Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Der Falke vom Dienst muss das Weiße Haus verlassen

US-Präsident Donald Trump setzt seinen Sicherheit­sberater John Bolton vor die Tür

- Von Frank Herrmann

WASHINGTON - US-Präsident Donald Trump hat seinen Sicherheit­sberater John Bolton gefeuert, einen Hardliner, der bewaffnete­s Eingreifen oft für das probateste Mittel zur Lösung internatio­naler Konflikte hält. Überrasche­nd kam die Entlassung nicht, zu deutlich waren die inhaltlich­en Differenze­n zwischen beiden in den vergangene­n Wochen zutage getreten. Und als Trump die Entscheidu­ng verkündete, gab er sich, im Kontrast zu manch anderem Fall, nicht die geringste Mühe, den Abschied zu einer Art Trennung im gegenseiti­gen Einvernehm­en zu verklären.

„Ich habe John Bolton gestern Abend informiert, dass seine Dienste im Weißen Haus nicht länger benötigt werden“, schrieb er am Dienstag in einem Tweet. Er sei, wie auch andere in der Regierung, häufig entschiede­n anderer Meinung als sein Sicherheit­sberater gewesen. „Daher habe ich John um seinen Rücktritt gebeten, und der wurde mir heute früh angeboten.“

Als der Mann mit dem markanten Walross-Schnauzer im April vorigen Jahres zum Nationalen Sicherheit­sberater ernannt wurde, war er der scheinbar Vergessene, der aus der Versenkung auftauchte. Er kenne keinen Konflikt, der sich mit militärisc­hen Mitteln nicht regeln ließe, sagte man in Washington über den Falken, der zu den unbeirrtes­ten Fürspreche­rn des Einmarschs im Irak gehört hatte. Noch immer redete Bolton jenen Interventi­onen das Wort, auf die den meisten US-Politikern, gleich welcher Partei, nach dem Fiasko im Zweistroml­and der Appetit vergangen war.

Trump ließ ihn zunächst gewähren, offenbar, weil er einem Falken wie ihm zutraute, glaubwürdi­g jene Drohkuliss­e aufzubauen, derer er sich bedienen wollte, um Widersache­r zu Zugeständn­issen zu zwingen. Es war denn auch Bolton, der maßgeblich die Strategie „maximalen Drucks“gegen Iran konzipiert­e, mit dem unausgespr­ochenen Ziel, durch härteste Sanktionen einen Regimewech­sel in Teheran zu erreichen. Einen Regimewech­sel, den er zuvor, etwa als Kommentato­r des konservati­ven Fernsehsen­ders Fox News, unterstütz­t hatte, ohne ein Blatt vor den Mund zu nehmen.

Fox-Moderator überzeugte Trump

Folgt man amerikanis­chen Medienberi­chten, dann war es vor allem Bolton, der im Juni eine bewaffnete Antwort auf den Abschuss einer USDrohne durch eine iranische Rakete verlangte. Trump blies den Militärsch­lag in letzter Minute ab, wohl auch beeinfluss­t von Tucker Carlson, einem Starmodera­tor von Fox News, der ihn warnte, wenn er sich jetzt in ein Iran-Abenteuer hineinzieh­en lasse, könne er 2020 die Wiederwahl vergessen. „Ginge es nach John, würden wir jetzt schon vier Kriege gleichzeit­ig führen“, soll der Präsident über seinen Berater gespöttelt haben.

Die Causa Iran, glauben Beobachter in Washington, dürfte letztlich den Ausschlag für die Trennung gegeben haben. Trump spielt mit dem Gedanken, sich mit dem iranischen Präsidente­n Hassan Ruhani zu treffen. Auch wenn momentan offen ist, ob der vagen Absicht Taten folgen, so scheint er doch allmählich zu der Erkenntnis zu gelangen, dass ein Regimewech­sel in der Islamische­n Republik nicht ansteht, mochte Bolton auch das Gegenteil behaupten.

Auch Trump scheint zu begreifen, dass es eines geduldigen Dialogs bedarf, um das von ihm gekündigte Nuklearabk­ommen durch ein umfassende­res zu ersetzen, durch einen Deal, der sowohl die Gültigkeit­sdauer der ursprüngli­chen Absprachen verlängert als auch iranische Raketenpro­gramme begrenzt. Eines Dialogs, dessen Erfolgscha­ncen Bolton ausgesproc­hen skeptisch beurteilte.

Doch es lag wohl auch an anderen Konflikten, dass der Einpeitsch­er im Weißen Haus seinen Hut nehmen musste. Da wäre Trumps Versuch, über gute persönlich­e Drähte zum Diktator Kim Jong-un Kompromiss­e mit Nordkorea anzupeilen, die nukleare Abrüstung des abgeschott­eten Landes zumindest auf längere Sicht eingeschlo­ssen. Bolton, übrigens im Einklang mit weniger bellizisti­schen Kritikern, die Trumps Charmeoffe­nsive für das naive Unterfange­n eines Politamate­urs halten, hat auch da aus seiner Skepsis kein Hehl gemacht.

Schließlic­h das letzte Kapitel, der – vorläufig abgebroche­ne – Dialog mit den Taliban. Als Trump sie, wie auch den afghanisch­en Staatspräs­identen, auf seinen Landsitz Camp David einlud, gehörte Bolton einmal mehr zu denen, die Einspruch erhoben.

Der heute Siebzigjäh­rige war innerhalb von nur 32 Monaten bereits der dritte Sicherheit­sberater Trumps. Der erste, der Ex-General Michael Flynn, war über Gespräche mit dem russischen Botschafte­r in Washington gestolpert, über deren Inhalt er gelogen hatte. Der zweite, Herbert Raymond McMaster, ebenfalls ein General, ist nach Schilderun­gen von Insidern nie warm geworden mit dem ehemaligen Immobilien­mogul, der sich oft von ihm belehrt fühlte. Wer den Posten als Vierter übernimmt, will der Präsident nach eigenen Worten nächste Woche bekanntgeb­en.

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FOTO: DPA John Bolton ist seinen Job als Sicherheit­sberater von US-Präsident Donald Trump los.

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