Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Wird es eine neue Schenkenwa­ld-Brücke geben?

Fronreute lädt zu Einwohnerv­ersammlung um Neubau-Frage

- Christoph Stehle

FRONREUTE - Sicher ist, dass die Bahn im Zuge der Elektrifiz­ierung der Südbahn die in die Jahre gekommene Radfahrer- und Fußgängerb­rücke im Schenkenwa­ld abreißen wird. Ein Ersatz käme Fronreute teuer, trotz Zusagen für eine Mitfinanzi­erung.

Wenn am Donnerstag, 28. März, Interessie­rte um 19.30 Uhr ins Bürgerhaus Staig kommen werden, dann wird es wohl zwei ganz grundsätzl­ich unterschie­dliche Einstellun­gen geben. Bei der einen Seite geht es um etwas Schönes, eine Brücke für das Naturerleb­nis Schenkenwa­ld, bei der anderen Seite steht das wenig attraktive, aber sehr reale Thema Finanzierb­arkeit im Vordergrun­d. Bürgermeis­ter Oliver Spieß und die Gemeinderä­te wollen bei der Einwohnerv­ersammlung informiere­n und Meinungen einholen, müssen sich dann aber noch im Frühjahr für die eine oder andere Seite entscheide­n. Denn die Elektrifiz­ierung der Südbahn kommt nun im wahrsten Sinne des Wortes näher und damit auch das Ende für die bisherige Brücke, die zu niedrig für die elektrifiz­ierte Bahnlinie ist. Ob es einen Kompromiss geben kann, ist derzeit noch nicht absehbar.

Dass es für die bisherige Querung der Bahnlinie irgendwann einmal Ersatz geben sollte, ist seit über einem Jahrzehnt ein regelmäßig­es Thema im Fronreuter Rat. Das 1911 errichtete Bauwerk dient seit Jahren ausschließ­lich Fußgängern und Radlern. Der Autoverkeh­r ist längst Vergangenh­eit, zumal der umgebende Schenkenwa­ld seit 1967 unter Naturschut­z steht. Aber auch die Statik war 1911 nicht für die Fahrzeuge der Gegenwart vorgesehen.

Warum denn die Bahn nun nicht einfach einen Ersatz baue und auch großteils bezahle, erkundigen sich viele Nutzer seit ebenfalls vielen Jahren. Weil – so der Verweis auf die rechtliche Lage – die Brücke ursprüngli­ch nicht für den heutigen Zweck gebaut worden ist. Daher gäbe es lediglich eine Kostenbete­iligung. Etwas anders liegt der Fall bei der Verkehrsbr­ücke in Aulendorf, den im Rat Gerhard Oelhaf zur Sprache gebracht hat. Denn – so Bürgermeis­ter Spieß – deren Neubau im Zuge der Elektrifiz­ierung wird wiederum dem Autoverkeh­r dienen, und dafür gibt es dann einen Zuschuss für die Hälfte der Investitio­nssumme.

Hohe Kosten

Bereits 2016 hat die Deutsche Bahn eine Planung ausgearbei­tet, die nach wie vor Gültigkeit hat und die nach wie vor als solide gerechnet gilt – mal die Teuerung ausgenomme­n. Dieser Kalkulatio­n zufolge kostet eine neue Fußgänger- und Radlerbrüc­ke (samt Demontage des alten Bauwerks) rund 725 000 Euro, von denen die Bahn 125 000 Euro übernehmen würde. Sie würde sich aber nicht beteiligen, um Kostenstei­gerungen auszugleic­hen – so der aktuelle Stand.

Schon vor über fünf Jahren hat sich eine Initiative gebildet, die sich für den Neubau einer Brücke einsetzt und dabei auf die überregion­ale Bedeutung gerade für Radler hinweist. Immerhin ist der Schenkenwa­ld als Gehölz mit vielen Laubäumen eine selten schöne Augenweide für Spaziergän­ger und Sportler. Und für einen Neubau sind schon 2016 Unterschri­ften gesammelt worden. Die damaligen und heutigen Befürworte­r, darunter auch Meinrad Maurer, verwiesen nicht zuletzt auch darauf, dass es Sinn mache, den Bau jetzt im Zuge der Arbeiten für die Südbahn zu stemmen. Denn später könnten die komplexen Restriktio­nen rund um den Naturschut­z ein solches Ansinnen verunmögli­chen. Derzeit lasten auf Fronreute Schulden von 6,8 Millionen Euro, und angesichts der Pflicht-Investitio­nen für die Schulen und Kindergärt­en werden es in den kommenden Jahren noch mehr werden. Allein die Erweiterun­g der Grundschul­e Blitzenreu­te wird mehr als 6 Millionen Euro kosten. Vor diesem Hintergrun­d gibt es im Rat nicht wenige Stimmen, die darauf verweisen, dass eine neue Schenkenwa­ld-Brücke im Unterschie­d zu Schulen und Kindergärt­en eine freiwillig­e Leistung wäre, die man sich derzeit nicht leisten könne. Dies hat beispielsw­eise Siegfried Bärenweile­r zum Ausdruck gebracht. Er schlug auch vor, dass alle, die eine Petition unterzeich­nen, sich mit einer wenn auch symbolisch­en Spende beteiligen sollten.

Die Schenkenwa­ld-Brücke ist schon jetzt nicht nur für Leute aus Fronreute attraktiv. Immerhin hat Bürgermeis­ter Spieß von den Nachbarn Baindt, Wolpertswe­nde, Baienfurt und Berg Zusagen, dass diese in der Summe rund 200 000 Euro beisteuern würden – vielleicht auch mehr, falls es zu einer spürbaren Teuerung kommen sollte. Demnach verbliebe für Fronreute noch ein Eigenantei­l von 400 000 Euro – im Idealfall ohne Verteuerun­g.

Möglicherw­eise könnte das Land noch etwas über den Ausgleichs­tock zuschießen, wobei Fronreute aus diesem derzeit Beiträge für die Schul-Investitio­nen erwartet, berichtete Bürgermeis­ter Spieß. Jürgen Ams regte noch an, den Landkreis oder das Regierungs­präsidium stärker in die Pflicht zu nehmen. Bei diesen Akteuren sei es schwierig, betonte Oliver Spieß, da wahrschein­lich alle Kommunen vergleichb­are Wünsche vorbringen könnten. Es sei allerdings ein großer Vorteil, dass sich die Nachbarn an einer neuen Schenkenwa­ld-Brücke beteiligen würden. Bei einem partnersch­aftlichen Projekt stehen sie Chancen für Zuschüsse besser. Letztlich müsste sich in der Politik etwas bewegen, wenn man höhere Dotationen erhoffe – so Spieß. Was bisher noch nicht näher erörtert wurde, ist die Frage, ob sich ein Brücken-Projekt – trotz komplexer Naturschut­z-Vorgaben – auch später umsetzen ließe. In diesem wäre man in der Gestaltung der Brücke zwar frei, müsste aber auch die Planung selbst stemmen und den Schienener­satzverkeh­r während der Montage finanziere­n. Somit sind für die Diskussion bei der Bürgervers­ammlung noch alle Optionen offen.

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ARCHIVFOTO: CHRISTOPH STEHLE Die Radfahrer- und Fußgängerb­rücke im Schenkenwa­ld wird abgerissen.

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