Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Galerie 21.06 zeigt neue Ausstellung
Drei Künstler präsentieren in Ravensburg Gemälde, Keramiken und Fotografien
RAVENSBURG - Gar nicht so leicht inhaltlich zusammenzubringen sind diesmal die ausgestellten Gemälde, Keramiken und Fotografien in der Galerie 21.06. Aber bei der Vernissage ergab sich durch eine Mischung aus Laudatio und Künstlergespräch eine sehr lebendige und informative Einführung in die künstlerische Vorstellungswelt von Julia Schmölzer, Masaki Hagino und Hans von Trotha. Am stärksten fallen die Gemälde des Japaners Hagino ins Auge, am längsten verweilt man vor den Keramikobjekten, und vor den Polaroids ergeht es einem wie bei einer Suchbild-Aufgabe. Alles sehenswert!
Zu Masaki Hagino hatte Heike Frommer, Leiterin der Galerie Bodenseekreis in Meersburg, etwas zu sagen; die Galerie vergibt jedes Jahr einen Förderpreis für junge gegenständliche Kunst, und Hagino war 2018 unter 30 BewerberInnen großer Favorit für den Publikumspreis gewesen. Der 1987 in Japan geborene und in Amsterdam lebende Künstler nennt seine Variationen einer Waldlandschaft, die, wie Frommer betonte, durchaus das Studium der japanischen Malerei erkennen lassen, aber einen „selbstbewussten Umgang“damit beweisen, „Der individuelle Wald in mir“. Es sind Malereien, in stark verdünnter Ölfarbe auf einer grundierten Holzplatte aufgebracht, mit Zwischenlagen aus ParaffinWachs. Dadurch entsteht eine matt glänzende Schichtung, transparent und opak, von außerordentlicher Taktilität und großer Tiefe, welche die Silhouetten von Bäumen und Zweigen wie ein magischer Nebel verhüllt. Man könnte bei den Farbflecken auch die Assoziation eingelegter Blüten in handgeschöpftem Büttenpapier haben. Jedenfalls halten diese Bilder durch ihre Haptik das Auge auf Distanz und lassen der Imagination trotz des konkreten Naturmotivs großen Raum. Der Wald als Mythos und Ort der persönlichen Empfindung – ein reizvoller poetischer Ansatz.
Ganz anders und doch ähnlich
Ganz anders und doch ähnlich poetisch wirken die Keramikobjekte und Installationen von Julia Schmölzer. 1987 in Wolfegg geboren, hat sie in Karlsruhe Kunst studiert und sich sehr bald der Keramik zugewandt, erzählte sie im Gespräch mit Andrea Dreher. Da sie sich zuerst oft mit einem Foto oder auch einem Gedicht der Idee für ein Objekt nähert, braucht sie eine Menge Zeit. Die Suche nach der passenden Glasur aus bis zu 20 verschiedenen Farben beschreibt sie als akribischen Vorgang. Als eine absolut kleinteilige Tüftelei muss man den Herstellungsprozess der Miniaturformen aus Porzellan, die sie zum Teil auf der Töpferscheibe dreht, wahrnehmen. Manche haben die Form von Pilzen, andere von winzigen Maden, von Moosstängeln oder Flechten, und sie wirken, als würden sie auf Riffs oder Holz sitzen. Mit der Installation im Wasser, auf das alle Viertelstunde ein Tropfen von oben fällt oder einen ruhigen Spiegel bildet, werden sie zu etwas Eigenem, zwischen Naturding und Lebewesen, Korallen ähnlich.
Den Literaturwissenschaftler, Autor und früheren Verleger Hans von Trotha kennt man aus dem Deutschlandfunk; zum ersten Mal zeigt er seine Polaroid-Fotos von 2007 außerhalb seines Wohnorts Berlin. Köstlich amüsant beschreibt er seine Obsession mit der SX 70-Kamera und dem Filmmaterial, das bald nachdem er fünf weitere Kameras gekauft hatte, nicht mehr hergestellt wurde. Also für 2000 Euro alle Filme aufgekauft plus einen Kühlschrank wegen des Verfallsdatums.
Drei Aufnahmen aus möglichst exakt gleicher Position direkt hintereinander: das heißt, Foto machen, das Rattern der Kamera abwarten, den Abzug zur Entwicklung unter die Jacke stecken, damit es ihm warm ist, das dauert mindestens eine Minute. Dennoch erwies sich die Kamera für ihn auf seinen Reisen in die Metropolen als die beste: Sie sei fähig, den poetischen Augenblick einzufangen. INTERVIEW