Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Der Falke vom Dienst muss das Weiße Haus verlassen
US-Präsident Donald Trump setzt seinen Sicherheitsberater John Bolton vor die Tür
WASHINGTON - US-Präsident Donald Trump hat seinen Sicherheitsberater John Bolton gefeuert, einen Hardliner, der bewaffnetes Eingreifen oft für das probateste Mittel zur Lösung internationaler Konflikte hält. Überraschend kam die Entlassung nicht, zu deutlich waren die inhaltlichen Differenzen zwischen beiden in den vergangenen Wochen zutage getreten. Und als Trump die Entscheidung verkündete, gab er sich, im Kontrast zu manch anderem Fall, nicht die geringste Mühe, den Abschied zu einer Art Trennung im gegenseitigen Einvernehmen zu verklären.
„Ich habe John Bolton gestern Abend informiert, dass seine Dienste im Weißen Haus nicht länger benötigt werden“, schrieb er am Dienstag in einem Tweet. Er sei, wie auch andere in der Regierung, häufig entschieden anderer Meinung als sein Sicherheitsberater gewesen. „Daher habe ich John um seinen Rücktritt gebeten, und der wurde mir heute früh angeboten.“
Als der Mann mit dem markanten Walross-Schnauzer im April vorigen Jahres zum Nationalen Sicherheitsberater ernannt wurde, war er der scheinbar Vergessene, der aus der Versenkung auftauchte. Er kenne keinen Konflikt, der sich mit militärischen Mitteln nicht regeln ließe, sagte man in Washington über den Falken, der zu den unbeirrtesten Fürsprechern des Einmarschs im Irak gehört hatte. Noch immer redete Bolton jenen Interventionen das Wort, auf die den meisten US-Politikern, gleich welcher Partei, nach dem Fiasko im Zweistromland der Appetit vergangen war.
Trump ließ ihn zunächst gewähren, offenbar, weil er einem Falken wie ihm zutraute, glaubwürdig jene Drohkulisse aufzubauen, derer er sich bedienen wollte, um Widersacher zu Zugeständnissen zu zwingen. Es war denn auch Bolton, der maßgeblich die Strategie „maximalen Drucks“gegen Iran konzipierte, mit dem unausgesprochenen Ziel, durch härteste Sanktionen einen Regimewechsel in Teheran zu erreichen. Einen Regimewechsel, den er zuvor, etwa als Kommentator des konservativen Fernsehsenders Fox News, unterstützt hatte, ohne ein Blatt vor den Mund zu nehmen.
Fox-Moderator überzeugte Trump
Folgt man amerikanischen Medienberichten, dann war es vor allem Bolton, der im Juni eine bewaffnete Antwort auf den Abschuss einer USDrohne durch eine iranische Rakete verlangte. Trump blies den Militärschlag in letzter Minute ab, wohl auch beeinflusst von Tucker Carlson, einem Starmoderator von Fox News, der ihn warnte, wenn er sich jetzt in ein Iran-Abenteuer hineinziehen lasse, könne er 2020 die Wiederwahl vergessen. „Ginge es nach John, würden wir jetzt schon vier Kriege gleichzeitig führen“, soll der Präsident über seinen Berater gespöttelt haben.
Die Causa Iran, glauben Beobachter in Washington, dürfte letztlich den Ausschlag für die Trennung gegeben haben. Trump spielt mit dem Gedanken, sich mit dem iranischen Präsidenten Hassan Ruhani zu treffen. Auch wenn momentan offen ist, ob der vagen Absicht Taten folgen, so scheint er doch allmählich zu der Erkenntnis zu gelangen, dass ein Regimewechsel in der Islamischen Republik nicht ansteht, mochte Bolton auch das Gegenteil behaupten.
Auch Trump scheint zu begreifen, dass es eines geduldigen Dialogs bedarf, um das von ihm gekündigte Nuklearabkommen durch ein umfassenderes zu ersetzen, durch einen Deal, der sowohl die Gültigkeitsdauer der ursprünglichen Absprachen verlängert als auch iranische Raketenprogramme begrenzt. Eines Dialogs, dessen Erfolgschancen Bolton ausgesprochen skeptisch beurteilte.
Doch es lag wohl auch an anderen Konflikten, dass der Einpeitscher im Weißen Haus seinen Hut nehmen musste. Da wäre Trumps Versuch, über gute persönliche Drähte zum Diktator Kim Jong-un Kompromisse mit Nordkorea anzupeilen, die nukleare Abrüstung des abgeschotteten Landes zumindest auf längere Sicht eingeschlossen. Bolton, übrigens im Einklang mit weniger bellizistischen Kritikern, die Trumps Charmeoffensive für das naive Unterfangen eines Politamateurs halten, hat auch da aus seiner Skepsis kein Hehl gemacht.
Schließlich das letzte Kapitel, der – vorläufig abgebrochene – Dialog mit den Taliban. Als Trump sie, wie auch den afghanischen Staatspräsidenten, auf seinen Landsitz Camp David einlud, gehörte Bolton einmal mehr zu denen, die Einspruch erhoben.
Der heute Siebzigjährige war innerhalb von nur 32 Monaten bereits der dritte Sicherheitsberater Trumps. Der erste, der Ex-General Michael Flynn, war über Gespräche mit dem russischen Botschafter in Washington gestolpert, über deren Inhalt er gelogen hatte. Der zweite, Herbert Raymond McMaster, ebenfalls ein General, ist nach Schilderungen von Insidern nie warm geworden mit dem ehemaligen Immobilienmogul, der sich oft von ihm belehrt fühlte. Wer den Posten als Vierter übernimmt, will der Präsident nach eigenen Worten nächste Woche bekanntgeben.