Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Wird es eine neue Schenkenwald-Brücke geben?
Fronreute lädt zu Einwohnerversammlung um Neubau-Frage
FRONREUTE - Sicher ist, dass die Bahn im Zuge der Elektrifizierung der Südbahn die in die Jahre gekommene Radfahrer- und Fußgängerbrücke im Schenkenwald abreißen wird. Ein Ersatz käme Fronreute teuer, trotz Zusagen für eine Mitfinanzierung.
Wenn am Donnerstag, 28. März, Interessierte um 19.30 Uhr ins Bürgerhaus Staig kommen werden, dann wird es wohl zwei ganz grundsätzlich unterschiedliche Einstellungen geben. Bei der einen Seite geht es um etwas Schönes, eine Brücke für das Naturerlebnis Schenkenwald, bei der anderen Seite steht das wenig attraktive, aber sehr reale Thema Finanzierbarkeit im Vordergrund. Bürgermeister Oliver Spieß und die Gemeinderäte wollen bei der Einwohnerversammlung informieren und Meinungen einholen, müssen sich dann aber noch im Frühjahr für die eine oder andere Seite entscheiden. Denn die Elektrifizierung der Südbahn kommt nun im wahrsten Sinne des Wortes näher und damit auch das Ende für die bisherige Brücke, die zu niedrig für die elektrifizierte Bahnlinie ist. Ob es einen Kompromiss geben kann, ist derzeit noch nicht absehbar.
Dass es für die bisherige Querung der Bahnlinie irgendwann einmal Ersatz geben sollte, ist seit über einem Jahrzehnt ein regelmäßiges Thema im Fronreuter Rat. Das 1911 errichtete Bauwerk dient seit Jahren ausschließlich Fußgängern und Radlern. Der Autoverkehr ist längst Vergangenheit, zumal der umgebende Schenkenwald seit 1967 unter Naturschutz steht. Aber auch die Statik war 1911 nicht für die Fahrzeuge der Gegenwart vorgesehen.
Warum denn die Bahn nun nicht einfach einen Ersatz baue und auch großteils bezahle, erkundigen sich viele Nutzer seit ebenfalls vielen Jahren. Weil – so der Verweis auf die rechtliche Lage – die Brücke ursprünglich nicht für den heutigen Zweck gebaut worden ist. Daher gäbe es lediglich eine Kostenbeteiligung. Etwas anders liegt der Fall bei der Verkehrsbrücke in Aulendorf, den im Rat Gerhard Oelhaf zur Sprache gebracht hat. Denn – so Bürgermeister Spieß – deren Neubau im Zuge der Elektrifizierung wird wiederum dem Autoverkehr dienen, und dafür gibt es dann einen Zuschuss für die Hälfte der Investitionssumme.
Hohe Kosten
Bereits 2016 hat die Deutsche Bahn eine Planung ausgearbeitet, die nach wie vor Gültigkeit hat und die nach wie vor als solide gerechnet gilt – mal die Teuerung ausgenommen. Dieser Kalkulation zufolge kostet eine neue Fußgänger- und Radlerbrücke (samt Demontage des alten Bauwerks) rund 725 000 Euro, von denen die Bahn 125 000 Euro übernehmen würde. Sie würde sich aber nicht beteiligen, um Kostensteigerungen auszugleichen – so der aktuelle Stand.
Schon vor über fünf Jahren hat sich eine Initiative gebildet, die sich für den Neubau einer Brücke einsetzt und dabei auf die überregionale Bedeutung gerade für Radler hinweist. Immerhin ist der Schenkenwald als Gehölz mit vielen Laubäumen eine selten schöne Augenweide für Spaziergänger und Sportler. Und für einen Neubau sind schon 2016 Unterschriften gesammelt worden. Die damaligen und heutigen Befürworter, darunter auch Meinrad Maurer, verwiesen nicht zuletzt auch darauf, dass es Sinn mache, den Bau jetzt im Zuge der Arbeiten für die Südbahn zu stemmen. Denn später könnten die komplexen Restriktionen rund um den Naturschutz ein solches Ansinnen verunmöglichen. Derzeit lasten auf Fronreute Schulden von 6,8 Millionen Euro, und angesichts der Pflicht-Investitionen für die Schulen und Kindergärten werden es in den kommenden Jahren noch mehr werden. Allein die Erweiterung der Grundschule Blitzenreute wird mehr als 6 Millionen Euro kosten. Vor diesem Hintergrund gibt es im Rat nicht wenige Stimmen, die darauf verweisen, dass eine neue Schenkenwald-Brücke im Unterschied zu Schulen und Kindergärten eine freiwillige Leistung wäre, die man sich derzeit nicht leisten könne. Dies hat beispielsweise Siegfried Bärenweiler zum Ausdruck gebracht. Er schlug auch vor, dass alle, die eine Petition unterzeichnen, sich mit einer wenn auch symbolischen Spende beteiligen sollten.
Die Schenkenwald-Brücke ist schon jetzt nicht nur für Leute aus Fronreute attraktiv. Immerhin hat Bürgermeister Spieß von den Nachbarn Baindt, Wolpertswende, Baienfurt und Berg Zusagen, dass diese in der Summe rund 200 000 Euro beisteuern würden – vielleicht auch mehr, falls es zu einer spürbaren Teuerung kommen sollte. Demnach verbliebe für Fronreute noch ein Eigenanteil von 400 000 Euro – im Idealfall ohne Verteuerung.
Möglicherweise könnte das Land noch etwas über den Ausgleichstock zuschießen, wobei Fronreute aus diesem derzeit Beiträge für die Schul-Investitionen erwartet, berichtete Bürgermeister Spieß. Jürgen Ams regte noch an, den Landkreis oder das Regierungspräsidium stärker in die Pflicht zu nehmen. Bei diesen Akteuren sei es schwierig, betonte Oliver Spieß, da wahrscheinlich alle Kommunen vergleichbare Wünsche vorbringen könnten. Es sei allerdings ein großer Vorteil, dass sich die Nachbarn an einer neuen Schenkenwald-Brücke beteiligen würden. Bei einem partnerschaftlichen Projekt stehen sie Chancen für Zuschüsse besser. Letztlich müsste sich in der Politik etwas bewegen, wenn man höhere Dotationen erhoffe – so Spieß. Was bisher noch nicht näher erörtert wurde, ist die Frage, ob sich ein Brücken-Projekt – trotz komplexer Naturschutz-Vorgaben – auch später umsetzen ließe. In diesem wäre man in der Gestaltung der Brücke zwar frei, müsste aber auch die Planung selbst stemmen und den Schienenersatzverkehr während der Montage finanzieren. Somit sind für die Diskussion bei der Bürgerversammlung noch alle Optionen offen.