochene Zeitersparnis auf dem Weg vom Bodensee in die Landeshauptstadt könne wohl erst eingelöst werden, wenn das Mega-Projekt fertig ist und es neue Fernverkehrsfahrpläne gibt. Schültke geht davon aus, dass dies nicht vor 2025 der Fall sein wird.