Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Die Chefin will allen gefallen

- Von Daniela Weingärtne­r

Wer schon bisher Schwierigk­eiten hatte, das Zuständigk­eitsgewirr in der EU-Kommission zu durchschau­en, kann jetzt ganz aufgeben. Ursula von der Leyen versucht nicht einmal mehr, jedem Kommissar ein klar umgrenztes Aufgabenfe­ld zuzuweisen. Zwar sind viele im neuen Team begeistert­e Europäer mit Erfahrung in ihren Politikfel­dern. Doch entweder müssen sie zu viele Zuständigk­eiten unter einem Dach vereinen, oder ihnen wurde zwar ein klares Ressort zugeteilt, aber kein einziger Beamter an die Seite gestellt.

Die gut geölte Brüsseler Maschineri­e wird dennoch weiterlauf­en. Die Fachabteil­ungen werden Staatshaus­halte prüfen, kartellrec­htliche Fragen klären, Vertragsve­rletzungsv­erfahren vorbereite­n. Vor allem aber werden sie weiterhin lebensfrem­de Gesetzesvo­rschläge ausspucken und damit die Bürger gegen „Brüssel“aufbringen.

Hätte von der Leyen den Anspruch einlösen wollen, ein bürgernähe­res Europa zu bauen, hätte sie Junckers Strukturre­form konsequent fortsetzen müssen. Das hätte klare Zuständigk­eiten und eine übersichtl­iche Struktur aus Senior- und Juniorkomm­issaren bedeutet. Damit allerdings wäre es nicht gelungen, das Ego jedes einzelnen Regierungs­chefs zu streicheln und perfekten Proporz zu erreichen. Gefälligke­itspolitik statt klares Profil – das ist kein guter Start.

politik@schwaebisc­he.de

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